Aus einem ehemaligen Gastronomie-Betrieb macht ein privater Investor eine künftige Senioren-WG. Die Bewohner sollen hier absolut selbstbestimmt leben können.
Einst waren hier ein Tanzsaal, eine Metzgerei und eine Gaststätte untergebracht. Danach hat das Gebäude in der Coburger Straße 25 einige Jahre leergestanden, bevor es ein privater Investor erworben hat. Er lässt es von Grund auf sanieren.
Im Sommer oder Herbst dieses Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein und das Haus mit neuem Leben erfüllt werden. Geplant sind unter anderem ambulante, betreute Wohngemeinschaften für Senioren, Mietwohnungen und ein Nahversorger. Die erste Senioren-WG ist im Landkreis im vergangenen Jahr in Rödental in der "Villa Goebel" eröffnet worden. Das Rossacher Konzept stellte der Projektmanager Martin Klement den Mitgliedern des Seniorenbeirats des Landkreises am Mittwoch vor.
Mit Gastronomie und Dorfladen Die Gastronomie im Erdgeschoss soll wiederbelebt werden.
Ferner ist eine Nahversorgung geplant, eventuell könnte dies ein Dorfladen ähnlich wie in Heilgersdorf, also mit Bürgerbeteiligung, sein. Mit den Rossachern soll diesbezüglich demnächst ein Workshop stattfinden, kündigte Klement an.
Zusätzlich denkt das Planungsbüro an die Ansiedlung einer Postagentur. Im Mehrzweckraum könnte laut Klement eventuell auch eine Tagespflege integriert werden. Die Senioren-Wohngemeinschaften sind im Obergeschoss des Gebäudes vorgesehen.
Der Heimcharakter entfällt Neun Mieter der Pflegestufe null bis drei sollen dort - ähnlich wie in einer Großfamilie - eigenbestimmt leben. Wichtig ist dabei, dass der Heimcharakter entfällt. Jeder Bewohner erhält ein Zimmer von 25 Quadratmetern Größe und teilt sich mit den Mitbewohnern die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Esszimmer oder Küche.
Das Gemeinschafts-Gremium bilden hier die Mieter, in Seßlach beziehungsweise in Rödental besteht das Gremium aus Angehörigen.
Das Ziel ist es, den Senioren ein selbstbestimmtes und individuelles Wohnen bis ins hohe Alter zu ermöglichen. Im Dachgeschoss entstehen Mietwohnungen in verschiedenen Größen von 25 bis 77 Quadratmetern.
Hierfür, so Klement, werden im Moment Mieter gesucht, allerdings nicht nur Senioren, denn das Haus soll mit verschiedenen Generationen belebt werden. "Wir können uns auch vorstellen, dass junge Familien hier einziehen", sagte Klement bei der Präsentation.
Der Standort sei ideal, man lebe auf dem Land, sei mit dem Pkw in wenigen Minuten in der Stadt, auch in Bamberg. Außerdem sei die Anbindung an die Autobahn in unmittelbarer Nähe.
Bald zieht das Leben ein Außen soll ein typischer fränkischer Bauerngarten angelegt werden, den die WG-Bewohner bewirtschaften können. "Wenn alles klappt, wird bald wieder Leben in das Haus einziehen", sagte Klement.
Begeistert von dem Konzept ist der Vorsitzende des Seniorenbeirates, Wolfgang Hasselkus: "Wenn man bedenkt, im Jahre 2012 gab es noch keine ambulant betreute WG im Landkreis, und jetzt sind es bald drei."
Für längst nicht alle pflegebedürftigen, älteren Menschen stellt die Unterbringung in einem Pflegeheim die Ideallösung dar. Eine gute Alternative sind ambulant betreute Wohngemeinschaften (WGs). Diese sollen ein selbstbestimmtes Leben trotz Pflegebedarf oder Demenz ermöglichen.
In Oberfranken gibt es vier solcher Einrichtungen, im Landkreis Coburg ist im Jahr 2013 die erste ambulante WG in der "Villa Goebel" - initiiert über einen Pflegedienst - eröffnet worden. Weitere Einrichtungen sind nun am Standort Rossach und in Seßlach geplant.
In der "Villa Goebel" in Rödental leben momentan zehn Personen mit und ohne Demenz in einer Art Großfamilie zusammen; sie sind zwischen 73 und 90 Jahre alt. Das Besondere des Konzeptes erklärte Mareen Papiernik vom Landratsamt den Mitgliedern des Seniorenbeirates des Landkreises. Demnach übernimmt der Betreuer nur eine Gastfunktion. Das heißt: "Die Menschen leben eigenbestimmt, der Pfleger hat ein Gastrecht." Anders als bei der Unterbringung in einem Seniorenheim bestimmt der Bewohner also beispielsweise selbst, wie lange er am Morgen schlafen möchte oder um welche Uhrzeit er zu Bett geht.
Im Gegensatz zur "Villa Goebel" sollen am Standort Seßlach
ausschließlich an Demenz erkrankte Menschen einziehen.
Hier sind die konzeptionellen Vorarbeiten abgeschlossen, ein Gebäude ist verfügbar. Wie Pflegedienstleitung Silvia Schinkel von der Diakoniestation Weitramsdorf-Seßlach erklärte, werde die WG in ländlicher Umgebung in einem Bauernhof einziehen. "Für Menschen, die ihr Leben lang auf dem Land gelebt haben, ist dies eine gute Möglichkeit, den Lebensabend im gewohnten Lebensumfeld zu verbringen", sagte Schinkel. Geplant sind zehn Zimmer und ein kleines Wohnhaus, in dem ein Ehepaar wohnen könnte. Außerdem wird ein schöner Außenbereich mit Streuobstwiese angelegt.
Ganz wichtig, so Schinkel, sei der Kontakt zu den Angehörigen. Diese sollen sich in regelmäßigen Abständen, etwa alle vier bis sechs Wochen, treffen.
"Deshalb ist bei der Aufnahme von Patienten entscheidend, ob die Angehörigen Zeit investieren können."
Die pflegerischen Leistungen werden über das Pflegegeld der Pflegeversicherung abgedeckt. Außerdem erhält jeder Pflegebedürftige einen monatlichen Pauschalbetrag in Höhe von 200 Euro, sofern er in einer WG mit drei Pflegebedürftigen lebt. Die Kosten für die Unterbringung der Pflegedürftigen bewegen sich so um die 1400 Euro (Villa Goebel).
Geräte passen auf Die älter werdende Bevölkerung ist auch mehr Risiken ausgesetzt, dazu zählen Stürze und mangelnde Flüssigkeitszufuhr. Bei der Sitzung des Seniorenbeirates wurden verschiedene Assistenzsysteme vorgestellt. Recht bekannt ist bereits der Hausnotruf, mit dem der Patient an verschiedene Rettungssysteme weitergeleitet wird.
Daneben gibt es die sensorische Raumüberwachung oder sogenannte intelligente Fußböden, die Stürze erkennen und Hilfe alarmieren. Ein schwieriges Thema ist laut Papierik die Flüssigkeitszufuhr bei älteren Menschen. "Das Durstgefühl nimmt ab, sie vergessen zu trinken." Hier gibt es Programme für das Tablet, Telefon oder Mobiltelefon, die an das Trinken erinnern.