Die Laienspielgruppe des SV Meilschnitz steht seit 30 Jahren auf der Bühne. Das Coburger Tageblatt schaute hinter die Kulissen des aktuellen Dreiakters "Gemüsehändler Rettich" aus der Feder von Herbert Nußbaumer.
In der Maske war Diana Schramm bereits, die karierte Kittelschürze hat sie umgebunden, nun blättert sie im Manuskript, liest noch einmal ihren Text, bevor sich der Vorhang öffnet. Klar sei sie nervös, sagt die Laienschauspielerin.
Ganz souverän und ruhig wirkt hingegen Dieter Knauer, der Leiter der Laienschauspielgruppe des SV Meilschnitz. Doch der Eindruck trügt: "Das ist alles nur äußerlich", sagt er und lacht. Denn freilich sei auch er aufgeregt, und zwar immer wieder aufs Neue. Dabei gibt es die Gruppe seit nunmehr 30 Jahren. Die Darsteller sorgen Jahr für Jahr nicht nur für ein volles Haus, sondern vor allem hinterlassen sie ein begeistertes Publikum. Aktuell führen sie "Gemüsehändler Rettich" im Saal des Gasthauses Gunsenheimer auf.
"Nach unserem Empfinden ist die Premiere gestern Abend super gelaufen", sagt Dieter Knauer am Samstagabend. Aber genau dieser Erfolg baue Druck und eine Erwartung auf. Während sich die Stühle im Saal mit Besuchern füllen, verwandeln sich hinter der Bühne die sieben Akteure in einen Gemüsehändler, dessen Schwester, eine Metzgerei-Besitzerin, einen Erfinder, eine Managerin, einen Offizier und einen Zauberer.
Apropos: Den Zauberer Marvelli spielt in dem Stück der Chef der Theatergruppe, Dieter Knauer. Seit dem Jahr 1987 ist er dabei, zwei Jahre zuvor gründete sich die Laienschauspielgruppe, die in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag feiert. Seine Rollen kann Knauer gar nicht alle aufzählen - er war Polizist, Bäcker, feuriger Italiener oder Dorftrottel. Letztere Rolle spielt er nach eigenem Bekunden am liebsten.
Von der ersten Stunde an dabei sind die Brüder Rudolf und Edwin Langbein. Diese Beiden und Hannchen Schlimm führten im Jahr 1985 ein kleines Theaterstück mit dem Titel "Beim Kinokarl" auf, das vielen Neustadtern bestens in Erinnerung ist. Das Stück kam beim Publikum so gut an, dass sich die Meilschnitzer Laienschauspielgruppe gründete.
"Für uns alle ist das zur Sucht geworden", sagt Knauer, und die Akteure nicken zustimmend. Aufgeführt werden stets lustige Stücke, heitere Schwänke und Bauern-Komödien. "Das Publikum soll raus aus dem Alltagstrott und sich zwei Stunden amüsieren", sagt Knauer, beruflich Betriebsrat bei einem Neustadter Unternehmen.
Doch auch wenn das Spiel locker und fröhlich bei den Besuchern ankommt - es ist mit viel Arbeit verbunden. Seit September treffen sich die Laienschauspieler zweimal wöchentlich. Sie üben ihre Texte, feilen an den Stücken und Pointen, gestalten das Bühnenbild, die Maske und so weiter. "Das fordert unsere volle Konzentration", sagt Knauer. Er wählt die Stücke aus und vergibt die Rollen. Grundsätzlich, sagt er, könne aber jeder in jede Figur schlüpfen.
Nur eine junge Darstellerin Nur ein Problem plagt das Team um Knauer: "Wir brauchen dringend Nachwuchs." Mit der Theatergruppe sind auch die Akteure in die Jahre gekommen. Die einzige junge Darstellerin ist Nathalie Knoll. Die 28-Jährige wünscht sich sehnlichst einen Partner passenden Alters. Im aktuellen Stück spiele ein 68-Jähriger ihren Liebhaber.
Mittlerweile sind es nur noch wenigen Minuten bis zur Vorstellung. Die Stimmung ist super. Trotz der Nervosität lachen die Laiendarsteller viel und freuen sich auf den Abend. "Wir sind eine klasse Truppe", meint Knauer. Das gelte nicht nur für die, die auf der Bühne stehen, sondern auch hinter der Bühne werde fleißig gearbeitet.
Diana Schramm hat ihr Manuskript nun auf die Seite gelegt und stellt Christina Liebermann vor, die Souffleuse: "Das ist unsere wichtigste Frau."
Das Publikum wartet gespannt. Der Vorhang hebt sich. Spätestens als die Akteure die Bühne betreten, schwindet bei Diana Schramm die Anspannung, denn die Besucher amüsieren sich von der ersten Minuten an köstlich über die Akteure und deren spontanes Spiel.
Perfekt muss die Darbietung nicht sein, sie lebt vom Improvisationstalent der Darsteller und vor allem von der Spielfreude. Wer mitmachen möchte, ist willkommen, sollte aber Dialekt reden: Die Stücke werden in Neustadter Mundart aufgeführt.
Das Stück Gemüsehändler Robert Rettich ist unsterblich in Erika verliebt. Nie wird er den Tag vergessen, an dem Erika zum ersten Mal seinen Laden betrat. In ihrer weißen Bluse sah sie wie ein junges Silberzwiebelchen aus. Seither steht für Robert fest: Erika oder keine!
Mit einer blumigen, pardon: gemüsigen Liebeserklärung in der Hand platzt Robert mitten in große Familienturbulenzen hinein. Der Bruder Erikas, Erfinder Gottfried Hagelbach, steht nämlich unmittelbar vor der Pleite. Sein letzter Strohhalm ist ein Allzweckroboter; dieser soll dem chronischen Geldmangel Abhilfe schaffen. Weil Gottfried aber keinerlei Talent für das Erfinden besitzt, gibt der Roboter schnell seinen Geist auf. Notgedrungen übernimmt Robert, der mehr oder minder zufällig diesem Roboter sehr ähnlich sieht, seine Rolle. Schon stehen die ersten Kunden vor der Tür, und der falsche Roboter wird auf Herz und Nieren getestet. So muss sich Robert in allerhand Geschicke und Missgeschicke fügen, um am Ende nicht nur sich, sondern auch dem dauerverwirrten Gottfried zum Liebesglück verhelfen.
Akteure vor und hinter der Bühne ...sind Diana Schramm (Erika Hagelbach), Edwin Langbein (Gottfried Hagelbach), Hiltrud Bernhardt (Metzgerei-Besitzerin Barbara Bullinger), Nathalie Knoll (Managerin Sybille Feller-Magner), Rainer Schmiedeknecht (Bundeswehroffizier Harald-Franz von Studnitz), Dieter Knauer (Zauberer Marvelli); Bühnenbildner: Dieter Knauer, Bühnenmalerin: Conny Wittmann, Souffleuse: Christina Liebermann, Maske: Ina Knauer, Kasse: Bettina Schmiedeknecht, Videoaufzeichnung: Franz Herr, besondere Aufgaben: Eduard Dorst.
Kartenverkauf Termine Es gibt noch Karten für die Vorstellungen am 13. und 15. März.
Telefonnummer 09568/86170 (Bettina Schmiedeknecht)