"Welterbe ist ein Blue Chip"

2 Min
Nicht wirklich alt, aber Teil der Baugeschichte der Veste: der Fürstenbau mit der Lutherkapelle rechts Fotos: Simone Bastian
Nicht wirklich alt, aber Teil der Baugeschichte der Veste: der Fürstenbau mit der Lutherkapelle rechts Fotos: Simone Bastian
Das Lutherportrait an der Steinernen Kemenate. Sie dürfte innen teilweise noch so sein, wie Luther sie erlebte. Foto: Simone Bastian
Das Lutherportrait an der Steinernen Kemenate. Sie dürfte innen teilweise noch so sein, wie Luther sie erlebte. Foto: Simone Bastian
 

Klaus Weschenfelder, der Leiter der Kunstsammlungen, ist sicher, dass die Burg Teil des Welterbes wird.

Wenn man so will, hat Martin Luther die Veste gerettet. Vielleicht wäre die Coburger Burg dem Verfall preisgegeben worden, hätte sich Herzog Ernst I. nicht entschieden, dass dort die herzoglichen Sammlungen präsentiert werden sollten. Gleichzeitig sollte die Veste Denkmal ihrer eigenen Geschichte werden - und da hat natürlich Luthers Aufenthalt 1530 eine besondere Bedeutung.

Es war aber ohnehin der Zeitgeist bei den Fürsten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach ließ die Wartburg wiederherstellen, ebenfalls ein Luther-Gedenkort. Allerdings seit 1999 einer mit Welterbestatus, und den will die Veste Coburg erst noch erreichen.

Da steht sie in einer Liste mit elf weiteren wichtige Stätten aus Luthers Leben; gemeinsam haben sie den Erweiterungsantrag gestellt, dass außer den Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg auch das Augustinerkloster in Erfurt, das Schloss
Hartenfeld in Torgau und andere diesen Status erhalten. Im Februar 2016 wurde der Antrag offiziell eingereicht; die Entscheidung wird im Sommer 2017 erwartet.


"Das schönste Beispiel für Luthermemoria"

Die Veste Coburg als "authentischer Lutherort" müsse einfach aufgenommen werden, sagt Klaus Weschenfelder, Direktor der Kunstsammlungen und Autor des Antrags. Dass die Veste schon im 19. Jahrhundert und erst Recht Anfang des 20. Jahrhunderts teilweise um- und neugebaut wurde, tue dem keinen Abbruch. Denn vieles von dem, was Luther selbst gesehen (und womöglich bewohnt) hat, sei erhalten, wie die große Wohnstube mit ihrem gusseisernen Ofen oder die Lutherzimmer. Durch die Erinnerung an Luther sei die Veste im 19. Jahrhundert "so berühmt geworden wie die Wartburg". Und die Lutherkapelle, die unter Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha entstand, sei "das schönste historische Beispiel für Luthermemoria", wie Weschenfelder sagt.

Doch die Veste zeigt noch mehr. "Man kann an ihrer Architektur ablesen, wie sich religionsgeschichtliche Konflikte im Bauwerk spiegeln", sagt Weschenfelder. Wegen der Hussitenkriege wurden 1430 die halbrunden Türme gebaut, die Gründung des Schmalkaldischen Bunds 1531 (im Jahr nach Luthers Aufenthalt) führte dazu, dass die Burg als "Landesfestung" ausgebaut wurde. "Das sichtbare Zeichen ist die hohe Bastei, sie wurde aufgeschüttet und verstärkt. Man bereitete sich hier in Coburg auf kriegerische Auseinandersetzungen vor", sagt Weschenfelder. Der 30-jährige Krieg wieder 100 Jahre später war zwar kein Religionskrieg, aber eine Folge davon. Damals, so Weschenfelder, seien die barocken Bastionen Bärenbastei und Sternenbastei errichtet worden. "Das ist eben auch etwas, was den Denkmalwert für ein Welterbe ausmacht. Es ist nicht unverändert erhalten, sondern man sieht die Geschichte."


Überlegungen sind nicht neu

Die Überlegungen, Coburg auf die Liste der Welterbestätten zu bringen, sind freilich schon älter. Bevor es um die Lutherstätten ging, hatte Weschenfelder schon eine Bewerbung für das Ensemble Veste - Hofgarten - Ehrenburg verfasst. Die neugotisch überformte Ehrenburg tauge ebenfalls als Beispiel für den Historismus, sagt er. Doch schon im bayerischen Interessenbekundungsverfahren kam das Aus für diese Idee. Bayern unterstützte lieber die Königsschlösser von Ludwig II. Doch "Burgen, Schlösser, Kirchen" in Europa hätten inzwischen keine großen Chancen mehr, auf die Welterbe-Liste der Unesco zu kommen, sagt Weschenfelder. Es gebe einfach schon zu viele darauf.

Dass die Luther-Gedenkstätten in Eisenach und Wittenberg 1996 auf diese Liste kamen, liegt daran, dass sie "einen bedeutsamen Abschnitt in der menschlichen Geschichte" darstellen, sie "als authentische Schauplätze der Reformation von außergewöhnlich universeller Bedeutung" seien, wie auf der Homepage www.welterbe-luther.de nachzulesen ist. Der Erweiterungsantrag "enthält die zentralen Lebensstationen Martin Luthers ebenso wie die wichtigsten Ideen- und Ereignisorte der Reformation", heißt es dort.

Weschenfelder erhofft sich von einer Nominierung zum Welterbe auch einen touristischen Schub, der über den hinausgeht, den die Landesausstellung "Ritter, Bauern, Lutheraner" im nächsten Jahr für die Veste bringen soll. Sie soll am 5. Mai eröffnet werden und wird bis 5. November dauern, also über den Reformationstag am 31. Oktober hinaus. Bis dahin könnte die Veste schon Welterbe sein.

Er habe sich am Rand einer Tagung in München mit einem Vertreter eines großen Studienreiseveranstalters unterhalten, berichtet Weschenfelder. Der habe gesagt, Landesausstellung, Cranach, Luther - das sei alles interessant. Aber, so zitiert Weschenfelder, "Welterbe ist ein Blue Chip". Denn "Welterbestätten werden von Studienreisen gerne angefahren".