Was engagierte Coburger Übersetzer erleben

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Sie sind ein gutes Team: Suzanna und Miljazim Berisa aus Kroatien arbeiten seit vielen Jahren als Übersetzer für Asylbewerber aus den Balkanstaaten. Foto: Helke Renner
Sie sind ein gutes Team: Suzanna und Miljazim Berisa aus Kroatien arbeiten seit vielen Jahren als Übersetzer für Asylbewerber aus den Balkanstaaten.  Foto: Helke Renner

Suzanna und Miljazim Berisa stammen aus Kroatien und arbeiten seit vielen Jahren als Übersetzer für Asylbewerber.

Die Geflüchteten, die Suzanna und Miljazim Berisa betreuen, haben kaum ein Bleiberecht. Denn sie kommen aus Serbien, Albanien, Slowenien, dem Kosovo oder Mazedonien, die inzwischen als sogenannte sichere Herkunftsländer gelten. Aber viele von ihnen brauchen dennoch Hilfe. "Sie sind traumatisiert, haben gelitten und alles verloren. Manche können nicht lesen und schreiben", erzählt Suzanna Berisa. Denn ein großer Teil der Menschen, die sie und ihr Ehemann als Übersetzer begleiten, sind Sinti und Roma.

Da ist zum Beispiel die Frau, die als 13-Jährige an einen Zuhälter verkauft wurde und als Prostituierte arbeiten musste. Zwar gelang ihr die Flucht, sie ist heute verheiratet und hat vier Kinder, aber das Trauma wird sie nicht wieder los. Zumal sie immer noch bedroht wird.
Soll sie zurück nach Serbien gehen und alle Gewalt noch einmal erleben, womöglich ihr Leben und das ihrer Familie in Gefahr bringen?


Die Pulsadern aufgeschnitten

Oder der Mann, dessen Familie Miljazim Berisa betreut. Dieser Mann schnitt sich die Pulsadern auf, um nicht wieder nach Hause zurückkehren zu müssen. Denn dort erwartet ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Leben, das für ihn offenbar schlimmer ist als der Tod. "Wir haben oft mit den Menschen gelitten und wollten nicht nur unseren Übersetzer-Job machen, sondern auch darüber hinaus helfen", sagt Suzanna.

Sie und ihr Mann leben seit über 30 Jahren in Deutschland. Ihre Familien stammen aus Kroatien. 1990 haben die beiden geheiratet und sich schon damals als Übersetzer engagiert - ehrenamtlich, bis heute. "Wir sprechen mehrere slawische Sprachen", erläutert Miljazim.

Zurzeit kümmert er sich um zwei Familien, seine Frau um drei. "Wir gehen mit ihnen zu den Behörden, zum Arzt und sind oft Mädchen für alles", stellt Suzanna fest. Nicht selten klingelt auch nachts das Telefon.


Das Schicksal der betreuten Menschen ist ihnen nicht gleichgültig

Und weil die beiden ihren "Job" mit Herz machen, ist ihnen das Schicksal der Menschen, die sie betreuen, nicht gleichgültig. Deshalb ließ es sie auch nicht kalt, als viele Flüchtlinge aus dem sogenannten Ostblock, die in Coburg in den Asylbewerberheimen oder auch in kleinen Wohnungen lebten, im vergangenen Jahr nach Bamberg in das sogenannte Balkan-Zentrum umziehen mussten. "Es wurde Platz für die syrischen Flüchtlinge gebraucht." Er habe selbst 20 Familien auf eigene Kosten mit seinem privaten Pkw nach Bamberg gebracht, erzählt Miljazim. "Das war ein schlimme Zeit."

Zumal ziemlich klar ist, dass die meisten von ihnen in ihre Heimat zurückkehren müssen. Suzanna wünscht sich, dass bei der Überprüfung, wer gehen muss, mehr auf das individuelle Schicksal geschaut wird - besonders, wenn es sich um Sinti und Roma handelt.


Suzanna bildet sich auch noch weiter

Doch darauf haben die beiden Übersetzer keinen Einfluss. Sie können nur das tun, was in ihrer Macht steht. Und weil sie immer besser werden möchte, hat Suzanna einen Kurs beim Diakonischen Werk belegt. Dabei ging es darum, die psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, vor allem außerhalb der großen Zentren Bayerns, zu verbessern. Unter anderem wurde Oberfranken-West (Kronach, Lichtenfels, Coburg) dafür als Modellregion ausgewählt. Nun gilt Suzanna Berisa als qualifizierte Sprachmittlerin, die mit ihren Kenntnissen die psychotherapeutische Behandlung von Flüchtlingen unterstützen kann. Darüber hinaus möchte sie auch noch die Gebärdensprache erlernen.

Für ihren Einsatz erhielten die Berisas eine Dankesurkunde von Landrat Michael Busch (SPD). Und sie wollen weitermachen. "Für immer", sagt Miljazim. "Ohne die Unterstützung der richtigen Leute ginge das aber nicht", ergänzt seine Frau. Sie meint damit solche Verbände wie die Caritas, die Diakonie, die Sozialämter, die Ärzte. Manches könnte ihrer Meinung aber auch noch besser laufen. Dann nämlich, wenn die Verbände mehr staatliche Förderung für ihre wichtige Arbeit bekommen würden. Und wenn die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen, die mitunter acht bis zwölf Stunden im Einsatz sind, öffentlich noch mehr gewürdigt würde.