Zwei junge Männer aus der Region wollen sportliche Topleistung nicht nur sehen sondern auch zeigen und sind von Coburg zur WM nach Moskau geradelt.
"Sie haben Ihr Ziel,erreicht", würde das Navi sagen, wenn Bastian Heimberger und sein Freund Albert Liebermann mit dem Auto unterwegs gewesen wären. Waren sie aber nicht. Sie sind Ende Mai mit dem Fahrrad aufgebrochen. Ihr Ziel: Moskau - genauer gesagt, der Rote Platz. Und: Sie haben ihr Ziel erreicht.
"Morgen dann das letzte Abenteuer; wir fahren in die Stadt rein (12,4 Millionen Einwohner) und wollen unsere Reise am Roten Platz beenden. Drückt uns die Daumen, dass wir das unfallfrei mit dem Fahrrad schaffen", schrieben sie auf ihrer Facebookseite "R(o)ad 2 WM - von Coburg nach Moskau". Auf der Seite konnten die Daheimgebliebenen das Abenteuer der beiden mit verfolgen. Vor allem galt das für Florian "Flo" Sander. Er war gewissermaßen "schuld" daran, dass die beiden auf die Tour gingen. Zu dritt waren sie 2016 in San Francisco aufgebrochen, um durch die USA nach New York zu radeln. Flo hatte nicht für die gesamte Tour Zeit. Bastian und Albert schafften es in der Frist, die sie sich gesetzt hatten.
Flieger oder Fahrrad?
Jetzt schlug Flo vor, die WM in Russland zu erleben. Er dachte dabei an einen Flug. Den fanden die beiden anderen zu langweilig und beschlossen, mit ihren Drahteseln nach Moskau zu fahren. Gesagt, getan - am Freitag erreichten sie ihr Ziel. Flo kommt dann doch mit dem Flieger dazu.
Hinter den beiden Radlern liegt ein echtes Abenteuer. Denn, wenn sie aus den USA schon einiges gewohnt waren, was man sich in anderen Regionen der Erde unter einem Radweg vorstellt, in Russland wurde in dieser Beziehung noch einiges draufgesetzt. 1870 Kilometer Luftlinie sind Coburg und Moskau voneinander entfernt. Für die beiden Radler durfte es dementsprechend schon etwas mehr sein. Zumal sie sich einen Abstecher nach Prag gönnten, wo sie Bastians Opa besuchten.
Nicht immer einfach
Dann sah die Roadmap eine Tour durch Tschechien und Polen in Richtung Litauen vor. Schon auf diesem Teil der geplanten Tour tritt ein wenig Ernüchterung ein: "Moin Moin! Wir leben noch, sind aber ganz schön geschafft von Wind, Wetter und insbesondere den Straßenverhältnissen! Dass es bereits hier in Polen so schwer werden sollte, Fahrrad zu fahren, hätten wir nicht gedacht! Nichtsdestotrotz sind wir jetzt schon 782 Kilometer gefahren und aktuell in Kalisz." Das posten sie am 6. Juni in Facebook.
Bei Regen und Gegenwind teilweise auf großen Straßen unterwegs, auf denen Radfahrer gefährlich leben, erreichen sie schließlich am 12. Juni Litauen. Sie wollen in Moskau am 23. Juni WM-Luft schnuppern, wenn Belgien gegen Tunesien antritt. Bis dahin müssen sie also die Strecke bewältigt haben, wenn ihr Plan aufgehen soll. Verpassen sie dieses Spiel, dann bleiben ihnen vier Tage mehr, um wenigstens das geplante Highlight ihrer Tour zu erleben, das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Südkorea - und damit möglicherweise das letzte, dass die Löw-Elf bei dieser WM bestreitet.
Vier Tage später motiviert die beiden das erste Verkehrsschild, auf dem Moskau angeschrieben steht. Schotterpisten und Starkregen dämpfen den Motivationsschub gleich wieder. Aber am 17. Juni sind die Strapazen schnell vergessen. Nach einer Stunde Bürokratie an der Grenze befahren sie die ersten Meter russischen Bodens und freuen sich über gute Straßen durch ausgedehnte Wälder. So sollte es aber nicht bleiben.
In Russland müssen Radfahrer oft am Seitenstreifen der großen Fernstraßen entlang radeln. Endlos gerade Pisten voller Verkehr, die einen gar nicht mehr wahrnehmen lassen, dass man sich überhaupt noch vorwärts bewegt, können frustrierend sein. Doch die beiden sind in solchen Situationen nicht unerfahren und das Ziel rückt immer näher.
Vor den Toren Moskaus
Am Donnerstagabend dann die erfreuliche Bilanz: "Wir sind noch 76 Kilometer vor Moskau." Eine Etappe, die auch unter widrigen Bedingungen für die beiden kein Problem sein sollte, hatten sie doch im Laufe der Tour oftmals fast die doppelte Strecke an einem Tag zurückgelegt. Es ist Freitag gegen 15.30 Uhr, als ihr Facebook-post auftaucht: "Gerade in Moskau angekommen", steht über dem Foto, das die beiden vor dem Luzniki Stadion in Moskau zeigt. Und weiter: "2547,4 Kilometer, 23 Tage, die verrückteste Tour, die wir je gemacht haben."
Nach Hause mit dem Zug
Wie geplant schaffen sie es jetzt, das Spiel Belgien gegen Tunesien in Moskau anzusehen. Am Mittwoch, 27. Juni steht dann noch Deutschland gegen Südkorea auf ihrem Plan, ehe es - dann zu dritt - wieder nach Deutschland geht. Dann allerdings mit dem Nachtzug.