Im Wildpark Tambach sind vier Hirsche verendet, weil sie vermutlich von Besuchern falsch gefüttert wurden. Die Parkbetreiber denken jetzt über eine verschärfte Überwachung nach. 100 Prozent Sicherheit wird es aber wohl nie geben.
Der weiße Hirsch war einer der Publikumslieblinge im Tierpark Tambach bei Coburg. Jetzt ist er tot. Der Hirsch und drei seiner Artgenossen sind verendet, weil sie falsches Futter gefressen haben - eine Folge von zu viel Tierliebe und zu wenig Sachverstand. Ein Trost für den Betreiber Heinrich Graf zu Ortenburg: Ein vorsätzlicher Giftanschlag, wie erst befürchtet, scheidet als Todesursache aus.
Das Landesamt für Tiergesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen hat die Kadaver der über Ostern verendeten Tiere untersucht. Ortenburg hatte die Analyse in Auftrag gegeben, weil nach dem außergewöhnlichen Vorfall zunächst der Verdacht im Raum stand, dass die vier Hirsche vergiftetes Futter zu sich genommen hatten.
Magen-Darm-Trakt überfordert "So etwas haben wir in 50 Jahren nicht erlebt", sagt der Parkbetreiber.
Innerhalb weniger Tage gingen zwei Rothirsche, einer weißer Hirsch und ein Sikahirsch ein, trotz aller Bemühungen der Tierpfleger und -ärzte, die Besucherlieblinge zu retten. Die Hirsche hatten wohl Brot oder Getreide gefressen, zu viele leicht verdauliche Kohlenhydrate, die den Magen-Darm-Trakt überforderten. Das führt bei Wiederkäuern zu einer Übersäuerung des Pansens. Die Milchsäure tötet die Bakterien im Pansen ab, die Verdauung versagt. Martina Junk, die Pressesprecherin am Landesamt in Erlangen, bestätigt diese Todesursache. Dieses Phänomen sei selten, aber gefährlich. In Tierparks bekommen die Wiederkäuer eine spezielle Futtermischung.
In Tambach haben die Tiere aber offenbar Dinge gefressen, die nicht auf dem Speiseplan stehen: Tierpfleger hatten im Gehege der toten Hirsche Reste von Futtermitteln gefunden, die im Tierpark nicht verkauft werden.
So etwas kommt immer wieder vor, auch in Schweinfurt, wo der frei zugängliche Tierpark "Drei Eichen" als einer der größten in Bayern jedes Jahr 500 000 Besucher anlockt. "Man kann nicht alles lückenlos überwachen. Das würde auch gar nicht zur Philosophie passen", sagt Thomas Leier, der Leiter des Tierparks in Schweinfurt. In Tambach denkt man darüber nach, Kameras zu installieren.
Nähe zum Tier macht Anziehungskraft aus "Die Nähe zum Tier macht ja gerade die Anziehungskraft solcher Einrichtungen aus", sagt Leier. In Schweinfurt werden die Besucher mit Hinweisschildern in mehreren Sprachen freundlich, aber nachdrücklich darauf hingewiesen, dass falsch verstandene Tierliebe üble Folgen haben kann.
Spezielles Futter ist wie in Tambach an den Kiosken und an Automaten erhältlich.
Wer den Tieren Gutes tun will, kann altes Brot oder Äpfel in Sammelbehältern ablegen. In Schweinfurt ist das eine "Black Box", ein schwarzer Kasten am Haupteingang, der sicher nicht zufällig an Sarg und Tod erinnert. Das Personal kontrolliert die Mitbringsel und füttert die Tiere dann gezielt. Und sicher.
Kommentar von Günter Flegel: Gut so: Natur zum Anfassen Der Vorfall in Tambach ist tragisch. Er zeugt aber nicht davon, dass das Konzept der Tierparks falsch ist, sondern allenfalls davon, dass viele Menschen kein natürliches Verhältnis zum (Wild-)Tier haben. Und nicht nur das. Tierärzte können ein Lied davon singen, wie viele Haustiere zu Tode geliebt, sprich gefüttert werden.
"Ein Hund ist kein Müllschlucker", sagt ein Veterinärmediziner, der Tierhalter immer wieder ermahnen muss, nur Tierfutter in die Schüssel zu geben und nicht etwa Reste aus der Küche, womöglich stark gewürzt.
Man muss nicht die gute alte Zeit beschwören: Früher sind Kinder auf dem Land mit Tieren aufgewachsen. Die Hühner im eigenen Garten und die Ferkel auf dem Bauernhof waren selbstverständlich. Natürlich wissen auch die Kinder des Medienzeitalters, dass Kühe nicht lila sind und Spinat nicht als grüner Quader wächst. Aber das Verständnis für die Natur und natürliche Vorgänge (zu denen auch der Tod gehört), hat doch gelitten in einer fast "tierfreien" Welt, in der Ferkel in lichtlosen Ställen grunzen.
Deswegen sind Tierparks wie in Schweinfurt und Tambach wichtig; der direkte Kontakt zwischen Tier und Mensch ist bei weitem nützlicher als (im Einzelfall) auch mal schädlich.