Martin Böhm engagiert sich erst seit fünf Jahren in der Politik, könnte aber schon bald im bayerischen Landtag sitzen.
In der "Alternative für Deutschland" (AfD) tummeln sich viele verschiedene Menschen. Björn Höcke zum Beispiel, der Chef der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, zählt zu den Lauten und Radikalen in der Partei; das Holocaust- Mahnmal in Berlin bezeichnet er schon mal als "Mahnmal der Schande". Der Coburger Martin Böhm zählt zu denen in der AfD, die eher strategisch ihre Ziele verfolgen und Worte meistens mit mehr Bedacht wählen. Das mag auch damit zu haben, dass Martin Böhm in seinem Berufsleben schon sehr häufig Fortbildungen in Rhetorik absolviert hat. Wenn er auf seinen Parteifreund Höcke angesprochen wird, sagt er: "Ich würde das eine oder andere anders formulieren." Aber: "Vom Grundsatz her kann ich ihm in fast allem zustimmen." Ist Böhm also auch ein Extremer? Er selbst sagt "Nein" und interpretiert sowieso alles anders: "Björn Höcke ist manchmal rhetorisch extrem - aber er ist kein Extremer!"
Martin Böhms politisches Engagement begann 2013 in der "Wahlalternative 13", aus der später die AfD hervorging. "Ich war schon immer volkswirtschaftlich interessiert", sagt Martin Böhm. Und als vom Bundestag diverse Euro-Rettungsschirme wegen Griechenland beschlossen wurden, habe er sich gedacht: "Jetzt langt's!"
Der 1964 in Coburg geborene Böhm ist gelernter Kfz-Mechaniker. Im Laufe der Zeit hat er sich aber nicht nur in Rhetorik weitergebildet, sondern zum Beispiel auch seinen Fachwirt in Gebäudemanagement sowie den IHK-Fachwirt in Versicherungen und Finanzen (mit Bachelor-Abschluss) gemacht. Heute arbeitet er als kaufmännischer Angestellter bei einer Firma, die in der Immobilienwirtschaft tätig ist. Die Wohnungssituation in Bayern glaubt er deshalb gut einschätzen zu können und spricht von einem "Staatsversagen". Böhm kritisiert, dass Sonderabschreibungen für Häuslebauer abgeschafft wurden, und er kann nicht verstehen, dass staatliche Sozialwohnungen an Investoren verkauft wurden.
Doch Böhms Fachwissen zum Trotz: Als "Wohnraum-Partei" wird die AfD bislang nicht wahrgenommen. Stattdessen dominiert die Flüchtlingspolitik alles. Martin Böhm nickt: "Ja, aber die Migration ist eben der Brandbeschleuniger für viele soziale Probleme, die es auch schon vor dem Sommer 2015 in Deutschland gab."
Böhm plädiert zwar für eine "Vielfalt der Meinungen", denn das mache seiner Meinung eine Gesellschaft aus. Bei einer "Vielfalt der Kulturen" verzieht er hingegen das Gesicht: "Ich halte es für nicht hinnehmbar, wenn Menschen ohne anerkannten Asylstatus nach Deutschland kommen und wir für sie unsere Sozialsysteme räubern." Menschen, die vor Krieg flüchten, müsste man zwar "selbstverständlich" Schutz gewähren - doch das sei "eine sehr geringe Zahl". Die Mehrheit, so Böhm, seien "Wirtschaftsflüchtlinge" - "und das hält unser Sozialsystem auf Dauer nicht aus".
Auf die Frage, ob er sich als "ausländerfeindlich" bezeichnen würde, antwortet Böhm: "Ausländerfeindlich? Das Wort ausländerkritisch trifft es wohl besser, allerdings auch Inländerkritisch. Beides mal auf diejenigen bezogen, die Recht und Gesetz sowie unsere christlichen Traditionen nicht akzeptieren wollen."
Weil Martin Böhm auf Platz eins der oberfränkischen AfD-Liste steht, ist sein Einzug in den neuen bayerischen Landtag so gut wie sicher. Am liebsten, so sagt er, hätte er dann einen Sitz im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten.