Coburger fährt 20 000 Kilometer für "Die Mannschaft"

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Stephan Heinzler startet mit seinem Transporter nach Russland durch, passenderweise mit dem Coburger Kennzeichen WM 2018. Foto: Maximilian Glas
Stephan Heinzler startet mit seinem Transporter nach Russland durch, passenderweise mit dem Coburger Kennzeichen WM 2018.  Foto: Maximilian Glas

Stephan Heinzler plant ein großes Abenteuer: Mit einem umgebauten Transporter reist der 47-Jährige quer durch Russland zu jedem Spiel der DFB-Elf.

Wenn die deutsche Nationalmannschaft am 17. Juni im Luschniki-Stadion gegen Mexiko in das WM-Turnier startet, hat der fußballverrückte Stephan Heinzler bereits einige Kilometer hinter sich gebracht: Von Coburg mit Zwischenstopp an der Ostseeküste nach Moskau - und das alleine mit einem eigens für die Reise gekauften Transporter plus Anhänger.

Dabei ist der Halt in der russischen Hauptstadt nur der Anfang der Reise durch das größte Land der Welt. Der 47-jährige Coburger will die "Mannschaft" bei jedem Spiel begleiten. Schon in der Vorrunde ein durchaus ambitionierter Plan, schließlich finden die weiteren deutschen Gruppenspiel in Sotschi (1700 Kilometer entfernt von Moskau) und in Kasan (2100 Kilometer von Sotschi) statt. Im Achtelfinale würde es dann - vorausgesetzt Deutschland wird Gruppensieger - weiter nach St. Petersburg (1600 Kilometer von Kasan) gehen.


Sprinter mit Bett und Kühlschrank

"Wie viele Kilometer es am Ende werden, hängt natürlich vom Abschneiden der Deutschen ab, aber 23 000 bis 27 000 Kilometer könnten es schon werden", sagt der Coburger, der 22 Jahre lang als medizinisch-technischer Radiologieassistent gearbeitet hat. Gesundheitsbedingt kann Heinzler seinen Beruf seit einiger Zeit nicht mehr ausüben. "Ich habe mir gedacht, irgendwas Sinnvolles muss ich tun, dann kam mir im Januar diese Idee. Das war dann mein Traum."

Im April hat der Coburger dann Nägel mit Köpfen gemacht und sich einen gebrauchten Transporter, der zuvor als Vermessungsfahrzeug der Deutschen Telekom gedient hatte, gekauft.
Diesen hat er in den vergangenen Wochen in Eigenarbeit für seine Bedürfnisse umgebaut - unter anderem ist das Fahrzeug jetzt mit Doppelbett und Kühlschrank ausgestattet.


WM-Ticket als Visum

Und auch beim Fahrzeugäußeren wollte Heinzler nichts dem Zufall überlassen. War der Lack wenige Tage vor seiner Abreise noch "jungfräulich", ist der Transporter mittlerweile mit Deutschland-Aufklebern an den Fahrzeugseiten aufgehübscht worden. Nach der Reise wird das Erscheinungsbild des Sprinters dann wieder angepasst, da Heinzler diesen beruflich nutzen möchte. Er könne sich vorstellen, sich selbstständig zu machen und Transportfahrten für Unternehmen anzubieten.

Bereits vor einigen Tagen ist der Coburger zu seinem Trip aufgebrochen - bevor er sich nächste Woche auf den Weg Richtung Russland macht, besucht er noch Freunde und Bekannte in ganz Deutschland. Um in das WM-Land einzureisen, braucht Heinzler übrigens kein Touristen-Visum, wie es in Russland sonst üblich ist, denn ein WM-Ticket für ein beliebiges Spiel ersetzt das Einreisedokument.

Günstig war das Ticket für das Spiel Deutschland gegen Mexiko für Heinzler nicht. Stolze 538 Euro für eine Karte der Kategorie 2 musste der Coburger bei der Online-Ticketbörse Viagogo berappen. Für die weiteren Partien er übrigens noch keine Eintrittskarten, er hofft auf Schnäppchen direkt vor Ort.

Spontaneität ist ohnehin der größte Reise-Trumpf des 47-Jährigen - so wie bei der Übernachtung. "Ich werde wohl meistens draußen im Zelt schlafen, ob auf einem Campingplatz oder in der Pampa wird man sehen. Ich bin autark, brauche nicht unbedingt Strom." An Fortbewegungsmitteln wird es Heinzler jedenfalls nicht mangeln, auf seinem Anhänger führt er unter anderem ein Motorrad und ein Fahrrad mit. Sicherheitsbedenken habe er keine. "Aus meiner Sicht ist Russland während der WM das sicherste Land der Welt", sagt Heinzler, der wohl auch bei der Sprache etwas improvisieren muss. "Ich habe ein Wörterbuch Deutsch-Russisch aus dem Zweiten Weltkrieg dabei, das mir mein Onkel geschenkt hat. Den Rest macht ,Mr. Google'", erklärt er.

Für sein großes Abenteuer hat Heinzler die Rückendeckung seiner Familie. "Meine 19-jährige Tochter Lisa findet das klasse und steht voll hinter der Idee", erzählt der Club-Fan.


Nur Frankreich als Konkurrent

Sportlich traut Heinzler der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft die Titelverteidigung zu: "Die Mannschaft ist noch mal stärker als vor vier Jahren. In meinen Augen gibt es nur einen Konkurrenten, und das ist Frankreich, die sind vielleicht noch einen Tick besser als wir. Aber alle anderen sind schlagbar."

Mit dem deutschen WM-Kader ist der 47-Jährige bis auf eine Ausnahme einverstanden. "Ich verstehe nicht, wie man Sandro Wagner nicht mitnehmen kann. Er ist ein echter Brecher, der die Wege für die Mittelfeldspieler freimachen kann", erklärt er.

Zur "Causa Neuer" hat Heinzler auch eine klare Meinung: "Die Nominierung ist absolut richtig. Spätestens seit dem England-Spiel bei der WM 2010, als er den Ball nach dem vermeintlichen Tor der Engländer gleich ganz locker weitergespielt hat, war er für mich der beste Torhüter der Welt."