Sonneberger Weltenbummler in der Türkei inhaftiert

3 Min
Gisela und Wilfried Hofmann reisen gemeinsam um die Welt. Über die Wege, die sie gehen, und die Erfahrungen, die sie machen, erzählen sie in Vorträgen. Ein Gefängnisaufenthalt in der Türkei gehört auch dazu.privat
Gisela und Wilfried Hofmann reisen gemeinsam um die Welt. Über die Wege, die sie gehen, und die Erfahrungen, die sie machen, erzählen sie in Vorträgen. Ein Gefängnisaufenthalt in der Türkei gehört auch dazu.privat
Türkei 2016 Hofmann
Türkei 2016 Hofmann
 
Das letzte Foto von Gisela Hofmann vor der InhaftierungHofmann
Das letzte Foto von Gisela Hofmann vor der InhaftierungHofmann
 
Wieder in Deutschland - wenn auch noch in den Geföängnislatschen.Hofmann
Wieder in Deutschland - wenn auch noch in den Geföängnislatschen.Hofmann
 
Wilfried Hofmann Hofmann
Wilfried Hofmann Hofmann
 
Türkei 2016 Hofmann
Türkei 2016 Hofmann
 
Türkei 2016 Hofmann
Türkei 2016 Hofmann
 
Türkei 2016 Hofmann
Türkei 2016 Hofmann
 
Türkei 2016 Hofmann
Türkei 2016 Hofmann
 

Wie Wilfried und Gisela Hofmann aus Sonneberg das Ende ihrer Weltreise in einem türkischen Gefängnis erlebten. Doch das Abenteuer geht immer weiter...

Auf 144 Quadratmeter erwarten ihn 55 Gefangene aus 19 Ländern. Wilfried Hofmann ist der einzige Deutsche. Deshalb nennen ihn alle nur den "Alemani". Seine Frau Gisela sitzt ein Stockwerk tiefer im "Frauenknast". Es ist der Alptraum jedes Touristen: Während einer Autotour durch die Türkei werden Gisela und Wilfried Hofmann im Jahr 2016 willkürlich von Gendarmen verhaftet. Den beiden Weltenbummlern aus Sonneberg wird Spionage vorgeworfen.
Unter dem Titel "Gestohlene Freiheit" ist jetzt Hofmann's drittes Buch erschienen.
Der Mann, der zusammen mit seiner Frau schon um die Welt geradelt, 5400 Kilometer durch elf Länder gewandert ist und mit dem Tuk Tuk Sri Lanka durchquert hat, erzählt am Donnerstag, 7. Juni, in der Buchhandlung Riemann, was ihm in der Türkei widerfahren ist. "Schreckliches, ja! Aber es gehört zu uns und - wie sagt meine Frau immer: Alles Schlechte hat auch sein Gutes!" Wenn Wilfried Hofmann, Menschenfreund und Naturbeobachter über seine unglaublichen Erlebnisse spricht, holt er in seinem unverwüstlichen Sonneberger Dialekt die Welt nach Coburg.
Bei ihrer Verhaftung in der Türkei glauben sie zunächst an einen Irrtum, aber schon die ersten Stunden entwickeln sich zu einem Nervenkrieg, der insgesamt 24 Tage dauern soll. Getrennt voneinander kommen beide in Haft. Ihre Kinder dürfen sie nicht anrufen, die Botschaft nur ein einziges Mal. Auf sich allein gestellt kämpfen sie sich durch die Verhöre, jeden Tag im Ungewissen, wann sie wieder freikommen werden. Es sind die vielen Länder-Stempel in ihren Pässen, alte Fotos auf dem Laptop und die arabische Sprache, deren Gisela Hofmann mächtig ist, die die Türken hellhörig gemacht haben.
Tage und Nächte der Verzweiflung, Hoffnung und Enttäuschung folgen. Dabei wird ihnen schnell bewusst, dass Unmenschlichkeit, Verlogenheit und Korruption zum türkischen Justiz- und Gefängnisalltag gehören.
"Natürlich lerne ich sofort, dass es eine Knasthierarchie gibt. Ein Tschetschene ist der Chef. Der Imam stammt aus dem Sudan. Die Kurden organisieren über das Gefängnispersonal die sehr gefragte Schmuggelware wie Zigaretten, Tee und Zucker. Die Iraner sagen mir, auf wen ich aufpassen muss, denn es wird leider auch geklaut. Besonders soll ich mir überlegen, was ich den ISIS- Leuten erzähle, denn die wären echt gefährlich," berichtet der 63-Jährige, der bis 2007 als Chef der Arbeitssicherheit bei der Elektro-Keramik-Sonneberg gearbeitet hat.
Seither zieht er um die Welt. Als Individualtouristen war die Familie Hofmann schon zu DDR-Zeiten unterwegs. "Aber der Osten war abgegrast, so dass die Wende genau zur richtigen Zeit kam." Die Türkei war eines der ersten Länder, das er mit seiner Frau bereist hat und "für immer ins Herz geschlossen hat". Auch heute - nach all den Erfahrungen - ist die Türkei für Wilfried Hofmann eines der schönsten Länder. "Aber", sagt er lachend, "da werde ich wohl nicht mehr hinfahren".
Allein die Erinnerung an den Morgen des 4. Mai 2016 lassen ihn heute noch schaudern. "Wir sollten an diesem Tag erneut freigelassen werden, da hieß es plötzlich das ganze Gefängnis wird deportiert. Die Wachmannschaften hatten tatsächlich laufend ,Deportation' gerufen."

Zwei Stunden später ist Wilfried Hofmann dann der erste Gefangene, der in Handschellen die zwei Sicherheitsschleusen in einem neuen Gefängnis betritt. Und er traut seinen Augen nicht: Überall liest er das Schild: Zu 85 Prozent wurde die Einrichtung durch die EU finanziert. "Selbst an der Toilettenschüssel war ein Aufkleber", echauffiert er sich.
Seine Frau darf er alle zwei Tage für fünf Minuten sehen. "Nur in den Abendstunden kann ich mich mit Gi über den Hof durch die Gitterfenster manchmal zusätzlich durch lautes Brüllen verständigen", erinnert er sich.
Am 10. Mai kommt es völlig überraschend tatsächlich zu einen Gerichtstermin. Nach 30 Minuten erfolgt durch den Richter der Freispruch. "Wir umarmen uns, heulen wie die Schlosshunde und harren der weiteren Erklärungen", schreibt er in seinem Blogg. In der Begründung heißt es: Wilfried und Gisela Hofmann sind weder Terroristen, noch Spione, noch hätten sie Verbindungen zur ISIS. Sie sind somit frei!
Die vom türkischen Staat gestellte Pflichtanwältin versucht den beiden danach schonend zu erklären, dass ein Freispruch in der Türkei nicht unbedingt gleich frei bedeutet. Sie müssten zurück ins Gefängnis. Sobald sie die Flüge bezahlen könnten, werden sie ausgeflogen.
So war es dann auch. Ein halbes Jahr später bekommt Hofmann mit Hilfe des Auswärtigen Amtes schließlich auch seinen Laptop zurück.
Da beschließt der Weltenbummler seine Erlebnisse aufzuschreiben. Während seine Frau Gisela wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehrt, sitzt Wilfried von morgens bis abends am Computer und schreibt. Am 1. Juli diesen Jahres wird er Rentner. Bis dahin hält er Vorträge und erzählt von seinen Reisen. Doch sein Sitzfleisch ist begrenzt. "Uns zieht es in die Welt und unser Kopf ist voller Pläne", verrät er schmunzelnd. "Ich bräuchte 100 Leben um all das zu machen." Ob mit dem Camper durch Skandinavien und Russland oder auf Kamelen durch Arabien, die Hofmanns suchen auch weiterhin nach Herausforderungen.

Mehr erfahren

Vortrag Am Donnerstag, 7. Juni, 20 Uhr, spricht Wilfried Hofmann in der Buchhandlung Riemann über seine Erlebnisse.
Am 12. Juni bei der VHS in Neustadt.

Bücher Drei Bücher hat Wilfried Hofmann über seine Reisen geschrieben. Allein sein erster Buch "Grenzenlos" erreichte eine Auflage von 15 000 Stück. Das zweite hieß "Abgelatscht" .
"Gestohlene Freiheit" ist im Riva-Verlag erschienen und für 17,99 Euro erhältlich. Das E-Book kostet 13,99.