Schau in Coburg zeigt Süchte und Auswege

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Intensive Gespräche am Suchtbaum der Ausstellung "Einfach Menschlich" in der Freiherr-von-Rast-Schule Coburg: AOK-Direktor Christian Grebner, Ausstellungsleiter Freia von Hennigs und Klaus Haschberger sowie die Berufsschüler Marius Weiß, Franz Schiwy, Joshua Elitzke und Tom Schwarz.  Anton Staudigl
Intensive Gespräche am Suchtbaum der Ausstellung "Einfach Menschlich" in der Freiherr-von-Rast-Schule Coburg: AOK-Direktor Christian Grebner, Ausstellungsleiter Freia von Hennigs und Klaus Haschberger sowie die Berufsschüler Marius Weiß, Franz Schiwy, Joshua Elitzke und Tom Schwarz.  Anton Staudigl

In der Aula der Coburger Freiherr-von-Rast-Schule gastiert derzeit die Wanderausstellung "Einfach Menschlich". Sie gibt Denkanstöße zum Thema Sucht.

Sucht hat viele Gesichter - Wer von Sucht spricht, denkt meist nur an Alkohol, Tabak, Drogen und Medikamente. Das ist aber nur die Spitze eines sehr großen Eisbergs. "Tatsächlich hält der moderne Alltag noch viel mehr Suchtpotenzial bereit, wie zum Beispiel Spiel- oder Computersucht, Ess- oder Kaufsucht. Und vom Smartphone werden auch immer mehr junge Leute abhängig", sagte der Schulleiter, Oberstudiendirektor Anton Staudigl, bei der offiziellen Ausstellungseröffnung.

Die Betroffenen merken oft nicht, dass sie süchtig sind. Sie klagen aber über Ängste,
Erschöpfungszustände und Depressionen und geraten in eine Spirale der Abhängigkeit. "Spätestens dann haben wir als Gesundheitskasse, den Auftrag, Suchtproblematiken vorzubeugen. Denn Sucht zählt zu den zehn gefährlichsten Krankheiten der Welt, Tendenz steigend. Sucht schafft nicht nur oft traurige persönliche Schicksale, sondern ist auch ein erheblicher volkswirtschaftlicher Verlust", sagte der Coburger AOK-Direktor Christian Grebner. Die AOK Bayern fördert die Durchführung der Ausstellung "Einfach Menschlich" samt Lehrerworkshops sowie Vor- und Nachbereitung im Unterricht an bayerischen Berufsschulen, um junge Menschen zu erreichen, gerade in einem Alter, in dem Weichen gestellt werden.


Betreute Erfahrungsausstellung

Schon der Name der Ausstellung macht deutlich, dass nicht Verbote und der erhobene Zeigefinger im Vordergrund stehen. Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass es sich um eine betreute Erfahrungsausstellung handelt, betonen die Ausstellungsleiter Freia von Hennigs und Klaus Haschberger vom Regensburger Verein Suchtprävention und Genesung: "Das heißt, dass zum einen authentische Geschichten von süchtigem Verhalten glaubwürdig erlebbar gemacht werden. Deren persönliche Erfahrungen berühren die Jugendlichen viel mehr, als Plakate oder Broschüren es je könnten. Zum anderen heißt es auch, dass während des gesamten Ausstellungsbesuches und vor allem in der anschließenden Gesprächszeit eine kompetente Betreuung stattfindet."

Im Mittelpunkt steht der Suchtbaum, auf dessen Ästen die verschiedensten Suchtvarianten stehen, die sich auf viele Zweige als unterschiedliche Ausprägungen verteilen von Ess-Sucht über Sex-, Arbeits- bis hin zu Sport- und Helfer-Sucht. In einem Gang durchstreifen die Besucher Vorhänge, auf denen Fragen stehen: "Kann jeder süchtig sein?" und "Ab wann bin ich süchtig?". Andere Installationen verdeutlichen die Betroffenheit des Umfeldes , wenn sich bei Freunden und Angehörigen alles nur noch um den Süchtigen dreht und diese zu "CO-Abhängigen" werden. Eine begehbare Suchtspirale mit immer enger werdenden Wegen lässt erleben, wie beklemmend Sucht ist und wie schwer der Ausweg zu finden ist. Eine Leseecke und ein Infotisch runden das Angebot ab.


Zunächst mal erschrocken

Nach anfänglicher Stille und Betroffenheit gibt es nach dem Ausstellungsbesuch bei den Schülern jede Menge Gesprächsbedarf: Franz Schiwy ist schon erschrocken, wie viele Süchte bereits die Norm in unserer Gesellschaft sind. Marius Weiß hatte bei der Suchtausstellung mit einer Präventionsmaßnahme gerechnet, bei der einer sagt, was gut und was schlecht ist: "Aber von dem offenen Dialog mit ehemalig Betroffenen bin ich ganz begeistert." So ergeht es auch seinem Mitschüler Tom Schwarz: "Ich werde jetzt mit offenen Augen durch die Welt gehen und schauen, wo man anderen helfen kann."

Bis zum 3. Mai sollen rund 1000 Berufsschüler aus 38 Klassen dafür sensibilisiert werden, wie sich Alltagsgewohnheiten zu ungesunden Zwängen auswachsen können und Denkanstöße zu Wegen aus der Sucht erhalten.