Wie Gastregisseur Axel Sichrovsky die Coburger Erstaufführung von Sarah Kanes Schauspiel "4.48 Psychose" zum berührenden Erlebnis werden lässt.
Ausweglos. Alles ausweglos. Aus diesem Leben gibt es kein Entrinnen. Höchstens Momente, in denen die Illusion aufleuchtet, es gäbe vielleicht doch so etwas wie Glück. Doch die Illusion - sie vergeht nur allzu rasch. Und zurück bleibt: ein Mensch, gefangen in eingebildeten und realen Mauern, ruhig gestellt von Medikamenten.
Erschütternd und irritierend
Erschütternd, irritierend und doch packend - so schildert Sarah Kane in ihrem letzten Stück "4.48 Psychose" die Leiden eines psychisch kranken Menschen. Und erschütternd, irritierend und doch packend bringt Gastregisseur Axel Sichrovsky den postum uraufgeführten Text Sarah Kanes auf die Bühne der Coburger Reithalle.
Beklemmende Wirkung
Die ebenso gefeierte wie umstrittene Autorin, die immer wieder von depressiven Schüben heimgesucht wurde und 1999 Selbstmord beging, gewährt in dem stark autobiografisch geprägten Schauspiel einen Blick in die Innenwelt eines psychisch kranken Menschen.
Katrin Wittig hat dazu eine beklemmend stimmige Ausstattung geschaffen - einen wandelbaren Raum, der zum unentrinnbaren Gefängnis wird. Und Kostüme, die ironisch verfremdend wirken und doch auch zart poetische Akzente setzen.
Darsteller-Trio
Axel Sichrovsky verteilt den sperrigen Text auf ein Schauspieler-Trio, das in dieser ausweglosen Bühnenwelt um Flucht und Überleben kämpft. Flucht vor den eigenen Wahnvorstellungen. Sarah Kanes "4.48 Psychose" gestattet einen erschreckenden Blick in ein Zeitfenster - jene Zeitspanne von einer Stunde und zwölf Minuten , die zwischen zwei Medikamentenausgaben vergeht. Und ähnlich lang dauert die ohne Pause gespielte Aufführung.
Wahn und Wirklichkeit
Eva Marianne Berger, Solvejg Schomers und Valentin Kleinschmidt spielen diesen Ausbruchsversuch aus einer Welt zwischen Wahn und Wirklichkeit mit rückhaltlosem Einsatz und beklemmender Intensität.
Axel Sichrovskys Regie hütet sich zum Glück vor jeder naturalistischen Direktheit. Vielmehr bricht die Regie die bedrückende Kälte des beinahe leeren klinischen Raumes immer wieder auf, setzt auf fast slapstickartige Zuspitzung. Vor allem aber findet er überraschend poetische Bilder in einer Welt voller Todesangst und Todessehnsucht.