Rödentaler kämpfen weiter gegen Stromtrasse

2 Min
Ute Michel aus Weißenbrunn zeigt, wo die umstrittene Stromtrasse gebaut werden soll. Foto: Rainer Lutz
Ute Michel aus Weißenbrunn zeigt, wo die umstrittene Stromtrasse gebaut werden soll. Foto: Rainer Lutz

Das Planfeststellungsverfahren für die Höchstspannungsleitung durch das Coburger Land hat begonnen und die Gegner des Projekts rufen die Bürger auf, ihre Bedenken dazu einzubringen.

Seit gestern liegen die Pläne für die 380-kV-Leitung in allen betroffenen Kommunen zur Einsicht für die Bürger aus, und schon der erste Blick darauf empört die Gegner des Projekts. "Die Leute von Tennet haben am Froschgrundsee zwei Varianten in die Planung aufgenommen, die über die Brutkolonie der Reiher und die nahe am Dorf", wettert Ute Michel von der Bürgerinitiative gegen das Projekt. Die Ingenieure bauen damit vor. Gleich nach der Übergabe, der aus Thüringen kommenden Leitung stehen sie vor einem erheblichen Problem.

Bleiben sie mit ihrer Leitung auf der Seeseite der ICE-Brücke bei Weißenbrunn, halten sie den geforderten Mindestabstand zur Ortschaft ein, müssten aber die Horste der Graureiher überspannen, was sie eigentlich nicht dürfen. Auf der Ortsseite der Brücke unterschreiten sie den zulässigen Abstand zur Wohnbebauung. Dann kann die Stadt eine Erdverkabelung fordern, die aber technisch kaum machbar sein wird. So wurden beide Varianten in die Planung aufgenommen - laut Tennet in der Hoffnung, auf der Seeseite bleiben zu dürfen.

Anette Martin, Sprecherin der gebündelten Initiativen der Region gegen die geplante Leitung, betonte erneut, dass sie fest daran glaubt, die Leitung noch verhindern zu können: "Wenn alle Grundstückseigentümer die betroffen sind durch Maststandorte oder Überspannung und alle Bürger, die um ihre Gesundheit oder einfach um die Schönheit der Landschaft bangen, ihre Einwände geltend machen, dann können wir diese Leitung immer noch verhindern."

An Argumenten mangelt es den Gegnern nicht. Das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG), das die Rechte der Bürger auf Klage gegen solche Projekte einschränkt, verstößt ihrer Meinung nach gegen die Verfassung und sollte höchtsrichterlich überprüft werden. "Wenn jetzt geklagt wird kann ein Richter ja nur die Klage abweisen, weil es ein Gesetz gibt, das den Bau der Leitungen als rechtens festgelegt", schimpft Christine Pötsch-Lauer.
Als überflüssig erschient Gerd Heinlein aus Oberwohlsbach die Leitung schon deshalb, weil seiner Überzeugung nach die zentrale Versorgung mit Energie durch Großkonzerne bald der Vergangenheit angehören wird. Immer höhere Strompreise brächten immer mehr Menschen dazu, vom Kunden zum Erzeuger zu werden. Kleine und mittelständische Unternehmen würden zunehmend Strom vor Ort erzeugen und vermarkten. Dadurch wäre das Ende der Konzerne besiegelt: "Die haben jetzt schon verloren", ist er sicher.

Ein Hauptargument für die Leitung sei anfangs gewesen, dass sie benötigt werde, um Windstrom von der Ostsee nach Bayern zu transportieren. Anette Martin wies darauf hin, dass selbst Tennet-Geschäftsführer Martin Fuchs bei einer Veranstaltung in der Region dies als "Vorurteil" bezeichnete und erklärte, dass es auch um die bessere Anbindung bestehender konventioneller Kraftwerke an das deutsche Netz gehe.

Die Konzerne, so vermuten die Gegner der Trasse, seien bemüht, durch weitere Kohlekraftwerke am Netz für eine so hohe Grundlast zu sorgen, dass regenerativ erzeugter Strom immer öfter nicht eingespeist werden kann. So werde die oft beschworene Energiewende durch die Konzerne unterlaufen. Tatsächlich meldete die ostbayerische Presseagentur Obx vor wenigen Wochen: "Damit die Netze nicht zusammenbrechen, muss im Sommer immer öfter die mit Milliarden-Subventionen der Stromverbraucher produzierte Energie aus Solarzellen billigst ins Ausland verkauft oder an Nachbarländer verschenkt werden."

Vor allem Bayern seit betroffen. Solarkraftwerke im Freistaat würden bereits rund 5000 Megawatt Leistung liefern. Das entspricht der Leistung von drei modernen Kernkraftwerken. Dass die Leitung dringend gebaut werden müsse, damit sie fertig ist, wenn das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet wird, lässt Silke Michel nicht gelten. Die Weißenbrunnerin erinnert daran, dass dieses AKW bereits jetzt jedes Jahr für merhere Wochen abgeschaltet wird, wenn Wartungsarbeiten anfallen - ohne dass es zu Ausfällen in der Region kommt.

Besonders ärgert sie sich über IHK-Präsident Friedrich Herdan, der das Gutachten von Professor Lorenz Jarras, in dem er die Trasse als überflüssig bezeichnet hat, öffentlich als "hirnrissig" bezeichnete. "Er verlässt damit den Pfad einer halbwegs gesitteten Auseinandersetzung. Wir wollen ihm auf diesem Weg nicht folgen." In der kommenden Woche, so Michel, habe die Initiative Gelegenheit, ihre Bedenken Oberfrankens Regierungspräsident Willhelm Wenning vorzutragen.