Der Kampf gegen die 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung durch die Landkreise Coburg und Lichtenfels geht weiter. Bevor am Ostermontag ein großer Sternmarsch am Froschgrundsee (Stadt Rödental, Landkreis Coburg) startet, trafen sich die Gegner der Trasse noch einmal vor dem Rödentaler Rathaus.
Die Angst vor der 380-kV-Leitung und kein Ende... "Ob die Leitung jetzt ein paar hundert Meter auf dieser oder jener Seite verläuft, ist nicht wichtig. Wir wollen sie gar nicht. Weil sie nicht gebraucht wird" - mit solchen Worten ruft Anette Martin zum Widerstand gegen das Großprojekt.
Die Sprecherin der Interessengemeinschaft "Achtung Hochspannung" sah sich zur nunmehr achten Mahnwache, diesmal auf dem Bürgerplatz, trotz eisiger Kälte von rund 200 Bürgern umgeben. Sie verliehen damit ungebrochen ihrer Forderung Ausdruck, die Stromtrasse zu verhindern. Vor allem Betroffene aus Fornbach, Schönstädt oder Weißenbrunn sind es, die sich gegen die geplante 380-kV-Leitung wehren. Sie sehen darin aber nicht nur einen enormen Verlust ihrer Lebensqualität, sondern stellen die Notwendigkeit des gesamten Projektes grundsätzlich in Zweifel.
Für die Westtrasse - die scheint aus Sicht der Regierung von Oberfranken aufgrund der Bündelung mit Autobahn und ICE eher geeignet zu sein als die Osttrasse - steht das Planfeststellungsverfahren bevor. Nachdem dieses im Mai eröffnet wird, haben Bürger vier Wochen Zeit für Einsprüche. Sollten diese nicht den erhofften Erfolg bringen, bleibt nur noch eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht als einziger Instanz.
Ob Eon oder Tennet - für Wolfgang Weiß (Coburger Stadtrat von "Bündnis 90/Die Grünen") sind die Fakten immer gleich, wegen denen die Grünen diesen Neubau ablehnen. Weiß und seine Kollegen fordern ein unabhängiges Gutachten, um die Begründung "Windenergie" nachprüfen zu können. Weiß befürchtet aber, dass mit dem Bau der Leitung würden eher die Interessen der Stromkonzerne verwirklicht werden: "Mit der ungestörten Einspeisung von Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken und dem europaweiten Stromhandel Kohle scheffeln."
Weiß kritisierte in diesem Zusammenhang auch, dass per Gesetz das Beteiligungs- und Klagerecht für betroffene Kommunen und Bürger eingeschränkt wurde. Und er legte eine Alternative vor: Eine Stromleitung von Altenfeld über Goldisthal, Suhl, Schweinfurt nach Bergrheinfeld - auf vorhandenen Trassen.
Es ist noch genügend frei Anette Martin sprach unter anderem auch von den Ausgleichszahlungen. Diesen werden Kommunen, über deren Gebiet die Trasse führt, in Aussicht gestellt. Pro Kilometer sei von 40.000 Euro die Rede. "Geld, das sich die Netzbetreiber aber von den Bürgern wieder holen", sagte Martin. Noch immer, erklärte Martin unter dem Beifall der Demonstranten, sei von den Stromkonzernen die Notwendigkeit für die Leitung nicht nachgewiesen. Angeblich werde diese für Windenergie aus dem Norden gebraucht. Dabei gebe es nach dem Abschalten von Atomkraftwerken genügend freie Valenzen im Leitungsnetz. Werde die Leitung, fragte Martin, nicht eher für die Atomstromgeschäfte der Regierung mit Russland gebraucht. "Nicht wir sind die Verhinderer der Energiewende, sondern die Bundesregierung selbst."
Auf dezentrale Energieerzeugungstechniken will auch Dirk Malinowski den Fokus gerichtet sehen. Als Naturwissenschaftler ist er angetreten, um Zahlen auf den Tisch zu legen, fundierte Argumente gegen die Notwendigkeit dieser Leitung. "Bei 69 bis 2020 bereits genehmigten Kraftwerken in Deutschland und nochmals 15 Kraftwerken, die in Planung sind", sagt Malinowski, "muss ernsthaft gefragt werden, wer den diesen ganzen Strom verbrauchen soll."
Ostermarsch Unter dem Motto "Das Coburger Land und Thüringen sagen Nein zur geplanten 380 kV-Leitung" rufen die Bürgerinitiativen am Ostermontag zu einem Sternmarsch auf. Vom Treffpunkt, dem Großparkplatz am Froschgrundsee, soll um 14 Uhr zum Kundgebungsplatz (der Hütte der SG Rödental) gewandert werden. Dort beginnt um 15 Uhr die Mahnwache mit verschiedenen Reden.
Klar, die Provinz-Hausfrauen vom Land ohne Hochschulabschluss, ja gar ohne Abitur, können natürlich viel besser als zig Elektroingenieure etc. beurteilen, ob die Trasse notwendig ist oder nicht.
Ist ja auch total logisch - der Netzbetreiber hat einfach viel zu viel Geld auf der hohen Kante, das er u.a. durch den Trassenbau los werden möchte, obwohl diese ja gar nicht nötig wäre.
Head meets table!
Des weiteren wird angesprochen, es wäre ja "eine Stromleitung von Altenfeld über Goldisthal, Suhl, Schweinfurt nach Bergrheinfeld auf vorhandenen Trassen" möglich.
Ich habe versucht etwas über diese scheinbar vorhandenen Trassen herauszufinden. Das einzige, was ich fand war ein Artikel darüber, dass ursprünglich eine solche Trasse im Zuge des Netzausbaus geplant war, jedoch auf ihren Bau verzichtet wurde.
Es liegt also die Vermutung nahe, dass diese vorhandenen Trassen garnicht existieren bzw. nur solche Trassen existieren, welche nicht ausbaufähig sind. Korrigieren sie mich fals ich mich damit irre.
Zu guter letzt fallen mir die Aussagen von Herrn Malinowski ins Auge. Er behauptet, es gibt 84 genehmigte bzw. in Planung gefindliche Kraftwerke bis 2020. Außerdem gibt er zu bedenken, wer diesen Strom denn verbrauchen solle.
Die Antwort ist ganz einfach: Wir!
Und ich werde ihnen sagen, warum. Diese 84 Kraftwerke haben zusammen eine Leistung von 42.000 MW. Dazu sei allerdings gesagt, dass 10 dieser 84 Kraftwerke Pumpspeicher mit einer Leistung von ca 5.000 MW sind. Diese erzeugen keinen Strom sondern speichern ihn. Somit bleibt noch eine Restleistung von 37.000 MW. Diese ist ein weiteres Mal zu relativieren, denn 23 der verbleibenden 74 Kraftwerke sind Windkraftwerke und unterliegen somit gewissen Schwankungen. Die 37.000 MW sind somit ein Optimalwert, der aber keinesfals durchgehend erreicht wird.
Nun ist zu bedenken, dass alle AWKs bis 2022 abgeschaltet werden. Die deutschen AKWs haben eine Gesammtleistung von ca 17.000 MW. Es bleiben also 20.000 MW scheinbarer Überschuss im Vergleich zu heute.
Aber nur scheinbar!
Ein Kraftwerk bringt keinesfals dauerhaft die gleiche Leistung. Es altert und büßt Leistung ein. Außerdem weiß niemand, wie sich der Stromverbrauch in den nächsten 10 Jahren entwickeln wird. Daher ist es nötig, ständig neue Kraftwerke zu bauen um den Leistungsverlust durch Alterung von Kraftwerken zu kompensieren und evtl. steigenden Strombedarf zu erfüllen
Die zweite Behauptung ist, das Stromnetz werde gebaut um sich am Import von Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken zu bereichern.
Dazu sei gesagt, dass es eine Anfrage eines Russischen AKWs gab, Strom in die besagte Hochspannungsleitung zu speisen.
Wow! Die Anfrage eines einzelnen AKWs wird als das große Geschäft mit dem Atomstrom aus dem Ausland betitelt. Mal ganz im Ernst, wenn man sich wirklich im großen Stil durch Stromimport bereichern will, gibt es einfachere Wege, als russische Atomkraftwerke. Frankreich besitzt knapp 60 aktive AKWs und ist onehin europas größter Stromexportör. Wenn man massiv Strom importieren will, dann kauft man ihn in Frankreich. Und wenn dem so wäre, dass würden wohl kaum Nord-Süd-Trassen, sondern West-Ost-Trassen gebaut werden. Das, was dort durch ein russisches AKW eingespeist werden würde ist quasi ein Tropfen auf dem heißen Stein verglichen mit den Mengen, die die Offshore-Windparks produzieren. Und ansonsten gibt es eropaweit außer Russland keine Länder, die dank den Nord-Süd-Trassen nennenswert mehr Strom exportieren könnten.
Skandinavien lebt diesbezüglich quasi autark dank Wasserkraft und verkauft ledeglich Pumpspeicher-Kapazitäten an Deutschland, Osterreich hat wenig mit Stromexport am Hut, Italien ist selber vom Stromimport abhängig und die Schweiz ist ein Durchgangsland für den Stromexport von Deutschland nach Italien, was jedem klar sein sollte, wenn er bedenkt, dass in halb Italien die Lichter ausgehen, wenn die 380-kV-Leitung auf dem Lukmanierpass in der Schweiz schlapp macht.
Das Lieblings-Argument der Leitungs-gegner scheint zu sein nach wie vor zu sein, dass eine Notwendigkeit nicht nachgewiesen ist. Ich frage mich dabei jedes Mal, ob sich diese Leute überhaupt über die Eigenarten erneuerbarer Energien informiert haben.
Bisher sah es so aus: Energie wurde mittels fossiler Brennstoffe und Atomkraft dort produziert, wo sie benötigt wurde. Man betrieb ein Kohle-/Gas-/Atomkraftwerk in unmittelbarer Nähe von Industrieanlagen und Ballungszentren. In Folge dessen waren Höchstspannungsleitungen über längere Strecken einfach nicht von Nöten.
Heute versucht man den deutschen Energiemix dahingehend zu verändern, dass der Löwenanteil durch Ökostrom bereitgestellt wird. Die erste Eigenart dieser Energieform ist die Schwankung in der Verfügbarkeit. Jedem sollte klar sein, dass der Wind nicht immer bläst und die Sonne nicht immer scheint. Die zweite Eigenart ist, dass die besten Plätze zur Gewinnung erneuerbarer Energien in dünn besiedelten Gebieten wie z.B. Norddeutschland liegen. Ballungsräume wie Nürnberg oder München vor Ort durch Windkraft oder Solarparks zu versorgen so wie es z.B. Atomkraftwerke könnten ist schlicht unmöglich.
Aufgrund dessen ist auch die Behauptung "Es ist noch genügend frei" zwar richtig, aber völlig irrelevant. Durch das Abschalten der AKWs kann noch so viel Netzkapazität "frei" werden, das bringt alles nichts, wenn dieses frei gewordene Stromnetz vor 50 Jahren gebaut wurde, um den Strom eines einzelnen AKWs über vergleichsweise kurze Strecken zu transportieren.
Daher sind diese neuen Hochspannungsleitungen nötig!