Pokémon erobern die Coburger Veste

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Zwischen Ehrenmal und Fürstenbau hüpft ein Knofensa über den Rasen. So wird es dem Spieler im Handydisplay angezeigt. Weil sie dort solche und weitere virtuelle Tierchen fangen sowie Bälle gewinnen können, suchen mehr Leute die Veste auf als sonst.
Zwischen Ehrenmal und Fürstenbau hüpft ein Knofensa über den Rasen. So wird es dem Spieler im Handydisplay angezeigt. Weil sie dort solche und weitere virtuelle Tierchen fangen sowie Bälle gewinnen können, suchen mehr Leute die Veste auf als sonst.
Christian Hoffmann und Dirk Lenhart kommen aus Bad Rodach und wegen der Pokémon "mal wieder auf die Veste". Fotos: Oliver Schmidt
Christian Hoffmann und Dirk Lenhart kommen aus Bad Rodach und wegen der Pokémon "mal wieder auf die Veste". Fotos: Oliver Schmidt
 

Seit es Pokémon Go gibt, gehen Spieler überall auf Jagd. Das gab in Einzelfällen schon mal Ärger - auch in Coburg.

Pokémon-Jäger versuchen, mittels einer Leiter in den Hof der Veste zu kommen: So meldete es die Polizei am Wochenende. Ganz auszuschließen ist es nicht, aber Klaus Weschenfelder, Direktor der Kunstsammlungen in der Veste Coburg, hält das eher für Spekulation. "Sobald bei uns ein Gerüst steht, klettern Leute drauf, und in diesem Fall stand auch noch die Leiter da." Fest steht: Bis in den Burghof wären die Eindringlinge auf diesem Weg ohnehin nicht gekommen, denn auf der anderen Seite der Mauer mit dem Gerüst befindet sich ein Loch. Die Veste erhält einen Aufzug.

Bei Pokémon-Jägern in Coburg dürfte die Veste ganz oben auf der Liste stehen: Es gibt mehrere "Pokéstops" im Burghof - der Gedenkstein fürs 95. Thüringer Infanterieregiment, das französische Geschützrohr aus dem Jahr 1786 neben dem Eingang zu den Kunstsammlungen und noch einige mehr. Aber meist, so hat Klaus Weschenfelder es beobachtet, bleiben die Pokémon-Go-Spieler friedlich sitzen oder stehen. Sogar zwei Arenen sind auf der Burg vorhanden, beide (zumindest am Montagnachmittag) von den "Roten" besetzt. Und gegenüber vom Ehrenmal springt ein Knofensa über den Rasen. Das sehen aber nur die Spieler, die ihr Handydisplay in die richtige Richtung halten und nah genug dran sind.

Weschenfelder hat keine Ahnung, wie die Objekte aus dem Burghof zu Pokéstops wurden. Aber dass auf diese Weise neue Besucher auf die Veste gelockt werden, findet er nicht schlecht. "Das Spiel lädt dazu ein, die Umgebung zu erkunden", meint er. Selbst das Kriegerdenkmal in Cortendorf sei ein Pokéstop.

Die finden sich tatsächlich in der ganzen Stadt verteilt, vom Gedenkstein an den Beitritt von Coburg zu Bayern am Justizgebäude bis zu einem Graffito hinter der Post. Die Denkmäler von Ernst I. und Ernst II. gehören dazu, das Palais Edinburgh und die Casimir-Statue am Gymnasium Casimirianum.

Auch auf dem Friedhof Glockenberg scheint sich ein Pokéstop zu befinden. Zumindest hat es einen Fall gegeben, dass junge Leute des Friedhofs verwiesen wurden, weil sie eine Trauerfeier störten. Die Schulen seien daraufhin angeschrieben worden, auf die Schüler einzuwirken, dass sie auf dem Friedhof Rücksicht nehmen, bestätigt Klaus Anderlik, der Leiter des Amts für Schulen, Kultur und Bildung bei der Stadt Coburg.

Auch die Polizei nutzt die aktuellen Meldungen für die Bitte, bei der Pokémon-Jagd die Grenzen fremder Grundstücke zu beachten und "nicht Dinge zu zertrampeln". Das sei zumindest in einigen bayerischen Schlössern schon geschehen, sagt Matthias Müller, Leiter der Coburger Landesstiftung. In der Ehrenburg habe es noch keine derartigen Vorfälle gegeben. "Ganz so extrem sind wir nicht", sagen Christian Hoffmann und Dirk Lenhart. Die beiden streifen durch die Veste, die auf dem Handydisplay lediglich als glatter grauer Bereich dargestellt wird. Beide sind Pokémon-Go-Spieler der ersten Stunde; sobald das Spiel in Deutschland verfügbar war, haben sie es heruntergeladen. Er habe mit 14 Pokémon auf dem Gameboy gespielt, sagt Christian Hoffmann. "Das ist ein Kindheitstraum, der da in Erfüllung geht: rausgehen und Pokémon fangen." Er hat inzwischen Level 21 erreicht, Lenhart Level 20.

Einige Geschäftsleute haben schon versucht, die virtuellen Tierchen zu nutzen, um Menschen ins Geschäft zu locken. Das funktioniert dann, wenn ein Pokéstop in der Nähe ist - dort kann man als Spieler Lockmittel verteilen und so Pokémon anlocken. Die Jäger folgen. Sogar die Polizei in Rosenheim nutzte das Spiel schon zur Extra-Werbung für eine Präventionsveranstaltung. Thema: Der Umgang mit Pokémon-Go-Spielern. "Unser Kumpel hat eine Pizzeria. Wir haben auch schon ein paar mal Lockmittel eingesetzt und geschaut, was passiert", erzählt Christian Hoffmann. In Bad Rodach gehören der Bahnhof, der Marktbrunnen und eine Apotheke zu den Pokéstops.

Die Veste mit ihren Pokéstops hat solche Zusatzaktionen nicht nötig, meint Klaus Weschenfelder. In den Kunstsammlungen selbst wäre die Jagd nach den Pokémon ohnehin schwierig - und unnötig. "Die schönsten Dinge findet man nicht im Hof der Veste, sondern wenn man hineingeht: schöne Gläser, interessante Gemälde, historische Rüstungen."

Geschöpfe Pokémon stammen aus Japan, ihr Name ist vom Ursprung her englisch: Er steht für "Pocket Monster". In den 90er Jahren spielten viele Kinder begeistert Pokémon am Gameboy und sammelten Karten.

Spiel
Pokémon Go ist ein Spiel für Smartphones. Ziel des Spielers ist es, Pokémon zu fangen, zu trainieren und mit ihnen gegnerische Pokémon zu besiegen. Das bislang Ungewöhnliche dabei: Um Pokémon zu fangen, muss man sich draußen bewegen - in der realen Welt. Das Smartphone ermittelt, wo man sich befindet und zeigt an, ob Pokémon, Pokéstops oder Arenen in der Nähe sind.


Pokémon, Arenen, und was sind Himmihbeeren?


Pokéstop Ein Pokéstop kann alles sein - ein markantes Gebäude, ein Denkmal oder ein Brunnen. An Pokéstops können die Spieler Bälle zum Fangen der Pokémon oder andere Gegenstände finden, die im Spiel nützen.

Arena Hier treffen sich Spieler, um ihre Pokémon zu trainieren oder gegen Gegner anzutreten. Weltweit gibt es die Teams Rot, Gelb und Blau.

Außerdem Es ist nicht damit getan, wilde Pokémon zu fangen und zu trainieren. Spieler können auch Pokémon ausbrüten oder weiterentwickeln. Dabei helfen Dinge wie Sternenstaub, Bonbons oder Tränke. Um Pokémon anzulocken, kann der Spieler Rauch einsetzen; um ein wildes Pokémon leichter zu fangen, kann er es mit Himmihbeeren ködern.

Kosten Das Spiel (das Programm) selbst ist kostenlos. Aber wer seine Bälle verbraucht hat, Himmihbeeren oder andere Hilfsmittel benötigt, kann sie gegen Geld erwerben.

Mehr zum Spiel gibt es auf der offiziellen Website von Niantic.