Wie die OB-Kandidatin der CSU ihren eigenen Politikstil prägt - ganz unabhängig von ihren angriffslustigen Parteigenossen, und warum sie nicht auf die härtere Tonart ihres Medienberaters setzt.
Ein jeder meint es gut - mit ihr. Das weiß Birgit Weber. Die Oberbürgermeisterkandidatin der CSU ist eine Teamplayerin, wie sie immer wieder betont. Und so präsentiert sie sich in den vergangenen Wochen auch in den Zeitungen und in ihrem Web-Blog auf der Facebook-Seite des CSU-Kreisverbandes. Immer schön mitten drin in ihrem Team. Einem Team, das vorwiegend aus Männern besteht. Starken Männern. Männern, die gern ihre Stimme erheben und sagen, was zu sagen ist. Was zu tun oder zu lassen ist. Was wer wann wie geleistet hat. Vor allem.
Ob bei der Präsentation der Pläne für das Band der Wissenschaft, die Vorstellung der Ideen für das Post-Areal oder bei der Begehung von Beiersdorf, immer sind es die Männer, die der Oberbürgermeisterkandidatin scheinbar die Butter vom Brot nehmen.
Scheinbar nur, weil Birgit Weber ganz offensichtlich kein Problem damit hat, sondern es zu ihrer Politik gehört, anderen Raum zu lassen.
Jüngstes Beispiel ist die Wanderung durch den Callenberger Forst am vergangenen Wochenende. MdL Jürgen W. Heike nutzt den Spaziergang, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Stadt Coburg bei künftigen Stadtentwicklungsprojekten wieder mit Fördermitteln des Freistaates rechnen kann. Und verkündet anschließend im Gasthof "Zum Schwarzen Bären": "Das ist Birgits Verdienst! Die hat den Minister angesprochen und die Fördersituation im Spiegel der aktuellen und prognostizierten Finanzsituation hinterfragt."
Wahlkampf oder doch nicht? In einer Pressemitteilung geht Heike dann noch einen Schritt weiter in Richtung Wahlkampf.
Unter der Überschrift "Das Landestheater ist kein Wahlkampfthema" hebt er die richtige Verhaltensweise von Birgit Weber im Hinblick auf das Gespräch mit Söder hervor, kritisiert aber mit harschen Worten den Kandidaten der CSB. Ihm wirft er "Unkenntnis oder aber Wichtigtuerei" vor, weil dieser Herrn Söder "Dampf machen" wolle. Auch Jürgen Oehm, Vorsitzender des gastgebenden CSU-Ortsverbandes Coburg-Nord, sieht in der Wanderung eine Wahlkampfveranstaltung und wirft den amtierenden Bürgermeistern Norbert Tessmer und Hans-Heinrich Ulmann "körperliche und psychische Trägheit" vor.
Birgit Weber sieht die Winterwanderung ganz anders. In ihrem Blog schreibt sie: "Knapp 100 Menschen spazierten durch den Callenberger Forst zum Schwarzen Bären in Beiersdorf. Gewiss lag das weder an meinem Charme, noch an dem der CSU-Stadtratskandidaten oder herausragendem Interesse der Öffentlichkeit an Coburger Wahlkampfthemen.
Vielmehr dürfte der starke Zuspruch auf die Einladung der herzoglichen Hauptverwaltung zu einem naturkundlichen Exkurs und der Ankündigung einer VIP-Führung zurückzuführen sein. Denn wann bietet sich schon einmal Gelegenheit zu einem Ausflug mit einem Mitglied der Coburger Herzogsfamilie?"
Ist es Naivität, Bescheidenheit oder das Merkel-Prinzip, zu glauben einen Wahlkampf damit zu gewinnen, sich möglichst wenig selbst ins Rampenlicht zu setzen?
Beim Scrollen durch ihren Blog wird schnell deutlich: Birgit Weber hat ihre ganz eigene Methode, die durchaus von Selbstverständnis und Selbstbewusstsein geprägt ist. Am Tag nach der ersten öffentlichen Diskussion mit den anderen OB-Kandidaten schreibt sie: "Bei mir läuft in den Morgenstunden das Telefon Sturm. Viele haben wohlgemeinte Tipps für mich, wie ich mich im Wahlkampf noch besser ,verkaufen‘ könnte.
Inhaltlich konkreter - nicht so oberflächlich; stärker polarisieren - aber in den Aussagen unverbindlich bleiben; die politischen Wettbewerber härter angreifen; stets sachlich sein und auf persönliche Angriffe verzichten..." Jedoch seien die Ratschläge so unterschiedlich wie die Temperamente von Menschen.
Für Birgit Weber haben sie dennoch großen Wert: Sie zeigen ihr, wie viele Coburgerinnen und Coburger an ihrer Kandidatur Anteil nehmen und ihr Erfolg wünschen. "Das baut auf!" schreibt sie. Ansonsten hält sie es für sich, wie es der Liedermacher Reinhard Mey in seinem Song vom "Achtel Lorbeerblatt” so trefflich beschreibt: "Ich hör' was ein jeder zu sagen hat, und schweig' fein still. Ich setz mich auf mein Achtel Lorbeerblatt - und mache, was ich will!"
Kritikresistent? Klingt vielleicht auch ein bisschen kritikresistent.
Kann sie sich das wirklich leisten oder ist diese Haltung ihrer Erfahrung als Kreisvorsitzende geschuldet? Immerhin hatte sie die überaus schwierige Aufgabe, das aufgewühlte CSU-Rudel mit all seinen Alpha-Tieren wieder vor einen Schlitten zu spannen. Ein diplomatisches Lächeln hat ihr da jedenfalls mehr gebracht als Zähne zu fletschen. Birgit Weber erträgt und duldet das Knurren.
Unterschätzen sollte man sie nicht. Denn, wenn es sein muss, gibt sie den Ton an. Ihren Ton. Auch dazu ein Beispiel aus ihrem Blog vom 6. Februar: Nach einem "Großkampftag" mit Pressekonferenz zum neuen Wahlprogramm, dem Treffen mit Staatsministerin Melanie Huml in Bad Rodach, Frauen-Stammtisch in Coburg und der CSU-Kreisverbandssitzung, ist bei ihr zu lesen: "In der Nacht sitze ich über den Entwürfen zu den IHK-Wahlprüfsteinen. Vor Mitternacht komme ich nicht aus dem Geschirr.
Auf dem Heimweg habe ich eine Grundsatzdiskussion mit meinem Medienberater. Der will eine härtere Tonart gegenüber politischen Mitbewerbern anschlagen als ich es für angemessen halte.
Kein Gschmäckle! Kristallisationspunkt ist die ,Urlaubsaffäre‘ des Amtsinhabers, die für mich eigentlich keine ist. Am Abend erreicht mich die Nachricht, dass Norbert Kastner auf seinen Urlaubsanspruch - und damit auf dessen Ausbezahlung verzichtet. Mit dieser Entscheidung erweist der Amtsinhaber der Stadt und seiner Partei einen großen Dienst. Das verdient uneingeschränkten Respekt. Meinem Medienberater maile ich um 19.35 Uhr: ,Kastner verzichtet auf Urlaub und Geld!!!! Kein Geschmäckle!!! - LG Birgit Weber‘." Klingt nach einer starken Frau.