Ein Brief von Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, an Oberbürgermeister Norbert Tessmer bringt neue Dynamik in die Diskussion über den Umgang mit der Vergangenheit Max Broses. Nun soll es ein Treffen von OB, Brose-Enkel Michael Stoschek und Josef Schuster in Würzburg geben.
Es ist alles vorbereitet: In der nächsten Stadtratssitzung soll ein Beschlusstext vorgelegt werden, in dem es um den Firmengründer Max Brose, sein Wirken im Dritten Reich und den Umgang der Stadt mit dieser Vergangenheit geht. Michael Stoschek, Enkel von Max Brose, hatte "Objektivität und Fairness" gegenüber seinem Großvater eingefordert. Um eine Max-Brose-Straße, die der Stadtrat 2004 abgelehnt hatte, gehe es ihm nicht, hatte er in einem Gespräch mit Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) betont. Es gab eine vorsichtige Annäherung.
Dann kam Anfang der Woche ein Brief vom Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, beim OB an. "Ich habe höchste Bedenken gegen eine Straßenbenennung nach Max Brose geäußert", sagt Josef Schuster auf Tageblatt-Anfrage. Er wolle sich jedoch vor dem Treffen mit Norbert Tessmer und Michael Stoschek, das es als Reaktion auf den Brief gibt, nicht weiter äußern. Auf die Frage, ob er mit einer Rehabilitierung Max Broses ohne Straßenbenennung ein Problem hätte, antwortet Josef Schuster: "Das kommt darauf an, wie die aussehen soll. Mir geht es auch gar nicht um die Firma Brose. Doch jetzt warte ich erst einmal das Gespräch in der nächsten Woche ab."
Dem Schreiben des Präsidenten des Zentralrats der Juden war ein Brief des Coburgers Edmund Frey vorausgegangen. Er hatte sich an Josef Schuster gewandt und ihm mitgeteilt, dass in Coburg "70 Jahre nach der Befreiung die Ehrung eines NSDAP-Mitglieds und NS-Profiteurs durch OB und Stadtrat" geplant ist.
Edmund Frey weist im Folgenden darauf hin, dass Max Brose Mitglied der NSDAP, seit 1935 Präsident der IHK zu Coburg, Wehrwirtschaftsführer und 1935/36 "verstärkt aktiv in der Produktion für die Aufrüstung" war. 1944 habe der Reingewinn aus der Rüstungsindustrie bei 1,7 Millionen Reichsmark (17 Millionen Euro) gelegen. Und "im Wissen um das Foltern und Ausgrenzen jüdischer Bürgerinnen und Bürger" habe Max Brose die Mitgliedschaft in der NSDAP beantragt. "Ich empfinde eine solche Ehrung in Form einer Max-Brose-Straße als unerträglich und als ein Zeichen für mangelnden Respekt vor den Opfern", schreibt Edmund Frey. An seiner Meinung habe auch ein Gespräch mit dem Brose-Enkel, Michael Stoschek, nichts geändert. "Für Stoschek hat sein Großvater korrekt gehandelt."
Aus dem Coburger Rathaus gab es zum Brief von Josef Schuster keine offizielle Stellungnahme. Der Pressesprecher der Stadt, Michael Selzer, teilt aber mit, dass Oberbürgermeister Norbert Tessmer die Fraktionsvorsitzenden sowie Hans-Heinrich Eidt (FDP) und Klaus Klumpers (ÖDP) am Donnerstagabend zu einem Treffen eingeladen hatte. Dort informierte er sie über den Inhalt des Briefes vom Präsidenten des Zentralrats der Juden. "Damit war nicht zu rechnen", gesteht Michael Selzer ein.
Schließlich habe der OB den Fraktionsvorsitzenden den anfangs erwähnten Beschlussvorschlag für die Stadtratssitzung am Donnerstag, 26. März, vorgelegt. Doch auch dazu gab es im Vorfeld der Sitzung keine weitere Information. Nur so viel wollte Michael Selzer sagen: "Es geht darin um ein Stück Rehabilitierung von Max Brose."