Der Landesbund für Vogelschutz hatte zur Erkundung mit dem Forstbetrieb der Staatsforsten eingeladen - und es wurde offenbar Verständnis gepflanzt.
Forstleute rühmen sich, Erfinder der Nachhaltigkeit im Wirtschaften zu sein. Doch wie können sie sich ihres nachhaltigen Arbeitens denn so sicher sein? Das wollten Mitglieder der Coburger Kreisgruppe im Landesbund für Vogelschutz (LBV) schon recht genau wissen, die zu einer Exkursion mit Albert Schrenker, dem Leiter des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten, gekommen waren.
Vom "Berliner Platz" nahe Neu-Neershof ging es in den Lahmer Forst. Das Waldstück hatte Albert Schrenker ausgesucht, weil dort eine ganze Reihe praktischer Beispiele forstlichen Arbeitens gezeigt werden konnten. Wie das mit der Nachhaltigkeit so ist, lässt sich allerdings nicht so einfach erkennen. "Alle zehn Jahre wird eine Bestandsaufnahme gemacht. Dabei wird an bestimmten Punkten genau gemessen, welchen Zuwachs der Wald dort in den vergangenen Zehn Jahren erreicht hat", erklärte Albert Schrenker. Aus den Messergebnissen dieses Rasters wird dann hochgerechnet. So kann die Forstwirtschaft im Freistaat eindeutig belegen, dass stets weniger vom Rohstoff Holz entnommen wird, als nachwächst.
Dass diese Entnahme heute oft mit einer Erntemaschine, dem so genannten Harvester, geschieht, sehen Naturfreunde oft skeptisch. Eine dieser Maschinen konnte im Lahm sogar besichtigt werden.
Eine Lanze für den Harvester
Dass die Forstwirtschaft auf den Harvester nicht mehr verzichten möchte, hat jedoch viele Gründe, wie Schrenker erklärte. "Der Holzeinschlag mit der Motorsäge ist eine gefährliche Arbeit", sagte der Forstmann. Der Maschineneinsatz reduziere die Gefahr für die Forstarbeiter. Gleichzeitig würden die immer knapper werdenden Mitarbeiterstämme für andere Aufgaben dringender gebraucht als zum Fällen der Bäume. Natürlich spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle - die Maschine arbeitet deutlich günstiger. Was für Spaziergänger schlimm aussehen mag, die Gasse, auf der der Harvester gearbeitet hat und auf der überfahrenes Reisig am Boden liegt, dient dem Schutz des Bodens. Der Maschinenführer legt das Material aus der Entastung vor dem Fahrzeug ab, um so den Bodendruck der Räder bei der Überfahrt besser zu verteilen. Sehr große Bäume, wie erntereife Eichen beispielsweise, müssen aber nach wie vor von Menschenhand gefällt werden. Auch große Harvester können kaum Stämme mit mehr als 65 Zentimetern Durchmesser schneiden. Einige Eichenstämme lagen am Weg nahe dem "Berliner Platz". "Daraus wird Eichenparkett gemacht", erklärte Albert Schrenker.
Die Gassen, auf denen die Maschine vorgeht, können nicht zu eng beieinander gelegt werden. Im Bereich dazwischen, wo der Arm des Harvesters nicht hin reicht, sind ebenfalls die Waldarbeiter gefragt.
Die Fichte wird seltener
Der Forstbetriebsleiter führte die Naturfreunde zu einer Stelle, an der vor fast 30 Jahren die Stürme Vivian und Wiebke gewütet hatten. Dort war die Fichte reihenweise gefallen. "Es wurde ausschließlich Laubholz nachgepflanzt", sagte Schrenker und kam damit zum Thema Waldumbau. Habe man früher in Coburg von einem "Fichtenforstamt" sprechen können, sei in den vergangenen Jahren der Anteil an dieser Baumart auf etwa 40 Prozent reduziert worden. Der Durchschnitt für den Freistaat wird mit 42 Prozent Fichte angegeben. Ihr Anteil wird, wegen ihrer Empfindlichkeit für den Klimawandel weiter sinken. Davon ist auch Biologe Frank Reißenweber vom LBV überzeugt, sagt aber: "Das wird Jahrzehnte dauern."
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Bis dahin ist die Fichte weiter ein "Brotbaum" der Forstwirtschaft, betont Schrenker. Auf dem Holzmarkt ist Nadelholz stark nachgefragt. Der Preis dafür ist hoch. Dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt, ist der Hintergrund dafür, dass auf dem Nasslagerplatz in Rödental gerade mehrere Tausend Festmeter Nadelholz gelagert und durch besprühen mit Wasser konserviert werden. "Das Holz liegt da nicht, weil wir eine Käfer-Katastrophe oder hohe Sturmschäden hätten, sondern aus Solidarität für Forstbetriebe im Norden, die gerade hohe Mengen an Schadholz absetzen müssen", erklärte Albert Schrenker. So werde verhindert, dass zu viel Holz am Markt bereit steht und dadurch der Preis fällt.
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Naturschutz bleibt Ziel
Dass auch nach der Umwandlung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts die staatlichen Forstbetriebe in Bayern den Naturschutz nicht vergessen, zeigte Schrenker an einigen Beispielen. So wurde im Lahmer Forst ein alter Steinbruch freigeschnitten, damit Licht dort einfallen und Aufwuchs standorttypischer Pflanzen ermöglicht werden kann. An anderer Stelle ragt der einige Meter hohe Rest einer Fichte in den Himmel. Stehendes Totholz, das vielen Lebewesen als Grundlage dient. Auch einzelne Stämme und viele Giebel vom Laubholz bleiben teilweise liegen, um zu verrotten und so zum Erhalt der Artenvielfalt beizutragen.
Am Ende waren sich die meisten Teilnehmer wohl einig, dass Forstwirtschaft und Naturschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen.