Kontrolloffensive an Bahnübergängen im Kreis Coburg hat gefruchtet

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Anhalten, warten, weiterfahren - es ist eigentlich gar nicht so schwer, das richtige Verhalten an einem unbeschrankten Bahnübergang wie hier in Großwalbur. Dennoch brauchte es erst regelmäßige Kontrollen, ehe die Serie der Bahn-Unfälle im Coburger Land ein Ende fand. Foto: Berthold Köhler
Anhalten, warten, weiterfahren - es ist eigentlich gar nicht so schwer, das richtige Verhalten an einem unbeschrankten Bahnübergang wie hier in Großwalbur. Dennoch brauchte es erst regelmäßige Kontrollen, ehe die Serie der Bahn-Unfälle im Coburger Land ein Ende fand. Foto: Berthold Köhler

Die Coburger Polizei ist zufrieden mit der Entwicklung an der Bahnstrecke Richtung Bad Rodach. Dennoch wird sie auch weiterhin ein Auge darauf werfen, mit welcher Geschwindigkeit die Autofahrer auf Andreaskreuze zufahren.

Warum es im Landkreis immer wieder an Bahnübergängen kracht? Ulrich Boßecker, Verkehrsfachmann bei der Coburger Polizeiinspektion, wüsste gerne eine pauschale Antwort auf diese Frage: "Das ist mir und den Kollegen regelmäßig unerklärlich." Beim individuellen Blick auf die acht Unfälle, die sich in den vergangenen Jahren - ausschließlich an der Bahnstrecke nach Bad Rodach, übrigens - ereignet haben, wird dann aber schon klar: Mangelnde Aufmerksamkeit hat immer eine Rolle gespielt.

Nach sechs Unfällen und 50.000 Euro Sachschaden binnen kurzer Zeit schritt die Polizei im Frühjahr ein und startete eine vier Wochen lange Kontroll-Offensive. Ulrich Boßecker hat die Zahlen vorliegen: 123 Beanstandungen registrierte die Polizei bei den Kontrollen mit Schwerpunkten in Wiesenfeld, Großwalbur und Birkenmoor. Das ist ganz schön viel, deshalb ist für Boßecker und seine Kollegen inzwischen klar: "Wir müssen da immer wieder mal hin." Die Verkehrspolizei wird dabei auch die Laserpistole einsetzen, weil viele Autofahrer offensichtlich mit viel zu hoher Geschwindigkeit die Bahnlinien queren. Auch für diese These hat der Polizeihauptkommissar Belege: "In Großwalbur haben wir einen Verkehrsteilnehmer mit 79 Kilometern pro Stunde am Bahnübergang erwischt." 30 Kilometer pro Stunde sind dort erlaubt.


Zahl der Verstöße ist gesunken

Nach den vier Wochen langen "Intensiv-Kontrollen" scheint sich die Lage gebessert zu haben. Ulrich Boßecker jedenfalls hat den Eindruck, dass die Zahl der Verstöße an Bahnübergängen "nicht mehr so extrem" ist. Dass es dennoch zuletzt wieder zwei Unfälle gab, ist für Verkehrssachbearbeiter der Coburger Polizei eine Verkettung unglücklicher Umstände. Im Bad Rodacher Wiesenweg stieß ein langsam fahrender Pkw mit einem Zug zusammen - an einem kaum frequentierten Bahnübergang, der eigentlich fast nur von Anliegern genutzt wird. Weil der Zug Richtung Bad Rodach unweit des Bahnhofes dabei sowieso schon recht langsam unterwegs war, hielt sich der Schaden in Grenzen: Er lag bei rund 2000 Euro.

Heftiger krachte es dann Ende April am Bahnübergang "Fuchsmühle" am Fuße des Fuchsberges - einer Stelle, an der die Coburger Polizei ebenfalls nie und nimmer mit einem Unfall gerechnet hätte. Ulrich Boßecker erklärt warum: "Der Übergang liegt neben der Staatsstraße und ist nur über eine enge Kurve zu erreichen." Deshalb könne ein Autofahrer auch gar nicht zu schnell die Bahnstrecke queren. Bei diesem Unfall, bei dem ein Verkehrsteilnehmer schwer verletzt wurde, dürfte wohl eher Unaufmerksamkeit die Ursache gewesen sein.


Wäre greller nicht besser?

Zufassend sagt Ulrich Boßecker deshalb voller Überzeugung: "Wir sind mit der Kontrollaktion und den Ergebnissen sehr zufrieden." Dennoch wird es auch künftig regelmäßig Kontrollen an der Bahnstrecke nach Bad Rodach geben.

Außen vor sind bei der Suche nach Schuldigen auf jeden Fall die Lokomotivführer. Ulrich Boßecker verweist darauf, dass diese vor allen Unfällen "nachweislich" die Warnhupe des Zuges erklingen ließen. Auch von der Geschwindigkeit her sei alles im grünen Bereich gewesen.

Apropos: grün. Dass eine grellere Farbe für die Züge eventuell Unfälle verhindern könnte, ist für Ulrich Boßecker eine Theorie, die bei ihm erst einmal ein leises Aufstöhnen auslöst. "Das", sagt der Verkehrsfachmann dann, "ist was, was man wohl mal wissenschaftlich untersuchen müsste."


Zahl der Bahnübergänge sinkt rasant

Für die Bahn ist die Sicherheitsdebatte nicht neu. Kritikern tritt sie zunächst mit nackten Zahlen entgegen: In Bayern wurde in den zurückliegenden 25 Jahren die Zahl der Bahnübergänge halbiert, von 7000 auf aktuell rund 3500. "Teilweise wurden sie durch Unter- oder Überführungen ersetzt, teilweise dauerhaft geschlossen", sagt ein Bahnsprecher. Dass im Freistaat jedes Jahr immer noch die meisten Unfälle passieren, hänge schlicht damit zusammen, dass Bayern mit Abstand die meisten Übergänge aufweist. Der Bahnsprecher unterstreicht, dass in über 90 Prozent der Fälle durch richtiges Verhalten der Fahrzeuglenker und Fußgänger Unfälle hätten vermieden werden können.

Das bestätigt Barbara Mauersberg, Sprecherin des Vereins "Allianz pro Schiene": "Straßenverkehrsteilnehmer müssen nach dem Verursacherprinzip sensibilisiert und aufgeklärt werden." Erschreckend: Vielen Verkehrsteilnehmern ist die Bedeutung des Andreaskreuzes und der Sicherungsanlagen nicht richtig bekannt. Das belegen diverse Umfragen, wie eine im Auftrag der DB durchgeführte-Studie mit 2500 Bundesbürgern. So stimmte etwa fast ein Viertel der Befragten zu, dass ein rotes Blinken am Bahnübergang dem Gelb der Ampel entspricht und ein Anhalten demnach nicht erforderlich sei. Auch bei Fußgängern sieht es nicht viel besser aus: Immer wieder überqueren sie trotz geschlossener Schranken die Gleise.

Prinzipiell, so der Bahnsprecher, sei ein Bahnübergang eine Kreuzung zweier Verkehrswege, dementsprechend gibt es immer zwei Verantwortliche: Straße und Schiene. Beide müssten zusammen über zusätzliche Sicherungsmaßnahmen entscheiden und die Kosten tragen. Generell ist man auch seitens der Deutschen Bahn davon überzeugt: "Der beste Bahnübergang ist der, den es nicht gibt."