Klaus Schneider unterrichtet Flüchtlinge in Coburg

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Klaus Schneider ist davon überzeugt, dass die Schüler seiner Klasse eine gute berufliche Perspektive in der Region haben. Foto: Helke Renner
Klaus Schneider ist davon überzeugt, dass die Schüler seiner Klasse eine gute berufliche Perspektive in der Region haben. Foto: Helke Renner

Volkshochschule und Berufsschule I kooperieren bei der Ausbildung junger Geflüchteter.

Wenn Klaus Schneider von "seinen" Schülern redet, dann gerät er fast ins Schwärmen. "Sie sind hoch motiviert und einige von ihnen bewegen sich eher auf dem Niveau von Gymnasiasten oder Studenten." Seine Schüler, das sind junge Männer und auch einige Frauen, die aus ihrer Heimat vor Krieg, Terror, Verfolgung und Armut geflüchtet sind und zurzeit in Coburg leben. Als Sozialpädagoge und Mitarbeiter der Volkshochschule unterrichtet er sie an der Berufsschule I am Plattenäcker in deutscher Sprache und begleitet sie auf ihrem Weg in die Berufstätigkeit. Dabei gibt es in der Regel wenig Probleme. "Die Firmen haben einen großen Bedarf an Arbeitskräften."

Am Plattenäcker werden die jungen Geflüchteten als Maschinenführer, Industrieelektriker, Schreiner, Maler, Lackierer, aber auch für den Service, das Gastgewerbe oder den Bau ausgebildet. Diese Berufsgruppen seien gefragt. Umso enttäuschender ist es für den Lehrer, aber auch für die zukünftigen Arbeitgeber, wenn plötzlich der Abschiebungsbescheid kommt, vor allem für Flüchtlinge aus Afghanistan oder den Maghreb-Staaten.


Ausgereist und wieder eingereist

Auch ein Ehepaar aus der Ostukraine, die Klaus Schneider unterrichtet hatte, stand im vergangenen Jahr vor der Entscheidung, freiwillig zurück in die Heimat zu gehen oder auf die Abschiebung zu warten. Die beiden waren nach Deutschland geflüchtet, weil sie angesichts schwerer Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und dem ukrainischen Militär in ihrem Land nicht mehr sicher leben konnten. An der Berufsschule I absolvierten sie ihr Integrationsjahr und machten eine Ausbildung zur Industriekauffrau und zum Elektroniker. "Beide hatten bereits eine Stelle, als 2016 der Bescheid kam, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde", erzählt Klaus Schneider. Ihnen sei aber zugesagt worden, dass sie bei der deutschen Botschaft in Kiew erneut eine Einreise beantragen könnten, falls sie Deutschland freiwillig verlassen. Würden sie abgeschoben, drohe ihnen eine Sperre von fünf Jahren. Also gingen die beiden freiwillig, wandten sich an die deutsche Botschaft und erhielten tatsächlich einen Einreisestempel für drei Jahre." Jetzt sind sie wieder da und arbeiten bereits bei Kaeser und Lasco." Ein gutes Ende, auch wenn die beiden ein Jahr verloren haben.

Wie es nach Ablauf der Aufenthaltsfrist weitergeht, weiß Klaus Schneider auch nicht, aber er ist zuversichtlich, dass die Ukrainer bleiben können. Die Firmen brauchten sie, und das sei ein starkes Argument - möglicherweise auch für die anderen Schülerinnen und Schüler, die ihre Zukunft in der Region Coburg sehen. Zwei sogenannte Vorklassen und zwei Übergangsklassen werden durch die VHS und Berufsschule I derzeit unterrichtet. Angefangen hatte alles bereits im Herbst 2014. "Da wurde die Schule beauftragt, Flüchtlingsklassen einzurichten." Los ging es mit 16 Schülern, unter anderem aus dem Irak, aus Syrien, Pakistan, Eritrea, Marokko. Im Frühjahr 2015 stieg ihre Zahl auf 20. "Sie waren minderjährig und die Erfüllung der Schulpflicht nach deutschem Gesetz eine wichtige Aufgabe." Anfangs habe es nicht einmal Lehrpläne gegeben. Die jungen Leute sollten einfach irgendwie auf das Leben in Deutschland vorbereitet werden. Von seiner Frau wusste Klaus Schneider, dass es in Bamberg eine funktionierende Zusammenarbeit von Volkshochschule und Berufsschule gibt. Er regte diese Kooperation auch in Coburg an und schrieb mit an einem Konzept, das schließlich genehmigt wurde. Nun unterrichtet er selbst, kümmert sich um die Akquise von Praktikumsstellen und hat offensichtlich Spaß an der Arbeit. "Es ist einfach toll zu sehen, wie die Schüler in einer guten Gemeinschaft lernen und Fortschritte machen", stellt er fest.

Dabei werde den jungen Leuten viel abverlangt. In der Regel verbringen sie 37 Stunden in der Woche mit Deutschunterricht, Berufstheorie und -praxis, manche sogar 45 Stunden. Dazu müssten sie aber auch selbstständig noch lernen. Die meisten seiner momentan 17 Schüler machten das sehr gut, lobt sie ihr Lehrer. "Ihre Noten sind oft besser als die der deutschen Schüler." Daneben müssten sie ihr Leben außerhalb der Schule meistern. Nicht ganz leicht in einem völlig fremden Land. Viele der jungen Geflüchteten hätten psychische und körperliche Probleme. Doch ihre starker Wille, ihre Motivation komme ihnen immer wieder zugute. "Sie verbessern sich ständig", sagt Klaus Schneider. Immerhin hätten im ersten Jahr seit Einrichtung der Flüchtlingsklassen acht Schüler den qualifizierenden Hauptschulabschluss geschafft, im zweiten Jahr elf. Viele haben den Mittelschulabschluss erreicht. Die anderen seien als Jungarbeiter in verschiedenen Betrieben beschäftigt.


Schneider: Wir brauchen dringend ein Einwanderungsgesetz

Für 18 Schulabgänger sei daraufhin ein Ausbildungsplatz gefunden worden. Doch sechs von ihnen hätten keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. "Das ist schade für sie, für uns und für die Arbeitgeber, die sie gern übernommen hätten." Deshalb betont Klaus Schneider noch einmal: "Wir brauchen dringend und so schnell wie möglich ein Einwanderungsgesetz."