Kahlschlag an der Itz in Coburg

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Abgeholzt und freigeräumt: In den vergangenen Wochen sind Bäume und Strauchwerk entlang der Itz zwischen Dammweg und Fußgängersteg entfernt worden. Foto: Christoph Winter
Abgeholzt und freigeräumt: In den vergangenen Wochen sind Bäume und Strauchwerk entlang der Itz zwischen Dammweg und Fußgängersteg entfernt worden.  Foto: Christoph Winter

Naturfreunde sind entsetzt: Im Bereich Dammweg ist das Flussufer kräftig gerodet worden. Doch das Wasserwirtschaftsamt hat gleich mehrere Begründungen.

Für das Wasserwirtschaftsamt Kronach ist es eine normale Pflegemaßnahme, für Horst Schunk ein veritabler Verstoß gegen die Coburger Baumschutzverordnung. In den letzten November- und ersten Dezemberwochen hat die Kronacher Behörde beide Ufer an der Itz zwischen dem Dammweg und der Fußgängerbrücke am Vorderen Floßanger gerodet. Auf einer Länge von rund 450 Meter sind die Weiden "auf Stock" gesetzt und das Unterholz entfernt worden. Darunter waren auch mächtige Bäume mit einem Stammdurchmesser von reichlich einem Meter.


Alte Weiden drohten umzustürzen

"Durchgängig begrünte Ufer gehören zu den wichtigsten zusammenhängenden Grünbereichen einer jeden Kommune. Sie aufzureißen, zu dezimieren, kann nur als schädlich angesehen werden", so der engagierte Baumschützer. Grüne Lebensräume gingen nicht nicht nur für die Menschen und deren Erholung verloren, auch zahlreiche Tiere verlören ihre Lebensbereiche. "Es handelt sich dabei auch um die fehlende, grundsätzliche Wertschätzung für das Grün entlang der Gewässer", so Horst Schunk

"Es waren einige sehr alte Weiden darunter", erklärt dazu Hauptflussmeister Erwin Wachter auf Anfrage. Er hat mit seinen Mitarbeitern das Ufer der Itz dort gerodet. "Einige Stämme hatten einen völlig verfaulten Kern. Diese Bäume hätten auf Gebäude stürzen können", verweist Wachter auf die Verkehrssicherungspflicht des Wasserwirtschaftsamt, das als Grundstücksbesitzer des Flusses habe handeln müssen. "Die auf Stock gesetzten", also knapp über dem Boden abgesägten Bäume, "werden wieder austreiben. Im nächsten Jahr wird man von der Rodung kaum mehr etwas sehen", prophezeit Wachter.

Uferbäume könnten auch den Hochwasserschutz massiv beeinträchtigen, argumentiert der Hauptflussmeister weiter. Schließlich könnten die in den vergangenen Jahrzehnten dort an der Itz gebauten Hochwasser-Schutzmauern "als technische Einrichtungen die Hochwasserfreilegung nur garantieren, wenn die Uferzonen nicht völlig bewachsen sind". Vor zwei Jahren sei die Vegetation unterhalb des Fußgängersteges zurückgeschnitten worden, "davon bemerken Sie heute nichts mehr". Im kommenden Jahr, so kündigte Erwin Wachter an, werde ein etwa ein- bis eineinhalb Meter breiter Streifen an diesem Flussabschnitt frei geschnitten. Mit der Rodung seien zwei "zugewucherte" Unterhaltungswege, die In die Itz führen, wieder zu benutzen. Schließlich sei an dieser Stelle die Itz vom Geh- und Radweg wieder sichtbar. Der Hochwasserschutz am Itzufer entlang der Sportplätze soll in den nächsten Jahren weiter verbessert werden.

Hingegen kritisiert Schunk, "dass naturnahe Ufer bei vielen Kommunalpolitikern als wertlos und vertane Chancen der Entwicklung gelten." Er hat neben der Unteren Naturschutzbehörde auch deren übergeordnete Dienststelle bei der Regierung von Oberfranken informiert.

Aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde, die beim Grünflächenamt der Stadt Coburg angesiedelt ist, gab es keinen Verstoß gegen die Baumschutzverordnung der Stadt. Werner Pilz: "Das Wasserwirtschaftsamt hat uns vorher über die Arbeiten informiert."


Kommt ein "stummer Frühling"?

Derweil hat sich zu dieser Angelegenheit auch der ehemalige Pfarrer Karl-Heinz Lipp ans Tageblatt gewandt. Er frage sich, so schreibt er, wo im nächsten Jahr die Vögel nisten können. In den 70er-Jahren habe es einen Bestseller mit dem Titel "Der stumme Frühling" gegeben: Darin wird beklagt, dass durch die industrialisierte Landwirtschaft den Vögeln und anderen Kleintieren der Lebensraum genommen werde - durch Entfernung der Hecken und durch den Einsatz von Chemie. Karl-Heinz Lipp dazu mit Blick auf das gerodete Itzufer in Coburg: "Bei uns in Europa hat sich eigentlich mehr und mehr die Einsicht durchgesetzt, dass es so weit nicht kommen darf. Wir wollen keinen stummen Frühling - auch nicht in den Städten!"