Jeder achte Coburger Arbeitnehmer macht "Hirndoping"

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Jessika Hennig
Jessika Hennig
 
Matthias Gabeli
Matthias Gabeli
 
Dieter Weinig
Dieter Weinig
 

Die DAK Corburg legte einen Gesundheitsreport vor. Daraus geht hervor, dass die Gesamtzahl der Krankentage zwar abnimmt, aber immer mehr Beschäftigte meinen, nur mit verschreibungspflichtigen Medikamenten den Berufsalltag meistern zu können. Die Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt laut den Untersuchungen der Krankenkasse deutlich zu.

Der Krankenstand in Coburg ist 2014 gesunken, wie Dieter Weinig und Matthias Gabeli von der DAK in einem Pressegespräch erläuterten. Mit 3,7 Prozent gab es jedoch in der Region Coburg einen höheren Krankenstand als im Landesdurchschnitt (3,4 Prozent).

Spitzenreiter ist die Region Bayreuth mit 4,2 Prozent. Am besten schneiden Starnberg mit 2,6 und München mit 2,8 Prozent ab. Eine weitere Aussage aus dem DAK-Gesundheitsreport ist, dass die Ausfalltage aufgrund von Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent zurückgingen. Von 1000 Arbeitnehmern waren an jedem Tag 37 krankgeschrieben.

Die meisten Ausfalltage erfolgten wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen. Diese Diagnose war trotz Rückgangs um 13 Prozent für fast jeden vierten Fehltag verantwortlich. Zehn Prozent Rückgang gab es auch bei Verletzungen und Vergiftungen. An Atemwegssystem erkrankten 4,4 Prozent und an Krebs 5,2 Prozent. Bei letzterem haben die Fehltage zugenommen, was den zweithöchsten Zuwachs ausmacht.
Bei Infektionen ist eine erfreuliche Abnahme der Fehltage zu verzeichnen. "Wir informieren regelmäßig über den Krankenstand in Coburg, um so Impulse für das Gesundbleiben und Gesundwerden zu geben", sagt Dieter Weinig.

Sorge bereiten die psychischen Erkrankungen, deren Häufigkeit und Dauer zugenommen haben. In einer Studie hat die DAK 5000 Mitglieder repräsentativ befragt.

Das Fazit ist, dass in Bayern 117 000 Beschäftigte mindestens zweimal im Monat verschreibungspflichtige Medikamente ohne medizinische Notwendigkeit zu sich nehmen, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder um Stress abzubauen. Dieser aktuelle Trend "Hirndoping im Job" ist alarmierend", so Gabeli, der hinzufügte: "Die Gefahr von Abhängigkeit und Nebenwirkungen besteht."

Bis zu 926 000 Erwerbstätige (einschließlich einer Dunkelziffer) hätten wenigstens einmal "Hirndoping" betrieben, das sind 12,9 Prozent. Die Fehltage durch psychische Erkrankungen in Bayern sind im Zeitraum von 2000 bis 2014 um 86 Prozent gestiegen.

Auslöser sind meist hoher Leistungsdruck und Stress. Der Griff zur Pille erfolgt, um Hirnfunktionen wie Erinnern, Wachheit oder Konzentration zu steigern, aber auch um das psychische Wohlbefinden zu verbessern und um Ängste und Nervosität abzubauen. Häufig werden dafür Betablocker und Antidepressiva, aber auch Wachmacher und ADHS-Pillen missbräuchlich eingesetzt. Das sind Medikamente, die zu 54 Prozent von einem Arzt über Rezept verordnet werden. Im DAK-Report wurde auch festgestellt, dass vor allem Erwerbstätige mit einfachen Jobs gefährdet sind, nicht primär Führungskräfte oder Kreative.

Männer setzen Hirndoping eher zur Verbesserung ihrer Leistung ein, während Frauen es zur Stimmungsverbesserung oder zum Abbau von Ängsten einsetzen.

Die Motive für das Hirndoping sind vielfältig, betont Gabeli: Prüfungen, wichtige Verhandlungen, schwierige Gespräche, besserer Schlaf, aber auch Energie für Privates.

Ausdrücklich warnte Jessika Hennig, Oberärztin an der Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, vor missbräuchlicher Verwendung von Rezepten: "Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit ist auch durch richtige Ernährung, Sport, wenig Alkohol und nicht zu viel Kaffee zu erreichen." dav