ICE-Systemhalt Coburg ist Sache der Region

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Foto: Jochen Berger
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Gutachter Bernhard Keppeler
Gutachter Bernhard Keppeler
 
Gast der Präsentation und ebenfalls Kämpfer für den ICE-Systemhalt: Gerd Weibelzahl.
Gast der Präsentation und ebenfalls Kämpfer für den ICE-Systemhalt: Gerd Weibelzahl.
 
Ralf Pieterwas und Peter Traut (IHK Südthüringen) im Gespräch mit Harald Scheler (Schenker).
Ralf Pieterwas und Peter Traut (IHK Südthüringen) im Gespräch mit Harald Scheler (Schenker).
 
 
 
 

Wenn die Region von der ICE-Neubaustrecke profitieren soll, dann muss Coburg ins ICE-Netz eingebunden werden. Einen ICE-Halt in Bamberg würden bei weitem nicht so viele Fahrgäste aus dem Raum Coburg nutzen.

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"Belastbare Zahlen": Die wollte Coburgs IHK-Präsident Friedrich Herdan haben, um für einen ICE-Systemhalt in Coburg kämpfen zu können. Und die liegen jetzt offenbar vor: Am Mittwoch präsentierte Bernhard Keppeler, Geschäftsführer der Gesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrsberatung (GVS) aus Hannover die "Potenzialanalyse für den ICE-Systemhalt Coburg" in den Räumen der IHK vor Kammer- und Regierungsvertretern, Verkehrsexperten und Lokalpolitikern.

Das Gutachten wurde vergangenen Freitag Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) übergeben. Der zeigte sich gebührend beeindruckt, denn wenn es nach den von Keppeler berechneten Zahlen geht, dann bringt Coburg allemal die geforderten Fahrgastzahlen für einen ICE-Systemhalt.

1140 Menschen würden pro Tag in Coburg in einen ICE ein- oder um- beziehungsweise aussteigen, hatte die GVS errechnet. Dabei war sie von acht Zugpaaren am Tag ausgegangen - bei Zughalten alle zwei Stunden in jede Richtung (Erfurt beziehungsweise Nürnberg).

Und dafür muss noch nicht einmal ein zweites Gleis zwischen Creidlitz und dem Coburger Hauptbahnhof gebaut werden. Keppeler war für seine Berechnung lediglich davon ausgegangen, dass am Bahnhof ausreichende Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen und alle Nahverkehrszüge als ICE-Zubringer nach Coburg fungieren, so, wie es derzeit in Lichtenfels der Fall ist. Unter der Annahme, dass es einen Schnellbus nach Eisfeld (und damit zum südthüringischen Ast der Werrabahn) oder gar einen Schienenlückenschluss nach Eisfeld gibt, steigt die Zahl der möglichen Fahrgäste auf 1210 beziehungsweise 1240.

Schulterschluss suchen

Mit diesen Zahlen im Rücken wollte Herdan am Mittwoch um den regionalen Schulterschluss werben, um die Bahn von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass der ICE alle zwei Stunden in jede Richtung in Coburg halten muss. "Wir Coburger allein werden gar nichts bewirken."

Zumindest der Unterstützung seiner IHK-Kollegen kann er sicher sein, wie Wolfram Brehm (IHK Bayreuth) und Peter Traut, Präsident der IHK Südthüringen, betonten. "Kulmbacher oder Bayreuther würden nie nach Bamberg fahren, um in den ICE zu steigen", sagte Brehm. "Jetzt liegt es an der Politik, hier Entscheidungen zu fällen und den Zwei-Stunden-Takt zu beschließen", meinte Peter Traut.

Freilich: So leicht kann die Politik dem Unternehmen Bahn nicht hineinreden. Immerhin ist sich Herdan sicher, dass er schon etliche wichtige Politiker auf die Seite des ICE-Systemhalts gezogen hat, von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bis eben zu Bundesverkehrsminister Dobrindt. Belastbar seien die Zahlen der Fahrgast-Potenzialanalyse, versicherten Herdan und Keppeler: Als Grundlage dienten die Daten, die auch beim Bundesverkehrswegeplan angesetzt werden.

"Wenn die Bahn die gleichen Zahlen hat, warum kommt sie dann nicht auf die gleichen Ergebnisse", wunderte sich Stadtratsmitglied Klaus Klumpers (ÖDP). Die Bahn will nach derzeitigen Planungen nur morgens und abends je einen ICE in jede Richtung in Coburg halten lassen und erwartet dafür insgesamt 190 Fahrgäste - der "Nullfall". "Die haben vermutlich nur auf die Tagesrandlage geschaut und nichts weiter untersucht", mutmaßte Herdan.

Beim Fahrgastpotenzial sind auch (internationale) Gäste der in der Region ansässigen Firmen berücksichtigt. Da kommen zu bestimmten Anlässen schon mal 120 am Tag, wie Werner Wohl von der Firma Kaeser sagte. "Die reisen mit dem Flugzeug nach Frankfurt oder München und nehmen dann das Auto, weil sie bis Coburg nicht mehrmals umsteigen wollen."

Puffer und Lückenschlüsse

Braucht die Region für den ICE-Systemhalt auch den Lückenschluss nach Südthüringen? Diese Frage beantwortet das Gutachten zum Fahrgastpotenzial für einen ICE-Systemhalt Coburg bewusst nicht. Experte Bernhard Keppeler geht zwar davon aus, dass ein Bahn-Lückenschluss täglich rund 100 Fahrgäste aus Südthüringen zum ICE bringt. Inwieweit sich damit der Bau eines solchen Lückenschluss rechnen würde, lässt sich nur schätzen: Zehn Prozent der Fahrgäste sitzen durchschnittlich in einem Nahverkehrszug, weil sie einen Fernzug erreichen wollen. Da ergibt eine simple Dreisatzrechnung, dass nach einem Schienenlückenschluss täglich 1000 Fahrgäste in und aus dem Coburger Raum reisen würden.

Die Bahn geht davon aus, dass der ICE auf der Neubaustrecke ohne Zwischenhalt 75 Minuten von Erfurt nach Nürnberg braucht. Zumindest auf diesen Wert konnte Gutachter Bernhard Keppeler sich stützen. Alles weitere musste er berechnen, denn "die Bahn mauert bei Zahlen". Deshalb setzte Keppeler nur Reisegeschwindigkeiten von 230 Stundenkilometern an, auch, wenn die ICE auf der Neubaustrecke viel schneller fahren können.

Hält der Zug zwischen Erfurt und München in Bamberg und Erlangen, dauert die Fahrt 79 Minuten, bei einem Halt in Coburg statt in Erlangen 87 Minuten, weil der Zug dafür von der Neubaustrecke abweichen muss. Dabei geht Keppeler aber davon aus, dass die Strecke zwischen Nürnberg und Forchheim bis 2017 hochgeschwindigkeitstauglich ausgebaut wird - so, wie es die Bahn auch tut.

Entscheidend ist, dass die Züge innerhalb von 90 Minuten von Nürnberg nach Erfurt kommen, denn diesen Zeitkorridor hat offenbar die Bahn vorgegeben. 87 Minuten Fahrtdauer bei maximal 90 Minuten Zeit - "das wird knapp", stellte Thomas Koller (IHK Bayreuth) fest.

Dass der Bahnhof in Coburg derzeit nur auf einem Gleis zu erreichen ist, spielt da fast eine untergeordnete Rolle. Doch das zweite Gleis steht schon auf der Wunschliste von Coburgs IHK-Präsident Friedrich Herdan: "Wir brauchen den Ausbau von der Einschleifung in Niederfüllbach bis zum Real-Markt in Dörfles-Esbach."