Veronika Hummel jettet als Markenbotschafterin für Hummelfiguren um den Erdball. Mit ihrem "Zeitgeist" hat sie die niedliche Welt auf den Kopf gestellt.
In Regensburg nennt man sie die Hüterin der Hummelfiguren: Veronika Hummel, Großnichte der Schöpferin Berta Hummel. Offiziell ist die 38-jährige Markenbotschafterin und jettet um die Welt. Vor sechs Jahren schockierte sie die Hummel-Fangemeinde: Sie tauchte die schmucken Buben und Mädchen in Pechschwarz.
Der "Wanderbub" und die "Gänseliesl" waren ihre Prototypen, die 2011 erstmals in der oberfränkischen Manufaktur Rödental ganz in Schwarz hergestellt wurden. Veronika Hummel präsentierte sie anschließend auf der "Tendence", der bedeutendsten internationalen Messe für Konsumgüter in Frankfurt. Mittlerweile sind die "Zeitgeister", wie sie die Reihe nannte, ausverkauft.
Tageblatt:Sie sind Markenbotschafterin für alle Hummelfiguren. Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen? Sind Sie weltweit unterwegs?Veronika Hummel: Als Großnichte von Berta/Maria Innocentia Hummel repräsentiere ich auf der einen Seite die wunderbaren Hummel Figuren und auf der anderen Seite natürlich auch die Familie. Ich bin viel unterwegs, überwiegend in Europa und den USA, aber ich bin auch schon mal innerhalb von einer Woche quasi um die Welt geflogen.
Meine Arbeit ist sehr vielfältig und ich erlebe dadurch viele wunderbare Momente und Situationen, wie Vorträge in Pennsylvania inmitten von Amish People, Signiertage im Disneyland Florida, Auftritte auf dem German Fest in Milwaukee, oder Neuheiten Präsentationen bei einem Händler in Österreich oder im Bayrischen Wald. Nur um einige wenige zu nennen.
Zudem habe ich eine eigene Hummel-Verkaufsshow im amerikanischen Fernsehen, in der ich die Figuren im klassischen Teleshopping verkaufe.
Frau Hummel, Ihre Idee, die Hummelfiguren pechschwarz einzufärben, um sie einem jüngeren Publikum näher zu bringen, war revolutionär. Sie nannten die Figuren "Zeitgeist". Wie kamen Sie darauf und wie waren die ersten Reaktionen?Für mich stand schon lange fest, dass ich irgendwann unsere Familiengeschichte fortführen möchte. Aber ich wollte mit etwas beginnen, was anders ist. Ich habe schnell realisiert, dass vor allem die jüngere Generation Hummelfiguren kannte, aber diese ihnen einfach zu bunt waren. Ich bin in mich gegangen, habe viel recherchiert, bin unter anderem nach Paris, Mailand und Berlin gefahren um nach Inspirationen zu suchen und habe sie schließlich gefunden.
Damals ging der Trend sowohl in der Mode als auch in der Einrichtung weg vom Überladenen, Pompösen und hin zur Schlichtheit. "Weniger ist mehr" war das Motto und dieses Motto habe ich mir auch bei Zeitgeist vor Augen gehalten. Durch den Verzicht auf die Bemalung hat sich plötzlich der Fokus auf das Wesentliche einer Figur gerichtet - ihre Form. Dadurch bleiben wesentliche Charakterzüge erhalten, werden aber durch eine andersartige Gestaltung in ein völlig neues Licht gerückt. Struktur statt Ornament. Zudem war Schwarz die vorherrschende Farbe.
Nachdem ich sowohl die Manufaktur, das Kloster Sießen und meinen Vater davon überzeugen konnte, war die Linie Zeitgeist geboren!
Die ersten Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Begeisterung auf der einen Seite, Erschütterung auf der anderen Seite! Und das war auch gut so. Emotionen, egal ob positiv oder negativ, heißen nichts anderes, als dass einem etwas berührt. Und das haben die schwarzen Figuren auf jeden Fall.
Wie hat sich der Markt für die schwarzen Figuren mittlerweile entwickelt?Die Presseaufmerksamkeit war gigantisch, von der "Bunten", über die"Für Sie" bis hin zu sämtlichen Einrichtungsmagazinen, von Südafrika bis nach Japan wurde über die schwarzen Hummelfiguren berichtet. Das hat natürlich sehr geholfen um die Idee von Zeitgeist publik zu machen. Nach und nach konnte ich auch diese davon überzeugen, die anfangs wenig begeistert waren. Aber natürlich, Geschmäcker sind verschieden und das muss auch respektiert werden.
Mittlerweile ist die Linie ausverkauft und es sind bereits neue Ideen im Entstehen.
Sie leben in Regensburg und betreiben dort auch ein Geschäft, in dem Sie Hummel-Produkte anbieten. Wofür besteht die größte Nachfrage?Nachdem mein Laden direkt an der Steinernen Brücke liegt, also bei der Touristenattraktion schlecht hin, sind meine Kundschaft in erster Linie Touristen, insbesondere Amerikaner. Neben Kuckucksuhren sind Hummel Figuren nach wie vor das typische deutsche Souvenir. Amerikaner nehmen eine Hummel Figur zurück in die Heimat um eine Erinnerung an ihre Reise zu haben, oder um sich ihren eigenen, oft deutschen Wurzeln, näher zu fühlen.
Hin und wieder besuchen Sie auch die Manufaktur in Rödental. Haben Sie hier auch ein Büro?Ich bin als Beraterin für die Hummel Manufaktur tätig, und wenn ich in Rödental bin, sitze ich meistens nie still, sondern bin viel auf den Beinen und so oft wie möglich in der faszinierenden Produktion unterwegs.
Haben Sie selbst noch Erinnerungen an Ihre Großtante Berta Hummel?Leider nein! Sie ist bereits 1946 gestorben. Glücklicherweise haben mein Vater, Großvater und Urgroßvater ihren Nachlass bis heute äußerst sorgfältig und gewissenhaft archiviert, um die Erinnerung an Berta so lebhaft wie möglich zu erhalten. Centa, die jüngste Schwester von Berta war bis zu ihrem Tod ihre engste Vertraute. Sie hatte noch viele Erinnerungen an Berta, die sie mit uns teilte. Im Übrigen ist Centa erst 2011, mit fast 100 Jahren gestorben.
Meine Eltern haben vor über 20 Jahren im Familien-und Geburtshaus von Berta in Massing das "Berta-Hummel-Museum" eröffnet um in erster Linie die faszinierende Kunst, die sie vor ihrem Klostereintritt geschaffen hat, der Öffentlichkeit zu zeigen, aber natürlich auch um die Erinnerung an Berta aufrecht zu halten. Mein Vater leitet bis heute das Museum.
Wissen Sie, weshalb Berta Hummel ins Kloster gegangen ist - galt sie doch als lebenslustig und kinderliebend?Nein, das wird wohl ihr größtes Geheimnis bleiben!
Gibt es eine Lieblingsfigur beziehungsweise welche Figur beeindruckt Sie am meisten oder mit welcher verbinden Sie eine besondere Geschichte?Ich habe viele Figuren, die ich so gerne habe! Vermutlich ist es die Gänseliesl, wenn ich mich entscheiden müsste. Es ist der Liebreiz der Figur und die Erinnerung an die eigene Kindheit. Ich habe Tiere immer sehr geliebt.
Wie schätzen Sie heute den amerikanischen und asiatischen Markt ein? Sehen Sie noch Potenzial?Definitiv! Ich bin mehrmals im Jahr in den USA und erlebe es somit hautnah, dass der Mythos Hummel nichts an Glanz verloren hat. Auch Asien ist nach wie vor ein wichtiger Markt für Hummel. Derzeit touren die Figuren, zusammen mit anderen bedeutenden deutschen Manufakturen wie Nymphenburg Porzellan, Rosenthal Porzellan oder Faber Castell in Rahmen der "Handmade in Germany" World Tour in China. Nach Ausstellungen in Shanghai, Zhengzhou, Macao, Shenzhen, Hongkong und Tianjin geht es im September weiter nach Chengdu.
Die Fragen stellte
Christiane Lehmann.