So wird die Coburger Erstaufführung der französischen Erfolgskomödie "Der Vorname" zum gelungenen Balanceakt zwischen Komik und Tragik. Dafür gibt es reichlich Premierenapplaus in der Reithalle.
So kann man sich täuschen. "Ich wollte doch nur witzig sein", sagt Vincent kurz vor Ende einer Familienfeier, die vorsätzlich fröhlich beginnt und im Gefühls-Chaos endet. Dabei spricht am Anfang eigentlich alles für einen netten, harmonischen Abend im trauten Kreise. Im Hause Garaud-Larchet erwarten Elisabeth und ihr Ehemann Pierre Elisabeths Bruder Vincent samt seiner Verlobten Anna sowie Elisabeths Jugendfreund Claude.
Haarscharf an der Katastrophe vorbei Während Claude im Frack samt Posaunenkoffer vom Dienst im Orchestergraben zur Feier erscheint, taucht Vincent mit breitem Grinsen im Gesicht auf. In der Brieftasche: ein Ultraschallfoto seines ungeborenen Sprösslings. Das Spiel kann beginnen in der französischen Erfolgskomödie "Der Vorname" von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière.
Denn tatsächlich wird das Spiel mit dem vermeintlichen Vornamen des ungeborenen Kindes zum Auslöser einer pointenreichen verbalen Auseinandersetzung, die nur haarscharf an einer Katastrophe vorbei schrammt.
Frommer Selbstbetrug "Ich wollte doch nur witzig sein" - Vincents Bekenntnis auf dem Schlachtfeld der immer hemmungsloser ausgetragenen Familienzwistigkeiten ist ein frommer Selbstbetrug. Denn Vincents Spiel mit dem angeblichen Vornamen ist in der Coburger Erstaufführung im Theater in der Reithalle mehr als nur ein netter Witz, vielmehr wird aus diesem Witz ein mit raffinierter Berechnung inszeniertes Spiel mit dem Feuer. Munter lässt Vincent Schwester, Schwager und Freund den Namen raten, um dann zu enthüllen: Adolphe solle der Stammhalter heißen. Dass jeder bei diesem Vornamen unweigerlich an Hitler denken muss, ficht Vincent scheinbar überhaupt nicht an.
Im Gegenteil: Das Entsetzen von Elisabeth, Pierre und Claude treibt ihn immer mehr dazu an, auf seinem vermeintlichen Entschluss zu beharren.
Heftiger Schlagabtausch Als er dann doch die Notbremse ziehen will und er den eigentlichen Vornamen Henri verkündet, ist es bereits zu spät. Denn längst ist das Spiel zum heftigen Schlagabtausch mutiert. Die Büchse der Pandora, einmal geöffnet, lässt sich einfach nicht wieder verschließen. Ein Tanz am Abgrund zwischen flotter Komödie und drohender Katastrophe - so bringt Leila Müller dieses Erfolgsstück des Autorenduos aus Frankreich auf die Bühne der Reithalle.
Diese Bühne hat der in Bamberg lebende Künstler Karlheinz Beer als geschmackvoll eingerichtete Wohnlandschaft über den Dächern von Paris gestaltet - mit zwei, drei flachen Treppenstufen im Raum samt Sitzkissen und elegant aufgespießten Büchern.
Die Szenerie wird zum passenden Rahmen für einen feinfühlig ein Balance gehaltenen Theaterabend. Mit sensiblem Gespür lässt Regisseurin Leila Müller ihre Akteure zwischen Komik und Beinahe-Tragik pendeln. Dabei beweist sie jederzeit sicheres Tempogefühl zwischen turbulenter Beschleunigung und nachdenklichem Verweilen. Vor allem aber gelingt es ihr, das Darsteller-Quintett in jeder Szene als bestens harmonierendes Ensemble zu führen.
Kerstin Hänel als Elisabeth, Nils Liebscher als ihr Ehemann Pierre, Thorsten Köhler als Claude, Ingo Paulick als Vincent und Anne Rieckhof als seine Verlobte Anna - sie begeistern das applausfreudige Premierenpublikum mit Spielfreude und perfektem Timing.
Happyend aus dem Off Und ganz am Schluss, wenn die Komödie dann scheinbar ins Drama zu kippen scheint, halten die beiden Autoren noch ein versöhnliches Schlusswort bereit, das alle Verwicklungen heiter auflöst - gewissermaßen ein Happyend aus dem Off.
Die Termine und Interpreten Theater-Tipp "Der Vorname" - Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Pattellière, 15., 19. Februar, 5., 6., 7. März, 20 Uhr, 8. März, 18 Uhr.
- Kartenvorverkauf: Tageblatt-Geschäftsstelle, Theaterkasse, Theater in der Reithalle
ProduktionsteamInszenierung: Leila Müller
Bühnenbild und Kostüme: Karlheinz Beer
Dramaturgie: Dirk Olaf Hanke
BesetzungElisabeth Garaud-Larchet: Kerstin Hänel
Pierre Garaud, Elisabeths Mann: Nils Liebscher
Claude Gatignol, Elisabeths Jugendfreund: Thorsten Köhler
Vincent Larchet, Elisabeths Bruder und Pierres Jugendfreund: Ingo Paulick
Anna Carvati, Vincents Verlobte: Anne Rieckhof