Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha hat zwar die Geschäftsführung der Familienstiftung abgegeben, denkt aber noch lange nicht an Ruhestand.
Das ZDF dreht eine Serie über "Dynastien" und startet mit den "Coburgern". Schon im vorigen Jahr widmete sich die ARD den Vorfahren der Queen, beginnend bei Prinz Leopold, der später König von Belgien wurde, und die "Bunte" lässt sich von Erbprinz Hubertus durch die Veste führen: Sieht so aus, als sei das Haus Coburg gerade wieder im Kurs.
Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha hat lange darauf hingearbeitet. Der heute 74-Jährige hat zwar die Geschäftsführung der Herzoglichen Hauptverwaltung und des Familienbesitzes in die Hände seines Sohnes Hubertus gelegt, aber er ist nach wie vor Chef des Hauses. Ein Gespräch über Traditionen, Überlieferungen und moderne Zeiten.
Auf Ihrer Homepage prinzandreas.com steht, dass Sie mit "Seine Hoheit" angesprochen werden. Worauf begründet sich das? Wie spricht man Sie korrekt mit Namen an?
Andreas Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha: Auf meiner Homepage prinzandreas.com steht "Seine Hoheit", weil es immer so hieß. Eigentlich hieß es früher "Seine Herzogliche Durchlaucht", aber Ernst II. hat es, um besser am englischen Tisch platziert zu werden, in "Seine Hoheit" geändert. Seitdem benutzen wir diesen Prädikat. Wer es nicht möchte, kann es weglassen. Seit 1918 haben wir kein Recht darauf. Mich nennt man "Prinz Andreas" oder "Prinz Coburg". Ich bin Bürger der Bundesrepublik Deutschland und damit nicht mehr oder weniger als Herr Meier oder Schmidt.
"Chef des Hauses" - was bedeutet das konkret? Was können Sie als "Chef des Hauses" für die Mitglieder der Familie tun? Welche Änderungen am Hausgesetz haben Sie vorgenommen?
Das sind viele Fragen auf einmal. Erstens bin ich "Chef des Hauses" für alle, das heißt, für alle da zu sein, mit all den kleinen und größeren Problemen, die die Familienmitglieder haben mögen. Familie meint alle Zweige - auch den katholischen. Ich habe noch nicht das Hausgesetz geändert, aber vielleicht tue ich das in Zukunft. Unsere Familie war immer sehr liberal - denken Sie an Herzog Ernst II. -, aber inzwischen sind wir im Hausgesetz etwas rückständig, wenn man uns mit anderen Häusern vergleicht. Bei uns gibt es keine Gleichberechtigung. Noch sieht das Hausgesetz nur männliche Nachfolger für den Chef des Hauses vor. Nur die Männer können ihre Partnerinnen für ebenbürtig erklären. Außerdem sind - nach diesem Hausgesetz - Heiraten mit Geschiedenen verboten, und es steht sogar darin, dass die Braut "von weißer Rasse sein muss". Daran müssen wir etwas ändern.
Sie haben diese Traditionen übernommen und sind gleichzeitig ein sehr moderner Mensch. Sie haben Ihre Homepage, lieben schnelle Autos - woher kommt diese Begeisterung für moderne Technik? Oder ist das auch eine Art Familientradition?
Ich bin ein moderner Mensch, ich liebe schnelle Autos, Computer, Smartphones etc....Wir waren immer an Technik interessiert. Mein Großvater und mein Vater liebten Autos und Kameras. Und Queen Victoria schickte den ersten Fotografen nach Coburg! (schmunzelt) Ich habe hier eine Kamera, die man aufs Auto montieren kann, wenn wir die Wälder abfahren, und ich fotografiere sehr gern mit dem Smartphone. Bei den neuen Autos faszinieren mich die Assistenzsysteme. Sie machen das Fahren wirklich komfortabel!
Sie haben angefangen, Bücher über die Geschichte der Familie herauszugeben. Welche Ziele verbinden Sie damit?
Ich habe angefangen, Bücher über die Geschichte der Familie herauszugeben, a) damit meine Nachkommen etwas über unserer Familie wissen, und b): Wer schreibt, bleibt. In anderen Worten: Das Geschriebene bleibt. Ich beabsichtige, ein Buch über meinem Großvater (Carl Eduard) herauszubringen. Titel: "the Duke", Umschlag in Rot, Buchstaben in Gold, Rückseite ein Bild von Carl Eduard, ca. 350 Seiten mit ca. 400 Bildern in Schwarz und Weiß. Es sind mehrere Bücher über Carl Eduard geschrieben worden. Dieses hier ist aus der Sicht meines Vaters, Prinz Friedrich Josias. Ich habe die Bilder dazu herausgesucht. Für mich steht fest: Carl Eduard war kein Mitläufer. Er war überzeugter Nationalsozialist. Mein Vater beschreibt, wie er die Hakenkreuzfahne über der Veste hissen ließ und wie dann nach und nach über Kasernen und öffentlichen Gebäuden auch die Naziflagge emporstieg. Die Nazis haben Carl Eduard benutzt, und er dachte, dass er durch sie wieder eine führende Rolle spielen könnte. Aber Hitler waren nur seine Kontakte nach England wichtig. Ich will außerdem noch ein kleines Buch machen über den Umgang mit Parkinson - dass man sich als Betroffener nicht gehen lassen sollte, sondern üben, regelmäßig rausgehen, auch in Gesellschaft. Die kommt besser damit zurecht, als man glaubt!
Sie selbst sind nach Coburg gezogen, weil Sie das Gefühl hatten, es sei wichtig, als Familie derer von Sachsen-Coburg und Gotha hier am Ort zu sein. Ist das immer noch so?
Ich bin mit meiner Familie nach Coburg gezogen, weil ich es für wichtig und richtig hielt, dass der Chef des Hauses in Coburg lebt. Diese Meinung vertrete ich immer noch! Ich fühle mich hier heimisch und würde nicht anderswo sein wollen. Ich liebe Grein, unsere Familie gehört auch nach Thüringen, aber richtig zu Hause fühle ich mich hier.
Sie haben, wie Ihr Biograf Arturo Beeche schreibt, die Coburger zurück auf die Bühne geholt, die Beziehungen zu den Häusern in Schweden, Belgien und zur bulgarischen Linie neu geknüpft. Gibt es in dieser Hinsicht ein Ziel oder einen Wunschtraum, den Sie sich noch erfüllen möchten?
Ja, ich hätte einen Wunsch. Der wäre, dass die Coburger mit ihren Verwandten in England normale Beziehungen pflegen wie zum Beispiel mit den Schweden, den Bulgaren, den Belgiern und allen übrigen. Ich habe es als meine Aufgabe gesehen, die Familie wieder zusammen und Coburg wieder zur Geltung zu bringen. Die Hochzeit von Erbprinz Hubertus und Prinzessin Kelly war für mich ein Knackpunkt. Da kamen viele Menschen - und sehr viele Adelige.