Die Anhebung der Abiturnoten war nach Auffassung des OLG Bamberg keine Falschbeurkundung. Damit ist das fast zweijährige Verfahren gegen den Schulleiter des Casimirianums von rechtlicher Seite nun abgeschlossen.
Im Strafverfahren gegen Burkhard Spachmann, den Schulleiter des Coburger Gymnasiums Casimirianum, hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg gestern seine Entscheidung verkündet: Der Zweite Strafsenat des OLG hat das Berufungsurteil des Landgerichts Coburg aufgehoben und Spachmann freigesprochen. Der Schulleiter hatte alle Noten der schriftlichen Abiturprüfung 2013 im Fach Deutsch um jeweils einen Punkt angehoben und musste sich dafür wegen Falschbeurkundung in 86 Fällen vor Gericht verantworten. Das Landgericht verurteilte ihn zu 9000 Euro Geldstrafe. Spachmann ging dagegen in Revision. Mit der gestrigen Entscheidung des OLG ist das Verfahren nach knapp zwei Jahren von strafrechtlicher Seite aus abgeschlossen.
Wie der Senat in den Gründen für seinen Beschluss ausführt, habe Spachmann "zwar seine Amtspflichten, nicht aber seine Wahrheitspflicht verletzt". Das heißt, die Noten sind nach Auffassung des Gerichts durch die Anhebung zwar "sämtlich rechtsfehlerhaft" - unter Verstoß gegen die Gymnasiale Schulordnung (GSO) - zustande gekommen, strafrechtlich habe das aber keine Konsequenzen für den Schulleiter.
Ministerium prüft Urteil
Von dienstrechtlicher Seite sieht das aber möglicherweise anders aus, wie der Pressesprecher des Kultusministeriums, Ludwig Unger, dem Tageblatt auf Nachfrage erläuterte. Das Ministerium hatte sich an die übliche Vorgehensweise gehalten: "So lange ein Strafprozess im Gange ist, können wir nicht urteilen", erläuterte Unger. Zumal Polizei und Staatsanwaltschaft viel weitreichendere Ermittlungsmöglichkeiten hätten als das Ministerium. "Wenn uns jetzt die Begründung für das Urteil vorliegt, werden wir es prüfen und gegebenenfalls tätig werden", so Ludwig Unger.
Ein zentraler Punkt in der Würdigung des Bamberger Strafsenats ist ein Schreiben des Casimirianums an seine Schüler vom 14. Juni 2013. Die Schule teilte ihren Abiturienten darin deren Noten mit - eine ganze Zeit vor der Übergabe des Abiturzeugnisses, denn das wird erst später, bei der offiziellen Feier ausgehändigt. In dem Schreiben, das Spachmann als Schulleiter und Vorsitzender der Prüfungskommission unterzeichnet hatte, waren bereits die von ihm angehobenen Noten ausgewiesen - er habe, so liest sich das im Juristendeutsch, die "Noten mit Außenwirkung" erteilt. Genau diese Noten habe er dann auch in die Abiturzeugnisse übertragen, wie der Pressesprecher des OLG Bamberg, Leander Brößler, erläuterte. Und das ist der entscheidende Punkt: Da Spachmann diejenigen Noten in die Zeugnisse schrieb, die den Schülern bereits bekannt waren, hat er keine Falschbeurkundung begangen.
Hätte ein Schüler dagegen in der schriftlichen Mitteilung fünf Punkte erhalten und später im Zeugnis sechs Punkte, dann wäre der Straftatbestand der Falschbeurkundung tatsächlich erfüllt gewesen. "Maßgeblich ist also, was in der Mitteilung stand und das hat er eins zu eins in die Zeugnisse geschrieben", so Leander Brößler.
Noten sind gültig
Zur Entscheidung des OLG habe aber auch beigetragen, dass Spachmann nicht nur bei einem Teil der Schüler die Noten angehoben hatte, sondern bei allen. Der Senat stuft zudem die prüfungsrechtlichen Verstöße des Schulleiters als rechtlich nicht so erheblich ein, dass dadurch die Noten ihre Gültigkeit verlieren könnten.
Burkhard Spachmann selbst begrüßt die Entscheidung: Er sei erleichtert, dass das Oberlandesgericht die Angelegenheit so bewertet habe, wie sie seine Anwälte seit knapp zwei Jahren immer wieder vor Gericht dargestellt hätten, sagte er dem Tageblatt auf Nachfrage. Selbstverständlich sei ihm klar, dass Recht von verschiedenen Seiten unterschiedlich bewertet werde. Man müsse nun die Einschätzung des Ministeriums abwarten, sagte Spachmann. "Ich sehe dem aber gelassen entgegen."
In den zwei Jahren habe er "interessante Momente" durchlebt, aber auch oft nachgedacht. "Mir kann jedenfalls niemand vorwerfen, dass ich mich nicht für die Schüler einsetze", so Spachmann. Deshalb würde er im gleichen Fall die Noten wieder überprüfen, "aber ich würde mir die Dinge früher zeigen lassen".
Mehrmals kam im Prozess das vermeintlich schlechte Arbeitsklima an seiner Schule - hier hatte es anonyme Anschuldigungen gegeben - zur Sprache. Dem widerspricht Spachmann: "Das Kollegium ist top motiviert." Bei der jüngsten Evaluation im vergangenen Jahr seien 80 Prozent seines Kollegiums zufrieden gewesen. Nun gelte es, nach vorne zu schauen.
Anonyme Anzeigen
Mit anonymen Strafanzeigen hatten im Verlauf des Prozesses auch Ludwig Unger und der Ministerialbeauftragte für Oberfranken, Edmund Neubauer, zu kämpfen. Diese seien inzwischen von der Staatsanwaltschaft eingestellt, berichtete Ludwig Unger. Seine eigene Anzeige gegen Unbekannt wegen übler Nachrede ebenfalls. "Da ist nichts rausgekommen."
Dann hätte das Foto im Coburger Tageblatt, Abteilung Coburg Stadt, für einen so ehrenwerten, bescheidenen Mann, der nur das Wohl seiner Schüler im Auge hat, schon halbseitig ausfallen können.