Ralf Patzelt von der Gaststätte "Grüntal" aus Neustadt bei Coburg stellt Rechnungen auf, die plastisch zeigen, wie ein gesundes Wirtschaften in der Gastronomie eigentlich aussehen müsste. Doch das in den Köpfen der Menschen zu verankern, sei "sehr schwierig".
- Gaststätte "Grüntal" aus Neustadt bei Coburg spricht Klartext zu Inflation
- Stundenlohn, Material, Unsicherheit: Preis müsse eigentlich bei 30 Euro pro Gericht liegen
- Selbstverständlichkeit für ländliche Gastronomie sei bei Gästen präsent
- "Werden so weit gehen müssen": Was sich in Zukunft ändern müsse
Seit 13 Jahren betreiben Natascha und Ralf Patzelt die Gaststätte "Grüntal" in Neustadt bei Coburg. Die Schilderungen von Ralf Patzelt im Gespräch mit inFranken.de zeigen die Unsicherheiten und finanziellen Herausforderungen, die den Gastronomie-Alltag inzwischen prägen. Was Gäste als selbstverständlich ansehen, sei nicht gut tragbar. Dazu gehörten die Preise auf der Speisekarte, die laut Aussage des Wirts eigentlich viel höher liegen müssten.
Neustädter Gaststätte redet Klartext zu theoretischen Kosten: "30 Euro - ohne Material"
Die unvorhersehbaren Preisschwankungen der Zutaten seien eine der Schwierigkeiten. Vor zwei Wochen habe Patzelt Rehkeule für etwa 14 Euro eingekauft, daraufhin habe er ein Angebot für eine Feierlichkeit geschrieben, in der Zwischenzeit habe sich der Preis aber um 50 Prozent erhöht. "Wie sollen wir damit umgehen?" Der Preis für Gänsebrust habe sich indes verdoppelt. "Mit meiner Kalkulation müsste ich sie für 30 Euro anbieten", sagt der gelernte Koch. Zwischen 11,80 und 28 Euro liegen laut Webseite die Preise für Fleischgerichte derzeit.
Es wird noch drastischer, bezieht er die Arbeitszeiten mit ein: "Wenn wir unseren Mitarbeitern den Lohn bezahlen würden, der jemand bekommt, der in Schichten und am Wochenende in der Industrie arbeitet, wäre ich schon fast bei den 30 Euro - ohne Material." Angenommen, der Stundenlohn im Restaurant liege bei 40 Euro, dann müsse der Gast allein für die 20-minütige Arbeitszeit für ein Gericht 15 bis 16 Euro berechnen, fügt er hinzu. "Und wir müssen ja noch Material kaufen, haben Energiekosten, Tischdecken und so weiter."
Zu den Heizkosten stellt Patzelt eine weitere Rechnung auf. "Wir haben einen großen Saal mit einer vier Meter hohen Decke. Zu normalen Zeiten kostet mich eine Stunde Saal heizen zwischen 25 und 28 Euro. Wenn die Kosten jetzt so explodieren und ich 30 bis 40 Gäste im Saal habe, muss ich pro Person fünf oder sechs Euro kalkulieren, damit die Leute warm sitzen." Die Patzelts beobachteten mit Spannung, wann und in welcher Form Erleichterungen für die Energiekosten kommen. "Was soll ich Leuten sagen, was ihre Geburtstagsfeier im Januar oder Februar kostet?"
"Wie bei einer Reise": Fränkischer Wirt fordert - Gäste sollten laut Gastronom bei Absagen zahlen
Diese Kalkulationen seien unumgänglich, immerhin müsste das Personal bezahlt werden und am Monatsende solle auch bei den Inhabern etwas übrig bleiben. Die Preise seien bereits angeglichen und die Patzels planten vorerst, sich "mit 10-Prozent-Preissteigerungen durchzuschaukeln". Die Akzeptanz der Gäste sei noch da, die Gaststätte habe viele Stammgäste und es gebe viele Aufträge, doch Patzelt beobachte vor allem im ländlichen Raum eine gewissen Selbstverständlichkeit gegenüber der Gastronomie in den Köpfen der Menschen. Nach dem Motto: "Ich mache die Tür auf, setze mich hin und dann geht's los."
Er sieht gleichzeitig Veränderungen auf die Gäste und seine Arbeit zukommen. So würde die Anzahl der Restaurantgänge für ein gutes Steak sicher abnehmen und Feierlichkeiten würden sich beispielsweise vom Spanferkel auf den Sauerbraten reduzieren. Die Patzelts wollten ihren kulinarischen Standard halten, nur eben vermehrt auf andere Gerichte zurückgreifen. Und auch der Umgang mit abgesagten Reservierungen soll sich Patzelt ändern, wenn es nach ihm geht, denn oft komme es vor, dass er kurzfristig leere Stühle in Kauf nehmen müsse und dabei auf den Kosten sitzen bleibe.
Ich kenne keinen der in der Gastronomie 30 Euro die Stunde verdient, eher den Mindestlohn also 12 Euro seit Oktober. Wenn man die Rechnung von 30 Euro die Stunde nimmt, dann für 1 Gericht 30 Euro bezahlt, dann wären wir bei 12 Euro die Stunde bei 12 Euro pro Gericht. Hmmm.
Wobei ein Koch ja fähig sein sollte, in der Stunde deutlich mehr als nur ein Gericht zuzubereiten. .also ich als Laie schaffe das zumindest problemlos...
Für 30 € pro Person mache ich die Rehkeule dann doch lieber er selbst zuhause...da weiß ich dann auch, dass ich etwas auf dem Tisch habe, das ich mit Appetit essen kann.... in Restaurantküchen geht es ja sehr oft nicht wirklich appetitlich und hygienisch zu....und ich bringe für etwas mehr als 30 Euro nicht nur einen, sondern alle satt....
Sehe ich auch so. Das Problem ist, dass die meisten Leute nicht mal in der Lage sind, einen Pfannenkuchen ohne Backmischung selber zu machen. Was heute die Gastronomie so „bietet“ ist oft nicht mal annähernd Kantinenqualität. Ob aus Kostengründen oder Nichtkönnen, sei dahin gestellt. Und die optisch zusammengebastelten „Kreationen“ auf riesigen Tellern mit nix drauf brauche ich auch nicht.