Wer beim Ärzte-Konzert am Donnerstagabend ganz vorne mit dabei sein will, muss früh aufstehen. Oder gleich am Eingang übernachten. Manche Fans tun sich auch mit Gleichgesinnten zusammen, um ihre Idole aus möglichst geringer Entfernung live zu erleben.
Bis sich die Eingänge zum Ärzte-Konzert öffnen, sind es noch einige Stunden. Am Eingang an der Herrngasse ist allerdings bereits am Donnerstagvormittag schon ganz schön was los. Denn wer beim Konzert vorne stehen will, muss früh antanzen. Sophie Schaub (22) aus Stuttgart und Julia Schepp (21) aus der Nähe von Saarbrücken sind seit 8 Uhr hier, aber: "Die Ersten waren wir nicht, einige haben hier übernachtet."
Langweilig werde es trotz der Warterei nie, sagt Julia. Momentan sei ja Festival-Saison, da habe man sich untereinander jede Menge zu berichten. "Da wird auch ganz gerne mal mit Konzerterlebnissen geprahlt", verrät Sophie. Denn die Fans kennen sich untereinander. Vor allem die aus der ersten Reihe. "Das ist schon wie ein Familientreffen", sagt Sophie. Auch sie und Julia kennen sich von einem Konzert-Besuch. "Danach bleibt man eben über Facebook in Kontakt", sagt Julia.
Sophie hofft, dass die Ärzte heute ihr Plakat bemerken. Letztes Jahr habe sie Farin Urlaub bei einem Konzert ein Fetisch-Quartett zugeworfen und sich anschließend auf Facebook erkundigt, ob er es auch erhalten habe. Hat er! "Darauf hat er mir in Facebook geschrieben, dass sie damit viel Spaß im Tourbus hatten", erzählt sie. Als "Insider" habe sie deshalb ein Plakat gebastelt, das auf der einen Seite mit "Fetisch-Quartett 2012" beschriftet ist. "Falls er sich erinnert werf' ich ihm ein Bettsport-Quartett und das Schild zu." Auf der Rückseite steht: "Für noch mehr Spaß im Tourbus". An solche verrückten Aktionen erinnere sich Farin Urlaub immer.
Die hohe Besucherzahl - 15 000 werden erwartet - bereite den beiden keine Sorgen. Obwohl sie sich nicht wirklich vorstellen können, wo die Leute alle hinsollen. "Normalerweise gibt's bei den Konzerten immer eine große Festwiese", sagt Julia. Auch die Bühne sei kleiner als sonst und die erste "Welle" - der abgetrennte Bereich vor der Bühne, in den nur Fans mit einem besonderen Armbändchen hineindürfen - sowieso. "Naja, uns kann das egal sein, wir stehen in der ersten Reihe", sagt Sophie.
Denn genau aus diesem Grund sind sie und die anderen Fans schon so bald hier: "Je früher wir da sind, desto weiter vorne stehen wir." Anne Eberlein (17) aus dem Erzgebirge spricht aus Erfahrung. Ganz nach diesem Motto hat die 17-Jährige mit Freunden vor dem Eingang übernachtet.
Auch ihre Eltern Sandra und Ronny sind heute mit dabei. Die beiden haben allerdings in einem Hotel geschlafen. Trotzdem sind sie schon seit 8 Uhr hier. "Das erste Lied, das Anne singen konnte, war nicht etwa ein Kinderlied, sondern ,Männer sind Schweine‘ von den Ärzten", erinnert sich Sandra Eberlein. Sie und ihr Mann seien bereits seit 1987 Fans der Band und früher auch zu fast allen Konzerten gereist. Heute gehe das arbeitstechnisch nicht mehr. "Das beste an der Ärzten ist, dass sie trotz des Erfolgs noch ganz normale Menschen sind", sagt Sandra.
Die Familie hat sich mit Julia und Sophie zusammengetan. Für den Einlass haben sie einen Plan geschmiedet: Während die Familie den beiden Mädchen vom Trink-Päckchen bis zum Pullover alles abnimmt, sollen die beiden Mädchen möglichst schnell durch die Kontrollen gehen und anschließend zur Bühne vorrennen. Dort werden sie den anderen einen Platz frei halten.
"Alle, die jetzt hier sind, sind scharf auf die erste Reihe. Und da sind ja noch mehr Leute am zweiten Eingang. Alle passen aber nicht vorne hin, deshalb wird es ein richtiges Wettrennen geben", prophezeit Sophie. Kurz vor 12 Uhr Mittags bekommen die Fans die begehrten Armbänder von der Security. "Mit denen sind wir immerhin schon mal sicher vor dem ersten Wellenbrecher", weiß Anne.
Nicht jeder Fan ist schon eingefleischter Ärzte-Konzert-Besucher. Luis (11) erlebt die Band heute mit seinem Vater Michael Reinwald aus Bamberg zum ersten Mal live. "Luis wollte unbedingt einer der Ersten hier sein", sagt der Vater. "Also haben wir im Auto übernachtet und sitzen jetzt seit 9 Uhr hier."
"Im April 2012 hab' ich zum ersten mal das Lied ,M und F‘ im Radio gehört. Danach hab ich mir gleich das Album der Ärzte gekauft und bin jetzt ein Riesenfan", sagt Luis. Zu Weihnachten habe er die Karten bekommen und freue sich seitdem auf das Konzert. "Ich hoffe so sehr, dass sie ,Manchmal haben Frauen‘ spielen. Das will ich unbedingt live hören."
Wo auf der einen Seite des Konzertgeländes Euphorie und Vorfreude herrschen, scheinen es die Fans am Eingang in der Wettiner-Anlage vorzuziehen, all ihre Kräfte für das Konzert zu sparen. In Decken und Schlafsäcken eingewickelt liegen sie auf dem Boden und ruhen sich aus. "Wir chillen hier noch ein bisschen", sagt ein 20-Jähriger mit dem Spitznamen "Frosch". Auch hier haben einige Fans übernachtet und sind wahrscheinlich deshalb noch ein wenig erschöpft. Große Pläne haben sie vor dem Konzert nicht: "Bisschen 'rumsitzen, bisschen Bier trinken, Sachen wegbringen und später in der ersten Reihe stehen", sagt Frosch.