LKR Coburg
Forstwirtschaft

Ende des Waldes, wie wir ihn im Coburger Land kennen

Bäume in den Forsten der Region sterben zu Tausenden. Selbst Arten, auf die im Waldumbau große Hoffnung gesetzt wurde, halten der Dürre nicht Stand.
Anschauungsbeispiel tote Fichte (von links): Wolfgang Schultheiß, Manfred Herter, Michael Busch, Waldbesitzer Günter Carl, Martin Böhm und Ralf Keller.Rainer Lutz
Anschauungsbeispiel tote Fichte (von links): Wolfgang Schultheiß, Manfred Herter, Michael Busch, Waldbesitzer Günter Carl, Martin Böhm und Ralf Keller.Rainer Lutz
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Der Wald ist in Not. In Franken ist sie besonders groß. Weil sie den Eindruck haben, dass die Staatsregierung in München die Schwere des Problems nicht erkannt hat, trafen sich die Spitzen der forstlichen Zusammenschlüsse Frankens zur Krisensitzung. Am Ende steht ein Hilferuf in Richtung München, der sich jedoch auch an die Bevölkerung richtet. Denn die "wird mit ansehen müssen, wie sich der Wald sehr stark verändert", wie es Wolfgang Schultheiß als Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Oberfranken und der Waldbauernvereinigung Coburger Land formuliert.

Die Bedeutung des Waldes für reine Luft und sauberes Wasser, als Hort der Artenvielfalt, Erholungsraum und Lieferant von nachwachsenden Rohstoffen muss Schultheiß nicht besonders betonten. Was er hervorhebt, ist der hohe Wert des Waldes, wenn es um das Problemgas unserer Tage geht: Kohlendioxid. "Ein Wirtschaftswald bindet viel mehr als ein Wald, der sich selbst überlassen wird", erklärt Förster Ralf Keller von der Waldbauernvereinigung. Genau diesen Vorteil sehen die Waldbauern derzeit in Gefahr.

Auf der Fichte, die bis vor wenigen Jahren im Coburger Land rund 20 Prozent der Bäume in den Wäldern stellte, ruhte schon lange nicht mehr die Hoffnung für Frankens Wälder. Ihr Verschwinden war prognostiziert. Die Geschwindigkeit nicht. Die Trockenheit und Hitze im vergangenen Jahr setzte ihr schwer zu, den Rest übernahmen die Schädlinge. Mit dem zweiten heißen Dürresommer ist ihr Ende großflächig besiegelt.

Sterbende Hoffnungsträger

Nun zeigt auch die Kiefer (bisher 40 Prozent), der bessere Chancen eingeräumt wurden, dass sie der extremen Belastung nicht gewachsen ist. Der Umbau der Wälder zu höherem Laubholzanteil ist bereits seit Jahren im Gange. Forstleute setzen auf die für die Region eigentlich typischen Eichen und Buchen - wenngleich sie wissen, dass gerade Nadelholz auch weiterhin am Markt bevorzugt nachgefragt werden wird. Dass jetzt gerade diese Hoffnungsträger Sorgen bereiten, ist für die Forstwirtschaft ein ernstes Problem. Wolfgang Schultheiß führt in den Wald von Frank Angermüller nahe Gossenberg. "Es ist überall im Landkreis dasselbe", sagt er. Von außen sehe der Wald gar nicht so schlimm aus. Um das Ausmaß der Schäden zu sehen, müsse man hinein. Dort zeigt sich in dem Waldstück, dass Nadelholz praktisch komplett ausgefallen ist. Aber auch alle starken Buchen sind tot. Etliche starke Eichen haben erkennbar schwere Probleme. Die Kronen sind licht. Aus der Borke rieselt Bohrmehl von Schädlingen, auf das Manfred Herter, Geschäftsführer der WBV Coburger Land, aufmerksam macht. Den Bäumen fehlt über alle Arten hinweg Wasser, das sie bräuchten, um Harz zur Abwehr der Schädlinge zu bilden.

"Das Wasser, das im vergangenen Jahr fehlte, wurde im Winter durch Niederschläge nicht ansatzweise wieder aufgefüllt", erklärt Herter. Die wenigen Niederschläge im Frühjahr reichten nur wenige Zentimeter in den Boden. Genug, um die Landwirtschaft zu entlasten. Völlig ohne Nutzen, weil unerreichbar für die Wurzeln der Bäume.

Verschwinden wird der Wald trotz allem nicht. Er wird sich verändern. "Die großen Bäume, die viel binden, werden fehlen. Bäume zweiter Ordnung, wie Feldahorn und Hainbuche kommen stärker", sagt Manfred Herter. Die gute -Bilanz des Wirtschaftswaldes komme aber eben durch die großen Bäume zustande - und dadurch, dass sie geerntet werden. "Aus ihnen wird Bauholz. Das heißt, das bleibt gebunden. Es werden neue Bäume der Hauptbaumarten gepflanzt, die weiter neues binden. Im Urwald fallen die Bäume und bei ihrer Zersetzung wird das wieder frei", erklärt Ralf Keller.

Manche geben schon auf

Damit Waldbesitzer, oft Landwirte, die eben auch einige Forstflächen im Eigentum haben, ihren Wald bewirtschaften, muss ihnen das Holz Erträge liefern, die eine Neuaufforstung finanzieren. "Wenn sie drauflegen, geben sie ihren Wald einfach auf", ist Wolfgang Schultheiß überzeugt. Mit der Politik geht er hart ins Gericht. Es sei plakativ, wenn Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkünde, es sollen eine Million Bäume gepflanzt werden - des Klimas wegen. "Das ist ein Baum je Hektar und den frisst der Rehbock", schimpft Schultheiß.

Auch die Ankündigung, 80 000 Hektar Wald stillzulegen, sieht Schultheiß in Sachen Klimaschutz kontraproduktiv. "Das bedeutet 80 000 Tonnen jährlich, die nicht in Holz durch Holznutzung gebunden werden", rechnet Schultheiß vor. Das entspreche dem Jahresausstoß von 200 000 Autos im Jahr. Er fordert schnelle Hilfe für die Waldbauern.

In einem Positionspapier, dass die forstlichen Zusammenschlüsse aus ganz Franken an die Staatsregierung richten, fordern sie Schadensausgleich für die Waldbesitzer, damit sie in der Lage sind, den Wiederaufbau der Wälder zu stemmen. Dazu sei umfassende Hilfe - auch in Form von Beratung - bei der Flächenvorbereitung und hinsichtliche der Baumarten für klimatolerante Wälder nötig. Waldbesitzer sollen dauerhaft Ökoausgleichzahlungen erhalten, um ihre Leistungen für das Ökosystem Wald in Wert zu setzen. "Das kann dort bezahlt werden, wo verschleudert wird, und soll honorieren, dass wir es wieder einfangen", sagt Schultheiß.

Gerade bei der Frage, welche Baumarten denn nun den Wald der Zukunft in Franken bilden können, richten die Waldbauern einen fragenden Blick auf die Forstwissenschaft, denn alles, worauf sich bisher die Hoffnungen richteten, scheint gerade infrage gestellt zu werden.

Ihr Positionspapier wollten die Waldbauern des Coburger Landes vor Ort allen Abgeordneten aus Bund und Land beim Besuch der geschundenen Wälder in die Hand drücken. Der Einladung waren aber nur die Landtagsabgeordneten Michael Busch (SPD) und Martin Böhm (AfD) gefolgt. Die als Vertreter der Oppositionsparteien im Landtag wenig ausrichten können.