Drei eindrucksvolle Tanzstücke von Tara Yipp, Mark McClain und Niko Ilias König bescheren am Landestheater Coburg einen reichen Ballett-Abend.
Drei ganz unterschiedliche Tanzstücke, drei Farben, so auch der Titel der ersten großen Ballettproduktion dieser Saison im Landestheater Coburg. Drei Farben bestehen aus einem breiten Spektrum an Licht, An- und Einsichten. Und tatsächlich bereiten Compagnie-Chef Mark McClain, Ballettmeisterin Tara Yipp und das frühere Ensemblemitglied Niko Ili as König einen sehr reichen Theaterabend mit ihren jeweils etwa halbstündigen Choreografien. Leider war am Samstag auch diese Premiere schlecht besucht.
Mark McClain hielt sich am konkretesten an die von ihm gewählte Farbe: Blau. Seine Reise ins Blaue führt musikalisch und in der Raumgestaltung nach Lissabon. Die portugiesische Band Madredeus und die unvergleichliche Stimme ihrer Sängerin Teresa Salgueiros wehen heran wie das lichte Wolkenspiel des Atlantiks über der vom Fernweh getriebenen Hafenstadt, wie die Wolken und die Bilder aus der Altstadt Lissabons, die hinter die großen Fenster von Susanne Wilczeks blauem Bühnenraum projiziert werden (Video Constantin Eckhardt).
Die Melancholie des Fado
Bei McClain ist die tänzerische Reise ins Blaue unweigerlich mit dem Blues seiner Muttersprache verbunden. Und so werden die Begegnungen seiner Paare und Passanten zu melancholischen Träumereien. In denen formiert sich die Compagnie auf klassischer Grundlage, aber mit dem deutlichen Bemühen McClains um Erweiterung des Ausdrucks zu reizvollen Ensembles, mit wie im Wind kreisenden Armen.
Leider fehlt es immer wieder an Synchronität und Präzision des Miteinanders, so dass man sich das traumhafte Schweben eher vorstellen muss. Wobei die Tänzerinnen und Tänzer (unter anderen Chih-Lin Chan und Jaume Costa i Guerrero) solistisch und in innigen Pas de deux wirklich faszinieren.
Kontrastprogramm dazu: Niko Ilias Königs packende, in ihrer Tanzsprache modern-eigenständige und ausdrucksstark freie Choreografie "Refraction". Seine Imagination vom Wellencharakter des Lichtes, der Brechung des Lichtes und dem Aufscheinen der Gegenstände und Zustände im Schwingen der Lichtwellen haben ihn zu einem temporeichen Fluss der Bewegungen, der Körper und von sich ineinander verschlingenden Wesen gebracht.
Überraschend
Zu einer suggestiven Musikfolge von Philip Glass und Micha el Nyman über Mozart bis zu Bach tauchen wir ein in einen Mikrokosmos von schlängelnden Gewächsen, über Flusssteine springendem Wasser, Schattenspielen, erwachenden tierhaften Körpern. Indem König seine Tänzerinnen und Tänzer immer wieder überraschend mit der isoliert eingesetzten Bewegung einzelner Körperteile spielen lässt, führt er zum Bewusstsein, wie viel mehr Leben im meist vergleichsweise eingeschränkt genutzten menschlichen Körper steckt.
Neben faszinierend amorphen Gebilden, in die sich das Ensemble fügt, auch hier immer wieder packende solistische Höhepunkte. Leider verrät das Programmheft nicht, wer wann wo tanzt, was man schon gerne wüsste in Achtung vor der Kunst der einzelnen Tänzerinnen und Tänzer. Mal davon abgesehen, dass die Programmhefte unter der neuen Intendanz von Bernhard F. Loges insgesamt schwer leserlich, eher unansehnlich und unbedeutend daherkommen. Das (zunächst) hier nur am Rande.