Der 18-jährige Neustadter Drogen-"Chef" muss ins Gefängnis

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Eingang des Justizgebäudes Coburg. Am Landgericht wurde der Fall der blutjungen Drogendealer aus Neustadt verhandelt. Foto: Jochen Berger
Eingang des Justizgebäudes Coburg. Am Landgericht wurde der Fall der blutjungen Drogendealer aus Neustadt verhandelt. Foto: Jochen Berger

Im Prozess um die jugendlichen Drogendealer aus Neustadt sind die Urteile gefallen. Der Kopf der Bande muss für sechs Jahre hinter Gitter.

Es war ein zäher, aber aufsehend erregender Prozess, der am Dienstag vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts in Coburg zu Ende ging. Auf der Anklagebank saßen fünf junge Männer und eine junge Frau, die im großen Stil im vergangenen Jahr mit Drogen gedealt haben. Das Jugendstrafgericht unter dem Vorsitz von Richter Klaus Halves verurteilte den Chef, einen 18-jährigen Neustadter, am Dienstag zu sechs Jahren Jugendstrafvollzug. Davon muss er 24 Monate in einer Entzugsanstalt verbringen. Die fünf Mittäter atmeten auf: Sie kamen knapp mit Bewährungsstrafen und Sozialstunden davon.

"Selbst erfahrene Richter und lang gediente Polizeibeamte haben in der hiesigen Region so einen Fall noch nicht erlebt", sagte Halves. Er sprach damit das Alter der Jugendlichen an, die zum Tatzeitpunkt im vergangenen Jahr zwischen 16 und 18 Jahre alt waren. Wie in der Verhandlung deutlich wurde, wuchsen alle Jugendlichen behütet und in geordneten Verhältnissen auf. Sie besuchten die Schule, waren in Ausbildung und sie engagierten sich im Ehrenamt und in den Vereinen.


Kreative Ideen entwickelt

In der Freizeit kauften und verkauften die sechs jungen Leute Drogen und dies im ganz großen Stil: Sichergestellt wurden durch die Kriminalpolizei Coburg unter anderem 42 Kilogramm Marihuana, 1000 Ecstasy-Tabletten und 100 Gramm lupenreines Kokain von allerbester Qualität. Dies sei die größte Menge, die überhaupt bei der Kripo Coburg mit diesem Wirkstoffgehalt sichergestellt wurde, sagte Halves. Der 18-jährige Haupttäter zogt mit Hilfe der Mitangeklagten ein äußerst lukratives Geschäftsmodell auf: "Das ist beispiellos in der hiesigen Region", betonte der Richter. Aus den Betäubungsmittelgeschäften wurden von Februar bis Oktober Umsätze in Höhe von einer Viertelmillion Euro erzielt. Um nicht entdeckt werden, entwickelt die Gruppe kreative Ideen. Sie tarnte sich beispielsweise bei Übergaben als Hochzeitsgesellschaft und versteckte die heiße Ware in der Hochzeitstorte. Es wurde eine Garage zum Lagern der Ware angemietet, eine Kiste vergraben und eine Geldzählmaschine angeschafft.


Schicksalhafte Lebensgeschichten

Von Null auf Hundert, so Richter Halves, seien die Jugendlichen in die organisierte Schwerkriminalität gerutscht. Halves: "Es gibt nicht die eine Ursache, sondern ein ganzes Bündel." So sei der Kopf der Bande und "Firmenchef" seit seinem 15. Lebensjahr drogenabhängig. "Durch seine Abhängigkeit hatte er Schulden und Druck." Seine 16-jährige Freundin machte laut Halves aus Loyalität und Liebe bei den Drogengeschäften mit. Bei den anderen Angeklagten seien es Erlebnisse aus der Kindheit, Hänseleien, Mobbing und die Suche nach der Anerkennung in einer Gruppe. Der junge IT-Spezialist, der wegen seines Sprachfehler gehänselt worden sei, war demnach stolz, als Experte gebraucht zu werden.

Wie Richter Halves betonte, hätten alle Täter aus eigenem Antrieb gehandelt. Bei dem Haupttäter, der Organisator und Initiator war, sah das Gericht erhebliche Erziehungsdefizite. "Eine längerfristige Jugendstrafe ist hier unabdingbar", so der Richter. Der 18-Jährige soll nun im Rahmen seiner Haftstrafe zum Drogenentzug in eine entsprechende Einrichtung. Richter Halves folgte damit dem Antrag von Staatsanwalt Dr. Michael Koch. Koch hatte auch für die anderen Angeklagten Freiheitsstrafen von mindestens drei Jahren gefordert, da er aus erzieherischen Gründen eine Bewährung für fatal hielt.


Und jetzt: Auf die Schule konzentrieren

Letztendlich aber folgte das Gericht bei den Mittätern den Ausführungen der Verteidiger, die wegen der Beihilfe und des Alters für Bewährungsstrafen plädiert hatten. Alle Mittäter haben zudem günstige Sozialprognosen, sie waren einsichtig und geständig, sie befinden sich in Ausbildung. Der "IT-Experte" habe im Gefängnis für die Schule gelernt. Um auf den rechten Weg zu kommen, sollen sich die fünf auf ihre Berufs- und Schulausbildung konzentrieren, so der Richter. Zusätzlich müssen sie je 250 Stunden innerhalb eines Jahres an gemeinnütziger Arbeit verrichten und die Bewährungsauflagen erfüllen.