Dekanatskirchentag in Seßlach beleuchtet die Gesellschaft

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Ein Szenenspiel der Evangelischen Jugend zum Predigttext aus dem Buch des Propheten Jeremia war ein Höhepunkt im Verkündigungsteil des Festgottesdienstes am Dekanatskirchentag in Seßlach. Unser Bild zeigt von links Licia Herold als Israelin in der baylonischen Gefangenschaft, Laura Bautz als Reporterin des imaginären Fernsehsenders TV Temple News, Pfarrer Helmuth Bautz als energischen Propheten, Paul Vincent als Kameramann von TV Temple News und Simon Croner als moderaten Propheten. Foto: Ma...
Ein Szenenspiel der Evangelischen Jugend zum Predigttext aus dem Buch des Propheten Jeremia war ein Höhepunkt im Verkündigungsteil des Festgottesdienstes am Dekanatskirchentag in Seßlach ...
Ein Szenenspiel der Evangelischen Jugend zum Predigttext aus dem Buch des Propheten Jeremia war ein Höhepunkt im Verkündigungsteil des Festgottesdienstes am Dekanatskirchentag in Seßlach. Unser Bild zeigt von links Licia Herold als Israelin in der baylonischen Gefangenschaft, Laura Bautz als Reporterin des imaginären Fernsehsenders TV Temple News, Pfarrer Helmuth Bautz als energischen Propheten, Paul Vincent als Kameramann von TV Temple News und Simon Croner als moderaten  Propheten. Foto: Ma...
Die Sambasticos aus der Wefa heizten mit ihren lateinamerikanischen Rhythmen dem Dekanatskirchentag in Seßlach tüchtig ein. Foto: Martin Koch
Die Sambasticos aus der Wefa heizten mit ihren lateinamerikanischen Rhythmen  dem Dekanatskirchentag in Seßlach tüchtig ein. Foto: Martin Koch
 
Anja und Helmuth Bautz sowie Susanne Lindner von der Kur- und Urlauberseelsorge in Bad Staffelstein Foto: Martin Koch
Anja und Helmuth Bautz sowie Susanne Lindner von der Kur- und Urlauberseelsorge in Bad Staffelstein Foto: Martin Koch
 
Altbischof Prof. Axel Noack bei seiner Predigt in der Seßlacher Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer. Foto: Martin Koch
Altbischof Prof. Axel Noack bei seiner Predigt in der Seßlacher Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer. Foto: Martin Koch
 
Pfarrer Christian Frühwald, Prof. Axel Noack, der Lichtenfelser Landrat Christian Meissner (CSU), die Lichtenfelser CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, der Coburger Landrat Michael Busch (SPD) und die Michelauer Dekanin Stefanie Ott-Frühwald diskutierten in der Seßlacher Johanneskirche über das Spannungsfeld zwischen Kirche sowie Politik und Gesellschaft. Foto: Martin Koch
Pfarrer Christian Frühwald, Prof. Axel Noack, der Lichtenfelser Landrat Christian Meissner (CSU), die Lichtenfelser CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, der Coburger Landrat Michael Busch (SPD) und die Michelauer Dekanin Stefanie Ott-Frühwald diskutierten in der Seßlacher Johanneskirche über das Spannungsfeld zwischen Kirche sowie Politik und Gesellschaft. Foto: Martin Koch
 
Die Mitwirkenden beim Festgottesdienst in der Seßlacher Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer präsentierten sich nach dem Auszug zu einem Gruppenbild. Ganz hinten rechts steht Altbischof Axel Noack, links davor Dekanin Stefanie Ott-Frühwald und vorne ganz links der Seßlacher Bürgermeister Martin Mittag. Foto: Martin Koch
Die Mitwirkenden beim Festgottesdienst in der Seßlacher Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer präsentierten sich nach dem Auszug zu einem Gruppenbild. Ganz hinten rechts steht Altbischof Axel Noack, links davor Dekanin Stefanie Ott-Frühwald und vorne ganz links der Seßlacher Bürgermeister Martin Mittag. Foto: Martin Koch
 
Pfarrer i. R. Rudolf Ranzenberger vom Posaunenchor Altenkunstadt/Strössendorf erklärte dem Publikum, wie man am besten ein etwas größeres Blechblasinstrument handhabt. Foto: Martin Koch
Pfarrer i. R. Rudolf Ranzenberger vom Posaunenchor Altenkunstadt/Strössendorf erklärte dem Publikum, wie man am besten ein etwas größeres Blechblasinstrument handhabt. Foto: Martin Koch
 

Kirche, Politik und Gesellschaft harmonieren nicht zwangsläufig. Das wurde beim Dekanatskirchentag in Seßlach deutlich.

"Suchet der Stadt Bestes - Christsein heute!" Dieses Motto, im ersten Teil aus dem Buch des Propheten Jeremia entnommen, war das Leitthema beim Dekanatskirchentag des Dekanates Michelau in der Stadt Seßlach im Landkreis Coburg. Der Dekanatskirchentag war inhaltlich geprägt vom Miteinander von Kirche, Politik und Gesellschaft, das nicht zwangsläufig immer harmonisch sein muss. Insbesondere konnte Altbischof Axel Noack aus seinen Erfahrungen als evangelischer Pfarrer in der einstigen Deutschen Demokratischen Republik ganz andere Erfahrungen beschreiben, die den Christen im Nordwesten Oberfrankens nicht unbedingt geläufig sind.

Die katholische Stadtpfarrkirche St. Johannes der Täufer in Seßlach war am Sonntag beim Festgottesdienst zum Dekanatskirchentag brechend voll. Ein Szenenspiel der Evangelischen Jugend führte in die Zeit der babylonischen Gefangenschaft des Volkes Israel, etwa ein halbes Jahrtausend vor der Geburt Jesu Christi. Ein imaginärer Fernsehsender interviewte einige Israeliten, es war schon die zweite Generation in Gefangenschaft. Sie schienen sich mit ihrer Situation abgefunden zu haben. Propheten und Heilsverkünder meldeten sich zu Wort. Einen echten Ruck gab es nicht.


DDR-Biografie

"Wir sind etwas vorbelastet beim Hören auf diesen Text", sagte Bischof Noack in seiner Predigt. Die Zurückhaltung der gefangenen Israeliten erinnerte ihn an das Christsein in der DDR. Seine Frage: "Wie viel Widerstand und wie viel Anpassung sind notwendig?" Er blickte in die (ost-)deutsche Gegenwart. "Das Flüchtlingsthema entzweie Familien. "Wir haben auch heute recht verschiedene Propheten mit unterschiedlichen Botschaften", sagte der Bischof. Der Festgottesdienst wurde vom Posaunenchor Heilgersdorf, vom Dekanatskantor Klaus Bormann an der Orgel und von der Dekanatsband musikalisch ausgestaltet. Grußworte sprachen der Seßlacher Bürgermeister Martin Mittag und Elmar Butterhof vom katholischen Pfarrgemeinderat Seßlach.

Bischof Axel Noack ist 1949 in Biesnitz bei Görlitz auf die Welt gekommen. Von 1997 bis 2009 war er zunächst Bischof der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und später der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Sein Dienstsitz war der Dom in Magdeburg, geweiht den Heiligen Mauritius und Katharina. Er verweigerte in der DDR den Wehrdienst und durfte deshalb nicht Mathematik studieren. Nach dem Abitur machte er eine Schlosserlehre. Er studierte Theologie an der Kirchlichen Hochschule in Naumburg und war unter anderem Pfarrer in Merseburg und in Wolfen. Seit 2009 ist Axel Noack Professor für Kirchengeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

In der Podiumsdiskussion nach dem Gottesdienst betonte Noack, dass der Staat die Pflicht habe, das Gemeinwohl zu sichern. Dekanin Stefanie Ott-Frühwald beklagte den schwindenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Da stimmte auch der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner zu: "Wir haben eine Verinselung in unserer Gesellschaft", sagte er, "das ist eher frustrierend als inspirierend."


"Es schiebt sich das Parteisein vor das Christsein"

Pfarrer Christian Frühwald, derzeit Pfarrer in Bad Rodach und zu Bischof Noacks Zeiten Konsistorialrat in der einstigen Kirchenprovinz Sachsen, stellte fest, dass die Angst der Deutschen wachse. "Man muss versuchen, so wenig Ungerechtigkeit wie möglich entstehen zu lassen", sagte die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner. Sie wies dabei auf die Mütterrente hin, die ein wichtiger Nachteilsausgleich. Mit einer eher moderaten Rhetorik mahnte Zeulner eine Lösung zum Thema Migration an. Der Coburger Landrat Michael Busch sagte: "Europa muss sich in der Frage von Migration und Flucht einig sein." Er wundere sich, sagte Busch, warum die CSU nicht einmal zwei Wochen warten könne, bis sich klarere Konturen zur Lösung der Migrationsfrage abzeichnen könnten. "Es schiebt sich das Parteisein vor das Christsein", sagte Bischof Noack mit kritischem Blick auf einige bekennende Christen in der Politik.

Und dann ging es um ein Spannungsfeld zwischen Sozialpolitik und Lokalpolitik. Die Landräte Meißner und Busch stehen ja auch in der politischen Verantwortung für den Klinikverbund Regiomed. Konfliktfelder sind dabei die Personalnot und schwierige Tariffragen. Christian Meißner bekannte: "Sowohl Michael Busch als auch ich, wir fühlen uns nicht wohl, wenn sich unsere Beschäftigten nicht wohl fühlen. Wir wünschen uns, dass kräftig für uns gebetet wird."


Meißner: Die Demokratie hat Deutschland geformt

Landrat Busch stellte zum Thema Migration fest, dass es im Coburger Land keine Probleme mit Asylbewerbern gebe. Er kritisierte, dass zwei gut integrierte Familien aus dem Coburger Land unlängst abgeholt und abgeschoben worden seien. "Wir haben nie Gelegenheit gehabt, uns an Ausländer zu gewöhnen", versuchte Bischof Noack manche ostdeutsche Befindlichkeit zu erklären. Er bat die Ostdeutschen darum, sich bewusst zu machen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein gutes Grundgesetz habe. "Nur die Demokratie hat dieses Land geformt", stimmte ihm Landrat Meißner zu.