Warum sich die junge Schauspielerin Eva Marianne Berger durch den massiven Wasserschaden am Landestheater Coburg nicht beirren lässt und sich auf die Titelrolle des diesjährigen Weihnachtsmärchens freut.
Mitten in den Proben für "Heidi" hat das Landestheater einen massiven Wasserschaden erlitten, der den Spielplan gehörig durcheinander gewirbelt hat. Das Stück, längst fertig geprobt, kommt mit zweieinhalb Wochen Verspätung endlich am Sonntag auf die Bühne.
Wie haben Sie als junge Schauspielerin und neues Ensemblemitglied die Auswirkungen dieses Wasserschadens erlebt? Verursacht das zusätzlichen Stress?Eva Marianne Berger: Natürlich. Toll finde ich aber, dass alle Beteiligten ganz schnell so weitergearbeitet haben, als sei das eine ganz normale Produktion. Es hilft ja nicht, wenn wir uns in die Jacke heulen. Das Stück soll gut werden - egal, unter welchen Bedingungen wir spielen. Das Publikum hat schließlich einen Anspruch darauf.
Ist Ihnen "Heidi" auch in Ihrer Kindheit begegnet?"Heidi" hat mich natürlich durch meine Kindheit begleitet - ich bin ja in der Schweiz aufgewachsen und in der Schweiz ist "Heidi" bis heute allgegenwärtig.
Legt die Popularität dieser Figur Sie als Schauspielerin bei der Darstellung auf der Bühne fest?Nein, überhaupt nicht. Trickfilm oder Film ist ja ein anderes Medium als Theater. Man kann versuchen, sich da und dort etwas abzuschauen - was ist gut gemacht, welche Bewegung überzeugt mich. Aber am Ende ist das Spiel auf dem Theater etwas ganz eigenes. Ich versuche im Herzen zu finden, was diese Figur bewegt.
Warum sind Sie Schauspielerin geworden? Sind sie "erblich" vorbelastet oder gab es ein Schlüsselerlebnis?Ich bin im Grunde im Theater groß geworden. Meine Eltern waren Abo-Publikum, und ich bin immer mitgegangen, wenn Vater oder Mutter mal keine Zeit hatten, egal, ob Schauspiel, Oper oder Ballett. Literatur war bei uns in der Familie immer gegenwärtig, weil meine Mutter uns Kindern immer sehr viel vorgelesen hat. Aber Theater hat mich immer beeindruckt durch seine Unmittelbarkeit. Mit 14 habe ich dann meiner Mutter gesagt, dass ich zum Theater will. Ich weiß noch, wie sie nur gesagt hat: Ach wirklich? Dann hat sie dafür gesorgt, dass ich mich über diesen Wunsch mit jemandem unterhalten konnte, der tatsächlich am Theater gearbeitet hat. Ein Schlüsselerlebnis? Nein, das hat es nicht gegeben - im Grunde war das eine ganz natürliche Entwicklung.
Johanna Spyris Roman "Heidi" erschien 1877 und ist nicht zuletzt durch eine TV-Serie in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts überaus populär geworden. Was macht "Heidi" noch heute interessant?"Heidi" ist wirklich ein Stoff für Jung und Alt. Das löst auch bei Erwachsenen wahnsinnig intensive Emotionen aus. Das habe ich bei der Matinee in der Reithalle gemerkt. Das ist wirklich ein sehr emotionaler Stoff - es geht um Heimat, Familie, Natur, Naturverbundenheit. Dieses Kind, das so darum kämpft, ein Zuhause zu finden, berührt mich wirklich.
Was freut Sie an Ihrem Beruf besonders?Immer wieder die Unmittelbarkeit, die Notwendigkeit, sich mit neuen Stoffen auseinanderzusetzen. Das ist aufregend, manchmal nervt es auch, aber es hält wach im Kopf.
Was ärgert Sie an diesem Beruf?Dass es dem Publikum manchmal schwer zu vermitteln ist, woran es denn genau lag, wenn einem einen Inszenierung vielleicht nicht gefallen hat. Lag es am Bühnenbild? An der Inszenierung? Oder haben die Schauspieler schlecht gespielt. Das treibt mich um, zu sagen, schaut doch differenzierter hin. Es ist doch interessant, sich darüber zu unterhalten - auch, wenn einem etwas nicht gefallen hat. Warum ist das so?
Haben Sie Traumrollen?Mir fallen eher Autoren ein, die ich gerne spielen würde. Jon Fosse würde ich wahnsinnig gerne spielen, den finde ich super. Ich würde wahnsinnig gerne Pollesch spielen, aber ich glaube, das funktioniert nur, wenn Pollesch auch inszeniert. Und ich mag Shakespeare wahnsinnig gerne. In Wolfgang Borcherts "Draußen vor der Tür" würde ich gerne die Elbe spielen. Aber das ist eine Rolle für eine ältere Schauspielerin, das hat noch Zeit.
Aus dem Leben einer jungen Schauspielerin Premieren-Tipp "Heidi" - Schauspiel für die ganze Familie nach dem Roman von Johanna Spyri; Sonntag, 1. Dezember, 11 Uhr
Termine Sonntag, 1. Dezember, 14 Uhr; 4., 6., 7., 8., 12., 13. Dezember, 11 und 14 Uhr, 14. Dezember, 18 Uhr, 15. Dezember, 15 und 18 Uhr, 20., 22., Dezember, 11 und 14 Uhr, 23. Dezember, 15 und 18 Uhr, 26. Dezember, 14 Uhr, 28., 29. Dezember, 11 und 14 Uhr, 4., 5. Januar, 11 und 14 Uhr, 6. Januar, 11 und 18 Uhr, 12. Januar, 14 Uhr
Produktion Inszenierung: Matthias Straub; Bühne: Daniel Kaiser/Thomas Müller; Kostüme: Nora Johanna Gromer; Dramaturgie: Georg Mellert
Eva Marianne Berger wurde im Jahr 1985 in Bern geboren. Ihre Ausbildung erhielt sie an der Hochschule der Künste in ihrer Heimatstadt. Von 2009 bis 2012 war sie Ensemblemitglied am Anhaltischen Theater Dessau. Diverse Stückverträge führten die Schauspielerin außerdem an das Deutsche Theater Berlin, an die Kornhausbühne und an das Stadttheater Bern sowie ans Stadttheater Konstanz.
Rollen Seit der Spielzeit 2013/2014 ist sie Ensemblemitglied am Landestheater Coburg. In dieser Saison ist sie bereits als Lilly Mendez in "Tombstone" zu sehen. In der Inszenierung von "Heidi" übernimmt sie die Titelrolle.