Obdachloser muss nun doch den Coburger Bahnhof verlassen - Polizei klärt zu Vermutung auf

- Coburg: Obdachloser muss Bahnhof verlassen - das ist der Grund
- "Zweite männliche Person dazugesellt": Polizeisprecher äußert sich
- "Entschieden verneinen": Platzverweis hat nichts mit Convent zu tun
Vor einiger Zeit schlug ein Obdachloser sein Quartier mit Matratze, Gepäck und Essen am Coburger Bahnhof auf. Ihm sei bereits mehrmals angeboten worden, in eine Obdachlosenunterkunft zu ziehen, dies habe der Mann jedoch immer abgelehnt, äußerte sich Stadtsprecher Louay Yassin Anfang Mai im inFranken.de-Interview. Bislang sah es so aus, dass der Obdachlose am Bahnhof bleiben darf, doch nun musste er seinen Liegeplatz auf einer Bank vor dem Gebäude verlassen. Polizeisprecher Stefan Probst erläutert die Hintergründe im Gespräch mit der Redaktion.
Update vom 25.05.2023: Zwei Obdachlose erhalten Platzverweis - und müssen den Coburger Bahnhof verlassen
Am vergangenen Freitag (19. Mai 2023) habe sich eine "zweite männliche Person" zu dem Obdachlosen hinzugesellt, berichtet Probst. "Seitdem kam es zu massiven Verunreinigungen durch Kot, Urin und Erbrochenes" durch den zweiten Obdachlosen. Zudem habe er Getränke aus dem Imbiss in der Eingangshalle des Coburger Bahnhofs geklaut.
"Aufgrund dieser Straftat und den Verunreinigungen hat sich die Coburger Polizei dazu entschieden, einen Platzverweis auszusprechen", beide Männer seien aufgefordert worden, den Bahnhof zu verlassen, was sie auch taten. Die Maßnahme sei am Mittwoch (23. Mai 2023) gegen 12.40 Uhr ergriffen worden, um "weitere Straftaten zu unterbinden".
Die zwei Wohnungslosen hätten abermals das Angebot abgelehnt, in eine Obdachlosenunterkunft zu ziehen. Das Sozialamt sei ebenfalls auf die beiden zugegangen, jedoch ohne Erfolg. Auf die Frage, ob der in wenigen Tagen stattfindende Coburger Convent, bei dem die Stadt 3000 Teilnehmer erwartet, auch etwas mit dem Platzverweis der zwei Obdachlosen zu tun hatte, wie in lokalen Medien vermutet wurde, antwortet Probst: "Das kann ich entschieden verneinen."
Erstmeldung vom 02.05.2023: "Finden es auch nicht schön": Stadt Coburg machte Obdachlosem mehrfach Umzugsangebote
Der neugestaltete Coburger Bahnhof erhielt vergangenes Jahr unter anderem wegen seiner "einzigartigen Atmosphäre" den Titel "Bahnhof des Jahres 2022". Er sei ein "Schmuckstück" mit Wohlfühlatmosphäre, schrieb damals das Bündnis "Allianz pro Schiene". Seit mehreren Wochen fühlt sich hier auch ein Mann ohne festen Wohnsitz spürbar wohl. Eine Frau sprach dieses Thema kürzlich in einer lokalen Facebook-Gruppe an - sie sei "extrem erschrocken" und berichtet von Vermüllung. Bei der Stadt sieht man die Sache etwas anders - und sich selbst in den Möglichkeiten beschränkt.
"Es macht mir überhaupt nichts aus, dass hier ein Obdachloser wohnt. Er braucht ein Dach über dem Kopf. Aber überall lagen kaputte Flaschen, anderweitige Scherben, Hundekot und Dreck", schreibt die Frau. Dieser Zustand sei nur vorübergehend gewesen, wie hingegen ein anderer Nutzer schreibt und auch Stadtsprecher Louay Yassin wisse nichts "von extremer Vermüllung", sagt er gegenüber inFranken.de. Der Mann habe dort seine Matratze, Gepäck und Essen. Nahrung und Trinken komme sogar hauptsächlich von den Passant*innen selbst. Yassin betont damit, dass sein Aufenthalt damit auch von manchen unterstützt werde.
Geschützt von Kälte und Witterung sei der Mann in der Unterführung zudem sicher vor nächtlichen Gefahren, da die Bahn den Bereich nachts während der Pause des Zugverkehrs versperre. Yassin könne aber den Unmut mancher Menschen verstehen: "Wir finden es auch nicht schön und haben uns viele Gedanken gemacht, wie wir mit dem Herrn verfahren können." Die Unterführung sei städtischer Grund und liege nicht im Aufgabenbereich von Bahn und Polizei.
Stadt Coburg will Obdachlosen nicht aus Bahnhof verjagen - "müsste schon etwas vorfallen"
Ungefähr seit dem Erscheinen des Mannes sei die Stadt mit ihm im Gespräch. "Wir haben dem Herren schon mehrfach Angebote gemacht - beispielsweise in ein Obdachlosenasyl zu gehen." Dort seien Plätze frei, "aber der Mann will nicht", so der Coburger Pressesprecher. Um staatliche Gewalt anzuwenden, müsse die Stadt der Polizei den Auftrag geben, ihn abzuführen. Doch das sei nicht so leicht umzusetzen.
Denn letztlich sei die Unterführung doch öffentlicher und kein privater Grund, bei dem andere Maßstäbe herrschten. Der öffentlichen Verwaltung seien "hier mehr die Hände gebunden". Die Verhältnismäßigkeit sei bei der Thematik zu beachten, erklärt Yassin weiter. "Wie weit greife ich in das Individualrecht eines Einzelnen ein und ist das gerechtfertigt?" Eine Gefahr durch den Mann würde den Eingriff rechtfertigen, diese liege aber nicht vor. "Es müsste schon etwas vorfallen, das uns das Recht gibt, in sein Individualrecht einzugreifen."
Eine Abwehrstrategie mit klassischer Musik wie am Nürnberger Bahnhof lehne die Stadt Coburg ab, denn immerhin handele es sich lediglich um keine Gruppen. Er sei noch hinnehmbar für die Allgemeinheit, so der Schluss. "Wir werden weiter mit Gesprächsangeboten auf ihn zugehen und vielleicht ist irgendwann etwas dabei, das er annimmt", schildert Louay Yassin den weiteren Plan.