Wie wär's mit der Schwarmstadt?
Doch wie kann Coburg tatsächlich mehr Ärzte gewinnen und sich vor allem gegenüber attraktiveren Standorten in Oberbayern oder in der Nähe von Universitätsstädten behaupten? Wie wäre es mit einer bundesweit angelegten Imagekampagne für den Lebensort Coburg? Rothenburg ob der Tauber kennt jeder, aber Coburg...? Außer HUK, Samba und Handball fällt einem da wenig ein. Da war doch mal von der Schwarmstadt die Rede. Wäre es das nicht?
Für Martin Lücke ist Schwarmstadt der falsche Ansatz. Da denke man zuerst an schönes Wohnen. Aber bei der Nachfolge von Ärzten gehe es ums Arbeiten. Der SPD-Stadtrat sieht die neue Linie in der Umweltpolitik der Stadt als einen guten Ansatz, um Coburg noch attraktiver zu machen.
Ob ein gut ausgebautes Radwegenetz aber tatsächlich der Brüller bei der Ansiedlung ist?
Fehlende Hausärzte seien nicht zwangsläufig eine Frage von Standortwerbung, sagt Louay Yassin, Pressesprecher der Stadt Coburg. "Das spielt natürlich auch hinein und ist nie falsch. Aber wichtig sind für junge Ärzt*innen vor allem Faktoren wie Work-Life-Balance. Es gibt durchaus einige junge Ärzte in der Ausbildung aus der Region. Aber wir hören immer wieder, dass es für viele angehende Ärzt*innen nicht mehr interessant ist, sich niederzulassen. Vielmehr wollen sich viele anstellen lassen, um beispielsweise einen geregelten Feierabend zu haben. Oder Frauen wollen selbstverständlich in Erziehungsurlaub gehen."
Die Stadt Coburg und die Wirtschaftsförderer entwickeln derzeit gemeinsam Ideen. Der OB hätte das nicht umsonst 2020 kurz nach der Wahl zur Chefsache gemacht. Erste Früchte zeigte das ja bereits: Zwei neue Allgemeinärzt*innen im Jahr 2021 - Marlene Höfer in der Mohrenstraße und Andreas Hoffmann am Bahnhofsplatz.
Aber es reiche eben nicht, Praxen zu vermitteln. Hier werde umfassender nachgedacht. "Die Krux an der Sache ist, dass viele Ideen entweder rein rechtlich nicht machbar sind, da unzulässige Wirtschaftshilfe oder allein in der Zuständigkeit des Freistaates liegen", sagt Yassin.
Also denkt die Stadt über Life-Balance nach - statt mit ihren Pfunden zu wuchern?
Die Gesundheitsregion Plus möchte derweil mit einer ganz anderen neuen Idee Ärzte begeistern: die Sommerakademie. Diese wird fachliche Weiterbildung, Austausch und Freizeitaktivitäten für Studierende sowie Weiterbildungsassistenten und Weiterbildungsassistentinnen bieten. "Durch die gezielte Ansprache von Weiterbildungsassistenten erhoffen wir uns einen relativ kurzfristigen Erfolg in Form von Niederlassungen oder Anstellungen in Stadt und Landkreis Coburg", meint die Geschäftsführerin.
Auch da sei Skepsis erlaubt. Sicherlich - Kleinvieh macht auch Mist, aber deswegen kommt kein neuer Arzt nach Coburg, oder doch?
Und was sagt die IHK zur Standortpolitik? Dr. Andreas Engel, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Coburg: "Gute Hausärzte und prinzipiell eine gute Arzt-Versorgung sind für unsere Unternehmen ein Standortfaktor bei der Mitarbeitergewinnung und damit ist das Thema auch für die IHK zu Coburg von hoher Relevanz. Besonders wichtig erscheint aktuell, die vielfältigen Aktivitäten und Stärken, die unsere Coburger Region heute schon hat, noch stärker nach außen zu kommunizieren." Also doch!
Der Ruf einer Region als Medizin-Standort sei mitentscheidend. Da könne Coburg punkten: "Die Regiomed-Kliniken sind ein breit aufgestellter Verbund, mit der Perspektive für den Aufbau eines Medizin-Campus auf dem ehemaligen BGS-Gelände."
Bis der allerdings fertig ist, schließen noch viele rentenreife Ärzte ihre Praxen zu.