Coburg: Amokfahrt mit Sattelzug - 39-Jähriger im Drogenrausch

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Mit diesem Sattelzug war Harald B. auf dem Weg von Österreich nach Hamburg. Die Fahrt endete jedoch auf der B4. News 5/Ittig
Mit diesem Sattelzug war Harald B. auf dem Weg von Österreich nach Hamburg. Die Fahrt endete jedoch auf der B4. News 5/Ittig
Über diese Strecke verfolgte die Polizei Harald B. Grafik: Carolin Höfler
Über diese Strecke verfolgte die Polizei Harald B. Grafik: Carolin Höfler
 

Ein 39-jähriger Kraftfahrer zog mit seinem Sattelzug am 23. Januar eine Spur der Verwüstung durch ganz Franken. Am Montag hat der Prozess gegen den Amokfahrer vor dem Coburger Landgericht begonnen.

Der Vorwurf des versuchten Mordes wurde schnell fallen gelassen. Dafür ist Harald B. wegen Vollrausch von Staatsanwalt Martin Dippold angeklagt worden. Er habe sich vorsätzlich mit Amphetamin in einen Rausch versetzt und in diesem Zustand rechtswidrige Taten begangen - und sei damit entsprechend schuldunfähig, heißt es in der Anklageschrift.

Nun hat der Prozess unter dem Vorsitzenden Richter Christoph Gillot vor der Ersten Großen Strafkammer als Schwurgericht am Landgericht Coburg begonnen.

Harald B. fuhr mit seinem 22 Tonnen schweren Lkw Schlangenlinien über die Autobahn und mehrere Bundesstraßen, rammte Fahrzeuge der Polizei und anderer Verkehrsteilnehmer. Zeitweise fuhr er auch ohne Licht.

Probleme in der Familie

Seit 2014 hatte B. mit seiner Frau Eheprobleme, wie er am Montag vor Gericht angibt. Um sich von den Dissonanzen mit seiner Frau abzulenken, stürzte sich der Angeklagte eigenen Angaben zu Folge in seine Arbeit als Kraftfahrer. An den Wochenenden nahm Harald B. gelegentlich die Droge Speed, weil er damit abschalten und auch mal an etwas anderes denken konnte. Der 39-Jährige habe es laut seiner Aussage aber unter Kontrolle gehabt.

"Erst im im letzten halben Jahr vor der Tat haben die Menge und Dosierung zugenommen", erklärt Harald B. Als Grund gab er an, dass seine Frau eine neue Beziehung mit einem anderen Mann eingegangen sei. Das war zu viel für den Angeklagten.Um sich abzulenken, startete der Hamburger einen neuen Job bei einem niedersächsischen Unternehmen. Bei seiner ersten Fahrt für den neuen Arbeitgeber nach Österreich kam es während der Beladungszeit über das Telefon zu einem Streitgespräch mit seiner Frau. "Ich habe dann zwei oder drei Nasen Speed gezogen", erinnert sich der Angeklagte.

Es war nicht das erste Mal, dass das während der Arbeit passiert sei, wie er angibt. "Was dabei herausgekommen ist, hätte ich mir nie vorstellen können", führte Harald B. weiter aus.

Amokfahrt beginnt um 19.04 Uhr

Gegen Nachmittag macht sich B. auf den Rückweg nach Hamburg, um Maschinenteile abzuliefern. Dabei legt er um 18.48 Uhr einen Stopp auf der A9 bei Eching ein. Ob er in der fünfzehnminütigen Pause noch einmal etwas genommen habe, vermag Harald B. nicht mehr zu sagen.

Gegen 20.40 Uhr verursacht der Angeklagte mit seinem Lkw die erste Kollision. Zu Ende war die Fahrt erst um 23.06 Uhr auf der B4 bei Untersiemau, als es einem Polizeihubschrauber gelingt, den Fahrer zu blenden und der Sattelzug somit zum Stillstand kommt.

In den vier Stunden zuvor hat er in den Landkreisen Coburg, Lichtenfels, Bamberg und Haßberge bereits mehrere 100  000 Euro Schaden angerichtet.

Wie aus dem Fahrtenschreiber hervorgeht, der von einem Beamten der Coburger Polizei ausgewertet wurde, erreichte der Sattelzug in der Spitze über 120 Stundenkilometer.

"Mit Vollgas unterwegs"

"Ab 19 Uhr war der Angeklagte praktisch nur noch mit Vollgas unterwegs", sagt der Polizist vor Gericht aus.

Eine Erinnerung an die entscheidenden Stunden der Fahrt hat der Angeklagte nicht mehr.

"Ich bin erschrocken, dass ich das gewesen sein soll", wie er vor Gericht beteuert. Laut Aussage des Angeklagten sind seine ersten Erinnerungen erst wieder auf der Polizeidienststelle in Coburg.

Wirklich klar denken können, hätte Harald B. erst wieder am nächsten Tag, als er in die JVA Kronach eingeliefert wurde. Die Lücken füllen Polizeibeamte, die sich "aus Todesangst" vor dem Trucker in Sicherheit brachten, als dieser mit seinem Sattelzug auf die Polizisten zuhielt.

Besonders großen Schaden richtet Harald B. in der engen Straße "Kleine Rosenau" in Coburg an. "Er hat ohne Rücksicht auf Verluste alles niedergewalzt", sagt ein weiterer Polizist aus. Die Beamten berichten am Montag außerdem, dass die Fahrmanöver des Angeklagten bewusst ausgeführt worden seien. Demnach hätte es auch wieder Phasen gegeben, in denen Harald B. den Sattelzug bewusst in der Spur gehalten habe.

Sobald sich ein Streifenfahrzeug genähert hat, fuhr er Schlangenlinien, um ein Überholen zu verhindern. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Dann werden weitere Zeugen vernommen. Ein Urteil wird für den 28. September erwartet.