"Rückwärtsgewandt": Nach Brose-Baustopp in Coburg - Grüne mit scharfer Gegenattacke

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Brose-Baustopp in Coburg: Grüne äußern Kritik an Autozulieferer, Stadt und CSU
Die erneute Diskussion um die Verkehrsführung rund um den Brose-Standort führt bei den Coburger Grünen augenfällig zu Stirnrunzeln.
Brose-Baustopp in Coburg: Grüne äußern Kritik an Autozulieferer, Stadt und CSU
Brose

Nach dem unerwarteten Baustopp von Brose üben die Coburger Grünen gleich in mehrfacher Hinsicht Kritik. Autozulieferer, Stadt und CSU haben mit ihren Äußerungen jeweils für Unverständnis in der Partei gesorgt.

Die Nachricht sorgte über die Grenzen Coburgs hinweg für Aufsehen: Vor drei Wochen teilte der Automobilzulieferer Brose überraschend die Einstellung "aller weiteren Baumaßnahmen am Standort Coburg" mit. Der Stadt warf das Unternehmen in diesem Zusammenhang mangelnde Unterstützung vor. Groll zeigte Brose insbesondere mit Blick auf die Infrastruktur: Der vom Zulieferer für den Bau des neuen Logistikzentrums geforderte vierspurige Ausbau der B4 im Weichengereuth war vom Stadtrat abgelehnt worden. 

Die seitdem neu entfachte Diskussion um die Verkehrsführung rund um den Brose-Standort trifft bei den Coburger Grünen auf Unverständnis. In einer am Sonntag (5. November 2023) veröffentlichten Stellungnahme üben Stadtratsfraktion und Kreisverband Kritik am fränkischen Autozulieferer. Für Unmut sorgen zugleich die Haltung der Stadt sowie die Forderung der CSU bezüglich der Verkehrssituation. 

Verkehrsführung in Coburg nach Brose-Baustopp in der Kritik: Grüne äußern Unverständnis

In einer firmeninternen Mitteilung vom 24. Oktober hatte Brose auf eine Belästigung von Anwohnern sowie eine Gefährdung seiner Angestellten hinsichtlich des Lkw-Verkehrs am Werkseingang hingewiesen. "Nach den Vorstellungen der Vertreter der Stadt Coburg soll weiterhin der Schwerlastverkehr über den Brose-Kreisel und die Bamberger Straße Richtung Innenstadt fahren, die dortigen Anwohner mit Lärm und Abgasen belästigen und unsere Mitarbeiter am Werkseingang gefährden", hieß es in dem Aushang.

Die Grünen stören sich an dieser Aussage des Unternehmens. "Das blendet komplett die Gefährdung von Verkehrsteilnehmenden durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr auf der Frankenbrücke aus", betont die Partei. Für alle Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs seien, sei die Einmündung der Uferstraße auf den Bereich Frankenbrücke/Schillerplatz schon jetzt "ein Gefahrenbereich". Die Schlussfolgerung aus Sicht der Grünen: "Jeder Lkw, der dort nicht abfahren oder abbiegen muss, reduziert das Risiko eines schweren Verkehrsunfalls."

In ihrer Stellungnahme äußern sich die Grünen zudem explizit zum von Brose geforderten Bundesstraßenausbau. "Nach wie vor verstehen wir nicht, welche Vorteile ein vierspuriger Ausbau der B4 in Weichengereuth bringen soll." Dieser könne nach Ausführungen des Staatlichen Bauamtes Bamberg nur mit der Installation von drei Ampelanlagen erfolgen, halten Stadtratsfraktion und Kreisverband fest. "Wenn man gerne vierspurig mit drei Ampelanlagen auf die Frankenbrücke will, kann man das heute schon über die Bamberger Straße tun - es ist sogar gleich weit."

"Haben Kompromisse genug machen müssen": Grüne sprechen B4-Anwohnern "Lebensqualität" ab

Laut Auffassung der Grünen haben es die Bürger in Weichengereuth schon gegenwärtig nicht einfach. "Die Anwohner*innen in Weichengereuth haben Kompromisse genug machen müssen und leben durch die B4 jetzt schon auf Grundstücken und in Häusern, die niemand ernsthaft mit dem Stichwort 'Lebensqualität' belegen würde", moniert die Partei. 

Auch in Richtung Stadt gibt es Vorwürfe. "Was sind die Klimaschutzanstrengungen der Stadt Coburg wert, wenn eine Firma eine Verkehrsführung problemlos durchsetzen kann, die deutlich länger als eine bereits vorhandene Anbindung ausfällt?", fragen die Grünen mit Blick auf die Uferstraße. In einem Statement hatte die Stadt zuvor Ende Oktober erklärt, dass die von Brose gestellte Bedingung erfüllt werde.

"Wir haben Brose am 10. Oktober mitgeteilt, dass der Lastkraftverkehr bis 40 Tonnen über die Uferstraße wie gewünscht praktisch uneingeschränkt möglich ist", wurde Peter Cosack, Leiter des Baureferats, darin zitiert. Für die Grünen ist die Sache offenkundig klar: "Mehr und unnötig gefahrene Lkw-Kilometer in der Stadt bedeuten neben höheren CO2-Emissionen auch mehr Lärm, mehr Stickoxide und mehr Feinstaub."

Vierspuriger Ausbau: Grüne erteilen CSU-Forderung klare Absage - "ist rückwärtsgewandt"

Eine Forderung der Coburger CSU und der Mittelstands-Union erteilen die Grünen derweil eine klare Absage. "CSU und Wirtschaftsunion haben durchaus recht, wenn sie einen zukunftsfähigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur fordern. Doch dieser findet nicht auf der Straße, sondern vor allem auf der Schiene statt." Anders würden die "dringend notwendigen Reduktionen von Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich" nicht zu schaffen sein, betonen die Grünen.

Der Vorsitzende der CSU/JC-Stadtratsfraktion, Hans-Herbert Hartan, hatte den Brose-Baustopp zuvor als "sehr bedenklich" bezeichnet. "Das ist kein gutes Signal für den Wirtschaftsstandort Coburg. Man kann nur hoffen, dass die anderen Fraktionen und die Wählergruppen endlich die Wichtigkeit der letzten großen Infrastrukturmaßnahme - der vierspurige B4-Ausbau - erkennen und ihre Blockadehaltung aufgeben", wird Hartan in einer Pressemitteilung der Christsozialen vom 29. Oktober 2023 zitiert. 

Die Grünen sehen die Forderung des CSU-Politikers und auch die Broses indes als nicht zukunftsweisend. "Immer wieder einen im Stadtrat mehrheitlich abgelehnten vierspurigen Ausbau der B4 in Weichengereuth zu fordern, ist rückwärtsgewandt und kein konstruktiver Weg zur Lösung der Klimakrise", hält die Partei in ihrem Statement zur Verkehrsführung bei der Firma Brose abschließend fest. Weitere Nachrichten aus Coburg und Umgebung findet ihr hier.