Für den gewaltsamen Tod von Wolfgang R. wurden seine Lebensgefährtin und drei weitere Personen verurteilt. Nun wird der Prozess neu aufgerollt.
Der Prozess um den gewaltsamen Tod des Beiersdorfers Wolfgang R. gehört zweifellos zu den spektakulärsten der letzten Jahrzehnte in Coburg. Im Februar 2015 hatte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Coburg in ihrem Urteil gegen die Lebensgefährtin des Opfers und drei weitere Angeklagte entschieden, Wolfgang R. sei weder aus Heimtücke noch aus Habgier getötet worden, die "Mordmerkmale" seien nicht erfüllt. Die Urteile lauteten auf Totschlag beziehungsweise Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft und die Tochter des Opfers sahen das allerdings anders und legten Revision ein. Der Bundesgerichtshof kassierte das Urteil im vergangenen November. Nun wird der Prozess neu aufgerollt: ab Donnerstag, 7. April, am Coburger Landgericht.
Die Verhandlungen - angesetzt sind zunächst zehn Tage - beginnen jeweils um 9 Uhr im Schwurgerichtssaal. Geladen sind insgesamt 96 Zeugen und sieben Sachverständige.
Wolfgang R.
hatte bei den Menschen, die ihn kannten, als höflicher, ruhiger Mensch gegolten. Viele Jahre gehörte er zum Orchester des Coburger Landestheaters, blies dort die Tuba. Dass der 66-Jährige nach seinem Ruhestand ausgerechnet ins Rotlichtmilieu eingestiegen war und im Kanonenweg Wohnungen an Prostituierte vermietete, erfuhren selbst viele enge Bekannte erst nach seinem gewaltsamen Tod in der Nacht zum 12. Dezember 2013.
Die genauen Abläufe und Ereignisse dieser Nacht, Hintergründe und Motive der Tat konnten im Prozess, der vom 26. November 2014 bis 13. Februar 2015 am Landgericht geführt wurde, nicht zweifelsfrei geklärt werden. Obwohl das Gericht mehr als 100 Zeugen und diverse Sachverständige befragte, blieb vieles im Dunkeln.
Angeklagt, und zwar ursprünglich wegen Mordes, waren die Lebensgefährtin des Opfers, Maria S., ihr Noch-Ehemann, Helmut S., sowie zwei Männer aus der Rocker-Szene, die das Ehepaar zur Tat angestiftet haben sollte. Während die beiden mutmaßlichen Täter, der damals 45-jährige Peter G. aus Coburg und der 23-jährige Paul K. aus Hildburghausen, zunächst keine Angaben zur Tat machten, hatte Maria S. gleich am ersten Prozesstag überraschend ein Teilgeständnis abgelegt. Die gebürtige Brasilianerin, die 2013 eine Bar in der Coburger Innenstadt betrieb, hatte allerdings vehement bestritten, dass ihr Lebensgefährte getötet werden sollte. Mit den beiden Männern sei lediglich über einen "Denkzettel" gesprochen worden.
Im Laufe des Prozesses hatten Peter G. und Paul K. ihr Schweigen gebrochen und plötzlich Helmut S. schwer belastet. Sie behaupteten nun, nicht Maria S.
habe ihnen den Auftrag erteilt, Wolfgang R. eine "Abreibung" zu verpassen, sondern Helmut S., ihr Noch-Ehemann.
Für Vorsitzenden Richter Gerhard Amend war der Beiersdorf-Prozess einer der letzten großen seiner beruflichen Laufbahn gewesen. Im vergangenen November trat Amend in den Ruhestand. Zur Wahrheitsfindung scheute er auch keine ungewöhnlichen Mittel. So hatte er seinerzeit einen nächtlichen Ortstermin im Beiersdorfer Eichenweg angeordnet. Schließlich war die Tat dort mitten in der Nacht geschehen und die Kammer sollte ein möglichst genaues Bild der Bedingungen erhalten, die herrschten, als Wolfang R. getötet wurde.