"Beethoven ist der Komponist, der meiner Seele am nächsten ist"

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Der Pianist Benjamin Moser gestaltete den Abschluss-Abend des Beethoven-Zyklus".Foto:Jochen Berger
Der Pianist Benjamin Moser gestaltete den Abschluss-Abend des Beethoven-Zyklus".Foto:Jochen Berger

Benjamin Moser beendete den Beethoven-Zyklus der Coburger Musikfreunde mit einem Auftritt im Kongresshaus. Warum gerade dieser Komponist für ihn einen ganz besonderen Stellenwert besitzt.

Die Corona-Krise war der Auslöser: Mit rund einem Jahr Verspätung ist der umfassende Beethoven-Zyklus sämtlicher Klaviersonaten zu Ende gegangen. Zu Gast beim Finale im Kongresshaus Rosengarten: der Münchner Pianist Benjamin Moser, der bereits mehrfach in Coburg zu hören war. Seinen ersten Beitrag zum Beethoven-Zyklus hatte Moser im April 2014 gestaltet - nun beendete das Projekt mit vier weiteren Sonaten. Warum Beethoven in seinem Interpreten-Leben einen ganz besonderen Platz einnimmt, erklärt der Pianist im Interview.

Sie haben die Ehre, den Beethoven-Zyklus der Coburger Musikfreunde mit sämtlichen 32 Klaviersonaten Beethovens abzuschließen. Warum ist dieser Komponist, mehr als 250 Jahre nach seine Geburt, immer noch ein Fixstern für Hörer wie Interpreten?

Benjamin Moser: Beethovens Musik ist zeitlos. Wie vielleicht kein anderer Komponist erzählt Beethoven in seiner Musik vom menschlichen Leid, von der Überwindung des Schicksals und von der Erlösung. In dieser Musik (und die 32 Klaviersonaten sind ein Kompendium der Musiksprache Beethovens) ist der gesamte Raum der menschlichen Emotion und Erlebniswelt vorhanden. Das ist etwas, was Menschen heute, wie auch damals stark anspricht und auch in weiteren 250 Jahren noch ansprechen wird.

Was bedeutet Beethoven für Sie persönlich?

Beethoven ist wahrscheinlich der Komponist, der meiner Seele am nächsten ist. Er ist ein großer Weltenverkünder. Seine Musik tröstet, sie gibt Kraft und Hoffnung, sie hat Humor, Trotz, Wut, Liebe, sie ist immer neu und oft revolutionär. In seiner Musiksprache gibt es einen Idealismus, eine zutiefst spirituelle Qualität, die mir schon oft über schwere Momente im Leben hinweggeholfen hat.

Sie waren im mehrjährigen Beethoven-Zyklus der Musikfreunde gleich mehrfach vertreten. Wie haben Sie Publikumsreaktionen erlebt?

Das war ganz unterschiedlich und hing auch mit den jeweiligen Stücken zusammen. Natürlich ist die Reaktion auf eine der frühen, jugendlich frischen Sonaten (wie zum Beispiel die Sonate Opus 10,2) eine ganz andere, als die Reaktion auf die letzte Sonate Opus 111, die ich als erste in Coburg spielte und die tatsächlich von den letzten Dingen erzählt, wo die Musik in andere Sphären aufbricht. Manchmal war die Reaktion enthusiastisch, manchmal nachdenklich. Das ist ja das schöne an dieser Musik, dass jeder die Stücke anders erlebt, etwas anderes mit nach Hause nehmen kann.

Beethoven galt als schwierige, widersprüchliche Persönlichkeit. Wie wichtig ist Ihnen als Interpret die Auseinandersetzung mit der Person Beethoven?

Sie ist ohne Frage wichtig. Wer weiß zum Beispiel, ob Beethoven die letzten Sonaten, die späten Streichquartette, die 9. Symphonie hätte schreiben können, wenn er nicht vom ungeheuren Schicksalsschlag seiner Ertaubung getroffen worden wäre? Seine Sorgen und Kämpfe, seine Rastlosigkeit, seine künstlerische Kompromisslosigkeit, das sind Dinge, die zum Verständnis seiner Musik unbedingt beitragen.

Das Programm für den Abschlussabend hat sich von der Auswahl im Grunde selbst ergeben - sie spielen jene vier Sonaten, die noch gefehlt haben. Was können Sie tun, um eine spannende Dramaturgie in diesen speziellen Abend zu bekommen?

Das wird hoffentlich jeder Hörer selbst für sich entdecken können. Es gibt unter den 32 Klaviersonaten kein schwaches Stück, so dass ich überzeugt bin, dass die Dramaturgie durch die Musik selbst entsteht. Hinzu kommt, dass wir dieses Konzert zusammen mit Joachim Rückert eigentlich an Beethovens Geburtstag im letzten Dezember geplant hatten und aufgrund der Pandemie verschieben mussten. Es ist mein erstes öffentliches Konzert seit über zehn Monaten, auch das verleiht dem Anlass eine besondere Dramaturgie.

Zu Gast bei den Musikfreunden Coburg

Benjamin Moser, 2007 Preisträger des renommierten Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau, ist durch zahlreiche erfolgreiche Auftritt in Coburg bereits eine feste Interpreten-Größe bei der Gesellschaft der Musikfreunde. Seit April 2014 ist der Auftritt am Montag inzwischen sein fünftes Coburg-Gastspiel auf Einladung der Gesellschaft der Musikfreunde. Seit 2019 unterrichtet er an der Hochschule Luzern eine eigene Klavierklasse (www.benjaminmoser.com).

Ausblick Montag, 8. Oktober, 19.30 Uhr, Kongresshaus Rosengarten - Ingolf Turban (Violine), Marlo Thinnes (Klavier), Werke von Ludwig van Beethoven