Wie die junge lettische Pianistin Aurelia Shimkus die zahlreichen Zuhörer beim "Verein" in ihren Bann zieht.
Brillante Technik allein macht noch keinen guten Pianisten aus. Es muss noch etwas Wesentliches hinzu kommen, das wir Gefühl oder Ausdruck nennen. Beim Klavier geschieht dies durch sensiblen Anschlag der Tasten, mit dem eine ausdrucksvolle Dynamik und Agogik erreicht wird.
Die erst 21 Jahre alte Nachwuchspianistin Aurelia Shimkus aus Lettland brachte diese Gabe mit und überzeugte in einem anspruchsvollen, vorwiegend romantisch-impressionistischen Programm sowohl durch Virtuosität als auch differenzierte Gestaltungskraft.
Bach zum Auftakt
Zu Beginn erklang eine Huldigung an den Meister aller Meister - Johann Sebastian Bach - in Gestalt des Largos aus dem Konzert f-Moll BWV 1056 mit ausdrucksvoller Melodieführung zur verhaltenen akkordischen Begleitung.
Elegant und flüssig
Flinke Finger beziehungsweise dichte Gestaltung waren in den Nummern 2 und 3 der "Etudes Tableaux op. 33 von Sergej Rachmaninoff zu hören. Lockerer, kapriziöser Anschlag prägte die Mazurka h-Moll von Frédéric Chopin; elegant und flüssig mit virtuoser Coda geriet dessen Walzer Es-Dur.
Ravel und Debussy
Zum Abschluss des ersten Teils erklangen zwei Werke der Impressionisten Ravel und Debussy: Stimmungsvoll und klagend die "Pavane pour une infante défunte" von Maurice Ravel sowie schwungvoll mit hoher Virtuosität "L'isle joyeuse" von Claude Debussy.
Feines Gespür für Skrjabin
Ein besonderes Faible scheint Aurelia Shimkus für das Schaffen des spätromantischen russischen Komponisten Alexander Skrjabin zu haben, war doch der gesamte zweite Konzertteil diesem introvertierten, exzentrischen Tonschöpfer am Beginn der Neuzeit gewidmet. Aber gerade hier zeigte sich die Klasse der Pianistin, nicht nur mit gängigen, populären Werken glänzen zu wollen. Ausdrucksreichtum und -vermögen sind bei Skrjabin in hohem Maße gefordert und deswegen bei der begabten Pianistin in besten Händen.
"Schwarze Messe"
Sie begann dynamisch-agogisch fein gestaltet mit den vier kurzen Charakterstücken op. 51, gefolgt von der düsteren, unheimlichen einsätzigen Sonate Nr. 9 op.68, auch "Schwarze Messe" genannt. Hier musste Shimkus auch mal kräftig zulangen. Sehr intime Stücke sind die fünf Préludes op. 16, deren unterschiedliche Stimmungen die Pianistin voll auskostete.