Auf der Suche nach der Leiche der 2001 verschwundenen Schülerin Peggy hat die Polizei am Mittwoch vergeblich ein Grab auf dem Lichtenberger Friedhof geöffnet.
Ein Zelt und ein mit Planen behängter Bauzaun sollen die letzte Ruhestätte vor neugierigen Blicken schützen. Auf dem Friedhof des kleinen oberfränkischen Städtchens Lichtenberg öffnet die Polizei ein Grab. Ermittler hegen den Verdacht, dass hier nicht nur eine 81 Jahre alte Frau beerdigt wurde, sondern auch die Leiche der 2001 verschwundenen Peggy versteckt sein könnte.
In der Nacht zum Mittwoch waren die Ermittler nach Lichtenberg gekommen. Am Mittag sind die Arbeiten beendet, der leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel aus Bayreuth ergreift das Wort: Es sei so gut wie auszuschließen, dass Peggy hier vergraben ist.
Wieder eine falsche Spur Wieder also hat sich eine Spur in dem rätselhaften Fall als falsch erwiesen. Seit 2012 ermittelt die Bayreuther Staatsanwaltschaft wieder und lässt nach der Leiche der Schülerin suchen. Im Frühjahr 2013 war tagelang ein Haus in Lichtenberg unter die Lupe genommen worden. Vergeblich. Und jetzt der Friedhof.
Rund sieben Grad herrschen an diesem Tag. Im sonst typisch rauen Winter im Frankenwald sind das milde Temperaturen, ab und zu kämpft sich die Sonne durch die Wolken. Etwa 50 Einsatzkräfte sind mit der Spurensuche beschäftigt oder sperren den kleinen Friedhof ab.
Das Versteck wäre clever gewesen - die 81-Jährige ist laut Polizei zwei Tage nach Peggys Verschwinden beerdigt worden. Der oder die Täter hätte die Mädchenleiche ins Grab legen können oder mit in den Sarg. Die Ermittler haben zwar bereits 2001 Zeugen im Zusammenhang mit der Beerdigung befragt. Aber damals habe es keinen Anlass gegeben, das Grab zu öffnen, betont Potzel. Inzwischen habe man neue Hinweise bekommen. Doch dazu will Potzel weiter nichts sagen.
Viele offene Fragen In dem Fall gibt es viele offene Fragen. Zwar wurde 2004 der heute 36 Jahre alte Ulvi K. aus Lichtenberg als Peggys Mörder verurteilt. Doch viele Menschen bezweifeln, dass er der Täter ist. Sein Anwalt Michael Euler hat in seinem Wiederaufnahmeantrag den damaligen Ermittlern viele Versäumnisse und Pannen vorgeworfen: Da bis heute die Leiche des damals neun Jahre alten Mädchens fehlt, hätte dem geistig behinderten Mann das "perfekte Verbrechen" gelingen müssen.
Nach der Tat-Version des Gerichts rannte Ulvi K. an jenem Mainachmittag hinter dem Mädchen her und tötete es. Der Gastwirtssohn aber ist ein schwergewichtiger Mann, der sich im Zeitlupentempo bewegt. Das Landgericht Bayreuth hat inzwischen die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen K. angeordnet. Von April an wird neu verhandelt.
Auf zwei Punkte stützt das Gericht seine Entscheidung: Ein wichtiger Belastungszeuge hat seine Aussagen inzwischen widerrufen. Der Mann hatte behauptet, Ulvi K. habe ihm den Mord gestanden. Dies sei eine Lüge gewesen, erklärte er später.
Zudem hatten die damaligen Ermittler einen möglichen Tathergang konstruiert - der dann verblüffend dem Geständnis des Angeklagten ähnelte. Ulvi K. widerrief das bei der Polizei abgelegte Geständnis später. Er verbüßt allerdings derzeit nicht seine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes, sondern ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in einer psychiatrischen Klinik.
Neuen Hinweisen wird konsequent nachgegangen Ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet inzwischen ein Mann aus Halle in Sachsen-Anhalt, der 2001 als enger Freund von Peggys Familie galt. Er sitzt wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Haft. Auch gegen seinen Halbbruder werde ermittelt, sagt Oberstaatsanwalt Potzel. Er lässt keinen Zweifel daran, dass die Ermittler gründlich vorgehen wollen. Neuen Hinweise werde konsequent nachgegangen. Auch wenn sie in der Sackgasse enden, wie am Mittwoch auf dem Friedhof.