Eine Busreise zu Gott: Pfarrer Hannes Schott geht für den Glauben außergewöhnliche Wege
Autor: Teresa Hirschberg
Bayreuth, Donnerstag, 06. Juni 2019
Weil Kirchenbänke immer öfter leer bleiben, packt Hannes Schott seine Gemeinde in einen Reisebus. Doch auch für den umtriebigen Pfarrer ist die Predigt zwischen Lenkrad und Haltegriff ein Experiment.
Kühl und erlösend braust die Klimaanlage von oben herab. Himmlisch. Das Orgelvorspiel verliert sich unter dem surrenden Gebläse. Da finden Klaus Dressendörfers Finger doch den Lautsprecherknopf auf dem Armaturenbrett und die Keyboard-Klänge erreichen auch die hintersten Reihen. "Sie dürfen übrigens sitzen bleiben", erlaubt Hannes Schott den Fahrgästen. Der erste Witz hat gesessen, Schott bleibt leicht schwankend stehen. Nicht umsonst ist der evangelische Pfarrer auch Kabarettist. Und heute predigender Reiseführer.
Es ist ein Experiment: Der erste Bayreuther Busgottesdienst soll Gläubige anlocken, die lieber auf Polstersitzen als auf Kirchenbänken Platz nehmen. Denn Schott geht ungewöhnliche Wege, um Menschen Religion näher zu bringen. In Wohnzimmern hat er bereits Messen gehalten, zwischen lederner Couchgarnitur und Wandschrank "Eiche Massiv" das Wort Gottes verkündet. Einmal hat sich der Pfarrer dafür sogar verlost. So wie die Teilnahme für seinen mobilen Gottesdienst, ganz modern und weltlich: über Facebook.
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Im schwarzen bodenlangen Talar steht er nun im Mittelgang und predigt über Gottes Schöpfung, die gerade in Form des Bayreuther Umlandes an den Fenstern vorbeizieht. Mit rund 50 Teilnehmern ist der Bus fast komplett gefüllt. "Das wird ein richtiger Gottesdienst mit allem, was dazu gehört", verspricht Schott. Kruzifix an der Frontscheibe montiert und Organist Michael Dorn zwischen wuchtigem Keyboard und der Rückenlehne von Fahrer Dressendörfer eingeklemmt - schon ist der Bus mit wenigen Handgriffen zum Kirchenschiff umfunktioniert. Normalerweise hat Kirchenmusikdirektor Dorn in der Bayreuther Stadtpfarrkirche deutlich mehr Platz, um sich musikalisch zu entfalten.
Smartphone statt Gebetbuch
In der Kirche würden die Besucher für die vielen gezückten Smartphones, die Hannes Schott als Kapitän auf "Kreuz-Fahrt" festhalten, missbilligende Blicke ernten. Die Kirchengemeinde on Tour braucht eben einige Minuten, um andächtig zu werden. Das Leben als Busfahrt mit Umstiegen und Fahrplanänderungen, Familie und Freunde als Mitreisende und Gott selbst als Fahrer: Während die Gruppe Bayreuth verlässt, erklärt Schott den Fahrgästen seine Idee vom Bus des Lebens. Doch die Analogie hat einen Platten: "Busfahren ist etwas Passives", räumt Schott ein. "Nur geschehen lassen und warten? Das ist mir ehrlich gesagt zu wenig!" Und ein Gott, der beim Gebet mit ausgestrecktem Finger und grimmiger Stirnfalte auf das Schild "Nicht mit dem Fahrer sprechen" deutet, gefällt Schott ebenso wenig. Lieber sollen die Gläubigen ihren Lebensbus selbst lenken.
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Lesung, Lieder, Glaubensbekenntnis - die einstündige Messe ist strukturiert wie ein gewöhnlicher Gottesdienst, nur eben in einem Reisebus. Doch verschütteter Rotwein auf dem Teppichboden gibt böse Flecken, auch bei Messwein. Für das Abendmahl steuert Busfahrer Dressendörfer daher ein schaukelfreies Plätzchen auf einer Anhöhe an, irgendwo zwischen Pferdegattern und Blumenwiesen. Pfarrer Schott und seine beiden Mesner schieben sich aneinander vorbei, um Hostien und Wein zu verteilen. Danach reichen sich die Fahrgäste ungelenke Friedensgrüße über Rückenlehnen hinweg. Und weil die Schlussetappe etwas länger dauert als geplant, stimmt Michael Dorn den Refrain von "Möge die Straße" ein paar Mal mehr an.