Drogendelikte in Oberfranken: Warum haben die Fälle in den letzten 10 Jahren so stark zugenommen?
Autor: Max Schmidt
Bayreuth, Donnerstag, 01. April 2021
Die Anzahl der Rauschgiftdelikte in Oberfranken ist auf einem Allzeithoch. Die von der Polizeiinspektion Oberfranken registrierten Fälle verfehlten nur knapp die 6000-Marke - der Trend zeigt klar nach oben. Welche Rolle spielen Methamphetamine?
Aufregung in der neuen oberfränkischen Kriminalstatistik: Für das Jahr 2020 wurde von der Polizei in 5.737 Fällen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Im Vorjahr 2019 wurden noch rund 700 Rauschgiftdelikte weniger registriert. Bei der Erklärung liegt das Augenmerk der Polizei besonders auf einer Stoffgruppe: Amphetamin/Methamphetamin. Alleine Verstöße mit diesen chemischen Substanzen stiegen um fast 30 Prozent an.
Unter Rauschgiftdelikten werden alle Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gesammelt. Ein solcher Verstoß liegt dann vor, wenn eine Person eine verbotene Substanz unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihr Handel treibt, oder sie ohne Handel zu treiben einführt, veräußert, abgibt, oder auf sonstige Art und Weise in den Verkehr bringt. Solche Stoffe sind beispielsweise Cannabis, Kokain und Heroin, aber eben auch Speed, Ecstasy und Crystal Meth, welche zu den Amphetaminen und Methamphetaminen gehören.
Wieso gerade Crystal?
Amphetamine sind Stoffe, welche in einem chemischen Verfahren gewonnen werden. Um Gesetzeslücken auszunutzen und die Wirkung der illegalen Substanzen anzupassen, werden immer häufiger chemische Abwandlungen der Substanz hergestellt, berichtet die Polizei. Eines dieser sogenannten "Derivate", ist auch Methamphetamin. Bis 2013 fasste die Kriminalstatistik der oberfränkischen Polizei jede Abwandlung der Amphetamine und Methamphetamine unter dem Überbegriff "Crystal" zusammen. Seit 2014 wird jedoch versucht, die einzelnen Arten der Substanz zu unterscheiden und getrennt zu erfassen. So soll der illegale Drogenverkehr besser nachvollzogen und bekämpft werden können.
Warum gerade in Oberfranken Crystal so einen großen Platz bei den Rauschgiftdelikten einnimmt, könnte mit der geografischen des Bezirks zusammenliegen. Bereits im Jahr 2013 stellte eine vom Bundesministerium für Gesundheit unterstütze Studie des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg fest, dass Regionen im tschechischen Grenzbereich besonders durch erhöhten Crystal-Verkehr auffallen. Tschechien ist das führende Herkunftsland für die illegale Chemie. Alleine in den letzten fünf Jahren haben tschechische Drogenfahnder rund 230 Drogenlabore ausgehoben, berichtet der MDR. Oberfranken mit seiner Grenzlage ist wie geschaffen als Umschlagplatz und Konsumort.
Konsumenten schätzen an Crystal die extrem aufputschende Wirkung, berichtet die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.. Die beim Konsum übermäßig freigesetzten Hormone Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin versetzen den Körper in einen künstlichen Zustand der Euphorie. Konsumenten fühlten sich glücklich, selbstsicher, unbesiegbar und konzentriert. Müdigkeit, Schmerzen sowie Hunger- und Durstgefühl schwinden, weshalb Crystal auch als Party-Droge gilt. Kurzfristige Nebenwirkungen beinhalten Schweißausbrüche, Herzrasen, Zittern, Muskelkrämpfe, Schwindel, Hautjucken, Mundtrockenheit, Verdauungsstörungen, Wahnvorstellungen und Paranoia. Bei erhöhtem Konsum lösen die Nervengifte langfristig bleibende Schäden am Körper aus.
Crystal und Cannabis als Treiber der Fallzahlen
Die vom Polizeipräsidium Oberfranken erfassten Zahlen zeigen, dass der Trend bei den Rauschgiftdelikten klar nach oben geht. Die Rauschgiftdelikte haben sich seit 2011 verdoppelt, von 2.813 auf 5.737. Alleine im Jahr 2020 war ein Anstieg um rund 13 Prozent zu verzeichnen. Um einen besseren Einblick in zu bekommen, lohnt es sich die Statistik nach einigen Stoffgruppen aufzuteilen.
Die Verstöße in Zusammenhang mit Crystal stiegen von 2019 auf 2020 um 29,5 Prozent. Das ist innerhalb der Stoffgruppe ein großer Sprung, nimmt mit insgesamt 746 Delikten jedoch nur die zweitwichtigste Rolle ein. Den traditionell größten Anteil an den Rauschgiftdelikten hat Cannabis, welches einen Anstieg um 11,5 Prozent zu verzeichnen hat. Die Zahl der Delikte mit anderen Stoffgruppen ist auch gestiegen.