Auma Obama hat in Bayreuth promoviert - der Startschuss der Kenianerin in eine Karriere als Soziologin, aber auch Initialzündung für ein Hilfsprojekt zugunsten junger Landsleute.
Die Fragen nach ihrem Bruder beantwortet Auma Obama nicht. "Er ist mein Bruder. Er hat sein Leben, ich habe meines." Ihre Augen verraten, dass sie keine weitere Nachfrage zulässt. Auch nicht dazu, wie sie darüber denkt, dass ihr Bruder vielleicht morgen für ein ganzes Land Insolvenz anmelden muss. Immerhin ist ihr Bruder Barack Präsident der Vereinigten Staaten - und der Haushaltskonflikt zwischen Demokraten und Republikanern drängt ohne Einigung zum Showdown. Da nimmt sich der zeitgleiche Eintrag der Kenianerin gestern ins Goldene Buch der Stadt Bayreuth fast aus wie eine Petitesse.
Ist es aber nicht. Denn wer Auma Obama reden hört, in dem keimt plötzlich Hoffnung für einen ganzen vergessenen Kontinent. Für Afrika. Ein Erdteil, für den die 53-Jährige nicht schwarz sieht. Auch und gerade weil sie ein Drittel ihres Lebens in Deutschland verbracht hat, acht Jahre davon in Bayreuth.
Hier hat sie 1996 promoviert in Soziologie. Ihre Doktorarbeit ist eine vergleichende Studie zur Konzeption und der Haltung zur Arbeit in Deutschland und Kenia. Möchte man glatt den Beteiligten bei den aktuellen Sondierungsgesprächen in Berlin zur Lektüre empfehlen.
Arbeit - das bedeutet für Auma Obama: Arbeit mit jungen Menschen, benachteiligten Kindern. " Die gibt es nicht nur bei mir zu Hause in Nairobi, die gibt es auch in Deutschland." Sie hat, wie sie sagt, am eigenen Leib erfahren, was es heißt, anders zu sein und welche Herausforderungen an die eigene Persönlichkeit daraus erwachsen. "Ich habe erst hier in Deutschland gelernt, mich anzunehmen, mich zu mögen."
Faible für Böll und Borchert Sie erlernt die deutsche Sprache, studiert interkulturelle Germanistik unter anderem in Heidelberg, verehrt Heinrich Böll und Wolfgang Borchert.
Draußen vor der Tür bleiben will sie nicht als Studentin aus Afrika im Land der reichen Weißen. Und sie will in ihrer Heimat Kenia die Menschen davon überzeugen, dass der weiße Mann als Entwicklungshelfer eben nicht alles mit seinem Geld regeln, sondern dass nichts die eigene Entwicklung ersetzen kann.
Auma Obama macht ihren Mund auf, entwickelt eine starke Stimme für ihre Anliegen eines "Dialogs auf Augenhöhe" zwischen den Völkern und Kulturen. Starke Stimme heißt auf Kishwahili "Sauti Kuu". So heißt auch die Organisation, die die 53-Jährige initiiert hat und der sie als Vorsitzende vorsteht. Ihr Ansatz: Kinder und Jugendliche rausholen aus der Armutsfalle. Ihr Credo: Wer seine Persönlichkeit entwickelt, den Geist schult, kann seine Situation zum Guten wenden, mag sie noch so ausweglos erscheinen.
Ihr Blick wandert zu ihrem Begleiter.
Der junge Mann heißt Kennedy, hat aber nichts mit US-Präsidenten zu tun. Ein schlaksiger junger Mann. "Als ich ihn das erste Mal getroffen habe, hat er gestottert", sagt Auma Obama. Jetzt geht er auf die Universität. "Sein Vater hat zehn Äcker, aber er bebaut nur einen. Warum nicht alle zehn? Und verkauft das, was er selber nicht braucht?" Den Menschen zu zeigen, was sie aus ihren eigenen Ressourcen machen können: "So muss Hilfe funktionieren."
Bildung ist eine der wichtigsten dieser Rohstoffe Afrikas. Einer, der immer noch brach liegt und kaum gefördert wird. "Wir müssen bei der Bildung der jungen Menschen anfangen", sagt Auma Obama und hebt beschwörend die Hände. "Viele haben ihr Vertrauen in die Erwachsenen verloren.
Unsere Organisation zeigt, was sie für Möglichkeiten haben, wenn Erwachsene um sie herum sind, die an diese jungen Leute glauben."
Mittlerweile hat ihr Bund kompetente Mitstreiter auch aus der Region. Aus Rehau hat jüngst eine Firma ein Biogassystem installiert. "Ein Weg weg vom Holz, es wird zu viel gerodet in Afrika", erklärt die Kenianerin. Das Dorf, in dem die Anlage steht, soll die Maschine kaufen. In kleinen Raten wird das Geld abgestottert. "Das ist, was ich als Wert der Arbeit ansehe und was die Menschen auf Dauer unabhängig machen soll von außen."
Dafür steht Auma Obama mit ihrem guten Namen. Sie gibt zu, dass dieser Name Türen öffnet, Plattformen schafft. "Der Name stellt Öffentlichkeit her", sagt sie und rückt den Kragen ihrer weißen Bluse zurecht.
"Aber der Name allein reicht nicht, ich muss Menschen überzeugen." Nach kurzer Pause schiebt sie nach: "Wenn ich mein Anliegen vorgetragen habe, dann sollen die Leute den Nachnamen vergessen haben und sich nur noch an meinen Vornamen erinnern."
Sie strahlt. Jetzt versteht man, warum Barack Obama sein erstes Aufeinandertreffen mit seiner Halbschwester, die er 1984 kennenlernte, in seinem Buch "Träume von meinem Vater" wie folgt beschreibt: "Mir war, als hätte jemand meine Welt auf den Kopf gestellt, als wäre ich aufgewacht und eine blaue Sonne stünde an einem gelben Himmel oder als hörte ich Tiere wie Menschen sprechen."