Was wäre gewesen, wenn die Frau ihn gesehen hätte? ... wenn es damals keinen Unfall gegeben hätte? ...wenn kein Keim sich in sein Knie gefressen hätte? Joe Garcia winkt ab. "Solche Fragen bringen nichts", sagt der 53-Jährige aus Bayreuth. "Wichtig ist, was heute ist." Und das kann, auch wenn man amputiert ist, eine Menge sein: Ein Gleitschirm-Abenteuer zum Beispiel.
Es ist ein halbes Jahr her, dass Joe Garcia sich von seinem rechten Bein verabschiedete. Oberhalb des Knies durchtrennten die Ärzte die Knochen, nähten Adern, Muskeln und Bänder zusammen und verschlossen die Wunde. "Es war meine Entscheidung", sagt Garcia. "Ich bin davon überzeugt, dass sie richtig war." Lange genug hatte er gelitten.
"Zum Verrücktwerden": Garcia erleidet höllische Schmerzen
Anfang des Jahrtausends hatte eine ältere Dame dem Motorradfahrer die Vorfahrt genommen. Mit allen möglichen Brüchen wurde der US-Soldat ins Krankenhaus eingeliefert. 16 Operationen und zwischendurch eine Infektion mit einem Krankenhauskeim folgten. "Ich hatte jahrelang Schmerzen. Nachdem ich ein neues Kniegelenk hatte, ging es eine Weile gut, dann lockerte sich das Material, das Kniegelenk entzündete sich, es tat höllisch weh, zum Verrücktwerden." Die Ärzte nannten dem gebürtigen Amerikaner mit mexikanischen Wurzeln zwei Alternativen: ein steifes, weiter schmerzendes Bein - oder keines mehr. Joe Garcia beriet sich mit seiner Frau Katrin. Die 17. Operation war die Amputation.
Die Zeit im Krankenhaus veränderte viel. "Ich hatte gedacht, ich hätte eine schlimme Geschichte. Aber dann habe ich in der Klinik Leute gesehen, die weder Beine noch Hände hatten - und trotzdem Lebensmut." Ihm sei "so richtig bewusst geworden", wie rasend schnell das Leben vorbeizieht, "wenn man es nicht nutzt". Garcia nahm sich vor: "Ich werde mich nicht unterkriegen lassen. Auch wenn ich nicht mehr derselbe Mann wie vorher bin: Ich werde trotzdem noch einiges machen können." Noch in der Klinik schrieb er eine To-do-Liste für sein Leben.
Prothesen-Experte aus Hirschaid kann helfen
Einige Wochen später, wieder zu Hause, versank die Liste in einer Schublade. Noch nicht vergessen, aber weggesperrt. "Der Anfang war schwerer als gedacht. Ich bin mit der Prothese nicht zurechtgekommen, das hat mich frustriert", erzählt Joe. Auf Reha erfuhr er von einer anderen Art von Beinersatz. Er wandte sich an Christoph Deittert aus Hirschaid bei Bamberg. Der Orthopädiemeister und sein Mitarbeiter Habib Durani, die mit modernen Materialien nach alter Handwerkstradition Prothesen erstellen, besuchten Joe mehrmals.