Rudolf B. aus Zapfendorf hat als Ministrant Demütigungen und Gewalt durch einen Pfarrer miterlebt und öffentlich gemacht. Für die Kirche sei er nur ein "Opfer dritter Klasse", sagt der Pilgerfan. In seinem Heimatort erfahre er derweil Ablehnung.
- Zapfendorf: Ex-Ministrant macht Misshandlungen durch Pfarrer publik
- "Bin der Buhmann": 68-Jähriger erlebt Ausgrenzung in seinem Heimatort
- "Tracht Prügel" gelte als Auszeichnung - Pilgerfan kämpft für Aufklärung
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Ja, es habe sich etwas verändert, sagt Rudolf B. (Name geändert). Der 68-Jährige hatte sich Anfang des Jahres im Zuge der Missbrauchsdebatte in der katholischen Kirche an die Öffentlichkeit gewagt - und von grausamen Erfahrungen als Ministrant in Zapfendorf berichtet. So wurde B. nach eigenen Aussagen über viele Jahre vom damaligen Pfarrer gedemütigt, musste mit ansehen, wie der Geistliche wegen Nichtigkeiten Schüler verprügelt habe. Doch in seinem Heimatort habe man sein "Outing" alles andere als positiv empfunden, so B.
Tracht Prügel als "Auszeichnung" - Oberfranke erlebt Zurückweisung im Dorf
"Nach der Veröffentlichung habe ich verschiedene Rückmeldungen erhalten. Negativ war vor allem die Erfahrung hier vor Ort", erzählt B. "Die Leute betrachten mich als Nestbeschmutzer, ich bin der Buhmann, der ein schlechtes Licht auf die Kirche wirft", sagt er gegenüber inFranken.de. Manchmal denke er sich, dass diese Menschen vielleicht zugeben müssten, "dass sie ihr Leben lang etwas Falschem nachgelaufen sind".
Der Pilgerfan spüre das "permanent im Dorf". Dort heiße es vor allem, "das wäre eben der Zeitgeist gewesen und so war es halt früher". Ihm gegenüber sei geäußert worden, der Pfarrer sei "halt früher strenger" gewesen, eine Tracht Prügel "sieht man oft als Auszeichnung an, was man alles ertragen hat". Positiv sei hingegen ein Brief an ihn gewesen, in dem gestanden habe, die Person sei froh, "dass endlich einer mal den Mund aufmacht und sagt, was jeder weiß".
Lügen und Vertuschen müssten ein Ende haben, sagt B. Zwei Frauen hätten ihn persönlich angerufen. "Super, dass du dich geoutet hast und wir bewundern deinen Mut", hätten sie gesagt, erzählt der Zapfendorfer. "Ich habe aber auch Kontakt zu einem Herren bekommen, der seit fast 30 Jahren für dieselbe Sache eintritt wie ich."
"Opfer dritter Klasse": Zapfendorfer kommt bestimmter Gedanke nach Gespräch
Das habe ihn zu einer Erkenntnis geführt, sagt er: "Die Kirche betrachtet uns Gedemütigte als Opfer dritter Klasse, ist mein Gefühl. Der Fokus liegt vor allem auf den Opfern sexueller Gewalt. Aber auch die Geschlagenen und die Gedemütigten sind Opfer - und das muss aufgearbeitet werden", betont Rudolf B. Der 68-Jährige hatte sich auch um ein persönliches Gespräch mit dem Bamberger Erzbischof Ludwig Schick bemüht - und diesen zu sich nach Hause eingeladen.
"Die Geschichte ist so weitergegangen, dass es keinen direkten Kontakt zum Ordinariat gab, was ich mir gewünscht hatte", erzählt B. Stattdessen seien alle Kontakte über eine vom Erzbistum beauftragte Rechtsanwältin verliefen. "Ich hatte nochmals nachgehakt und Herr Schick wollte mich nicht im Pfarrhaus besuchen", sagt der pensionierte Lehrer.