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Zapfendorf: Aggressive Asyl-Gegner bedrohen Gemeinderat - "ihr seid die Nächsten"


Autor: Daniel Krüger

Zapfendorf, Sonntag, 12. Februar 2023

In Zapfendorf sollen in Kürze Asylsuchende in ein Container-Dorf hinter den Bahngleisen einziehen. Doch Gegner der Unterkunft haben versucht, den Bürgermeister und Gemeinderäte einzuschüchtern.
In Zapfendorf sollen 66 Asylbewerber in ein Container-Dorf ziehen. Doch einige Anwohner mobilisieren gegen die Pläne.


  • Zapfendorf: Riesen-Ärger um geplante Asyl-Unterkunft 
  • Gemeinderatssitzung eskaliert - Bürgermeister muss Polizei rufen
  • "Merkt euch die Gesichter": Kommunalpolitiker bedroht und beschimpft
  • Rathaus-Chef findet Szenen "beängstigend" - Gemeinde bleibe "keine Wahl"

In Zapfendorf (Landkreis Bamberg) soll in Kürze eine Unterkunft für Asylsuchende auf einer freien Grundstücksfläche hinter den Bahngleisen entstehen. Das sorgt bei manchen Bürgern und Bürgerinnen für Empörung und Wut - die vor rund zwei Wochen, am 26. Januar 2023, in einem Polizeieinsatz während einer Gemeindesitzung gipfelte. Gleichzeitig versucht die Kleinstpartei "III. Weg", die Stimmung für ihre politischen Zwecke zu nutzen. Bürgermeister Michael Senger (Wählergemeinschaft Sassendorf) berichtet von "beängstigenden" Szenen und erklärt, warum das Container-Dorf aus seiner Sicht immer noch die beste Option ist. 

"Wurden beschimpft und bedroht": Gemeinderatssitzung in Zapfendorf eskaliert - Bürgermeister ruft Polizei

 "Im Dezember hatten wir bereits eine Gemeinderatssitzung zu der Frage, ob wir selbst ein Grundstück für die Unterbringung von Asylsuchenden in Containern zur Verfügung stellen wollen", erläutert Senger. "Das hat den Hintergrund, dass wir ein Grundstück auf der anderen Seite der Bahngleise besitzen. Das wurde damals mit neun zu neun Stimmen abgelehnt." Die Gemeinde sei dann ins Gespräch mit privaten Eigentümern gegangen, "aber hier hat sich niemand gefunden". Privatpersonen hingegen dürften - anders als bei Ukraine-Flüchtlingen - keine Asylsuchenden zu Hause aufnehmen. 

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In einer weiteren Sitzung am Donnerstag, dem 26. Januar 2023, sollte das Thema auf Antrag dann erneut behandelt werden, so der Bürgermeister. "Natürlich haben das viele Menschen mitbekommen, denn die Tagesordnung wird schließlich öffentlich bekannt gegeben." Im Vorfeld seien dann in Zapfendorf Flugblätter verteilt worden - "ohne Namen", so Senger. "Darauf hieß es unter anderem: ‚Das geht uns alle an. Ihr habt Angst um eure Kinder, Frauen, Senioren. Ihr habt Angst vor Übergriffen. Das wird nur der Anfang sein.‘ Dann wurde noch von einem ‚Unterleiterbach 2.0‘ geschrieben, was sich auf den Mord bezieht, der dort 2017 in der Unterkunft passierte", berichtet der Rathaus-Chef. 

Man habe im Regelfall Platz für 30 bis 35 Personen im Saal. "Ich habe nach den Flugblättern die Polizei gebeten, während der Sitzung eine Streife in die Nähe zu schicken. Außerdem haben wir zusätzliche Stühle aufgestellt, weil wir damit gerechnet haben, dass mehr Menschen kommen als sonst", so Senger. "Am Ende waren es rund 80 Besucher. Bei der Abstimmung gab es dann eine große Mehrheit für die Container-Lösung", erzählt er. Doch schon währenddessen habe es Störungen durch die Zuhörerschaft gegeben. "Und nach dem Beschluss ging es dann richtig los. Es war sehr beängstigend. Wir wurden beschimpft und bedroht. Es hieß unter anderem ‚merkt euch die Gesichter‘, ‚ihr seid die Nächsten‘ und ‚wir zünden das Haus vom Bürgermeister an‘."

"Komischerweise gingen Straßenlaternen aus": Gemeinderäte müssen nach Asyl-Beschluss im Dunkeln zum Auto

"Wir hätten es ohne Polizei nicht geschafft, die Menge zu beruhigen", sagt der Bürgermeister. Der öffentliche Teil der Sitzung sei beendet gewesen, "aber der größte Teil der Leute hat sich geweigert aufzustehen und zu gehen". Er habe dann das Hausrecht an die Polizei übertragen – trotzdem habe es etwa eine halbe Stunde gedauert, bis alle Zuhörer und Zuhörerinnen den Saal verlassen hatten. "Nach der Sitzung stand der Pulk immer noch vor der Tür. Die Gemeinderäte haben mir dann erzählt, dass plötzlich komischerweise im ganzen Ort die Straßenlaternen ausgingen, als sie zu ihren Autos wollten", so der Kommunalpolitiker.

"Wir hatten dann den Verdacht, dass jemand hier etwas manipuliert hat, aber der Stromversorger hat mir im Nachgang versichert, dass so etwas eigentlich kaum möglich ist", berichtet Senger. "Wir werden die Ursache wohl nicht mehr feststellen können, aber es handelt sich aus meiner Sicht schon um einen sehr seltsamen Zufall", findet er. Bei der Sitzung am Donnerstag, 9. Februar 2023, habe die Gemeinde dann extra einen Sicherheitsdienst engagiert, weil über das Einvernehmen zum Bauantrag für die Containersiedlung entschieden werden sollte.

"Im Vergleich zum 26. Januar lief das geräuschlos ab, was wohl auch daran liegt, dass wir entschieden hatten, nicht mehr als die 35 Personen einzulassen, für die der Raum ausgelegt ist", vermutet der Bürgermeister. "Natürlich sollten auch die Gemeinderäte beruhigt sein, denn solche Drohungen machen schon Angst." Der Gemeinde sei es zugleich "wichtig, den Menschen klarzumachen, dass wir so entschieden haben, weil wir nicht wollen, dass Turnhalle oder Vereinsgebäude belegt werden und dort zum Beispiel kein Schul- oder Vereinssport mehr stattfinden kann".

"Politische Vorgabe": Gemeinde muss Asylsuchende aufnehmen - so soll das Container-Dorf aussehen

Denn jede Gemeinde habe die Verpflichtung, für die Unterbringung von Asylsuchenden entsprechende Grundstücke zur Verfügung zu stellen. "Das ist eine politische Vorgabe, die wir letztlich im Kleinen ausführen müssen. Die meisten Bürger, mit denen ich spreche, sagen auch, dass wir uns nicht einfach wegducken können und haben dafür Verständnis. Die, die laut sind, fallen eben immer am meisten auf", so Senger weiter.

"Wir hatten aber schon einmal Flüchtlingsunterkünfte und damals gab es meines Wissens keine Konflikte, viele Ehrenamtliche haben sich gut gekümmert. Ich wünsche mir, dass es ein friedliches Miteinander in Zapfendorf gibt", betont er. "Denn auch bei uns gibt es schwarze Schafe und Asylsuchende sind nicht per se gewalttätig oder kriminell. Manche Menschen lesen bestimmte Nachrichten und greifen dann zu Verallgemeinerungen. Aber das ist natürlich nicht die Realität", stellt Senger klar.

Insgesamt gehe es vor Ort um die Unterbringung von 66 Asylsuchenden, die Container würden vom Landratsamt gestellt. Wann Einzug ist, stehe noch nicht fest. "Wir wollen baldmöglichst mit der Erschließung beginnen, sprich Wasser- und Stromversorgung muss sichergestellt sein und eine Zufahrt ertüchtigt werden. Uns ist klar, dass das nicht die optimale Form der Wohnverhältnisse ist, aber es geht eben nicht anders, weil das Ankerzentrum in Bamberg so stark überfüllt ist", erklärt der Kommunalpolitiker. Er sei sich "sicher, dass auch dieses Mal Zapfendorfer den Asylsuchenden zeigen werden, wo sie einkaufen gehen können und ihnen helfen werden, sich bei uns zurechtzufinden". 

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