Im Kunstraum Kesselhaus in Bamberg reflektieren BBK-Künstler den Satz "Wish You Were Here" im Gedenken an einen verstorbenen Pink-Floyd-Gitarristen.
Kleine Quizfrage für Pop-Historiker, sagen wir mal jünger als 40: Welcher scheinbar verschollene Musiker wurde zum Thema eines Songs der britischen Band "TV Personalities"? Dieser Musiker ist nun auch schon 13 Jahre tot, nachdem er jahrzehntelang im Drogensumpf versunken war. Was das alles mit der aktuellen Ausstellung des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken (BBK) im Kesselhaus zu tun hat? Der Musiker war der genialische Syd Barrett, in der frühen Phase der Gruppe Pink Floyd Gitarrist und maßgeblicher Ideengeber. Nachdem er wegen Drogenkonsums psychotisch geworden war, ersetzte ihn die Band, gedachte seiner jedoch mehr oder weniger schuldbewusst immer wieder.
So auch in ihrem 1975 veröffentlichten Album "Wish You Were Here". Zwei Stücke darin, der Titelsong und "Shine On You Crazy Diamond", widmeten sich explizit dem wahnsinnig gewordenen Barrett. Und "Wish You Were Here" lautete das Motto, unter dem BBK-Künstlerinnen und -Künstler ihre Arbeiten von einer verbandseigenen Jury begutachten ließen. Die ausgewählten Werke sind nun im Kesselhaus zu sehen.
Es ist eine breite Spanne an möglichen Interpretationen des Albumtitels und der verwendeten Techniken zu sehen, naheliegend, überraschend und bestürzend. Nahe liegend etwa sind die Drucke, die Chris Engels im abgetrennten "Hinterstübchen" des Kesselhauses positioniert hat. Digital bearbeitete Fotodrucke ihrer vor geraumer Zeit verstorbenen Eltern sind auf Acryl montierte sie auf Acryl. Darüber steht "Wish You Were Here (sometimes)". Wer bereute nicht ungehaltene Gespräche mit Toten? Aber eben nicht immer - zum Erwachsenwerden gehört die Emanzipation von den Erzeugern.
An Arthur Schopenhauers Parabel von den Stachelschweinen, die einen gesunden Abstand zwischen Nähe und Distanz zum Zwecke eines gedeihlichen Zusammenlebens finden müssen, erinnert ein Ausschnitt aus der Serie "Hautnah", die Dagmar Ohrndorf als eine Art Triptychon an die Wand gehängt hat.
Haptisches Erlebnis
Fotos von Körperoberflächen, detailliert und in Nahaufnahme, sind auf Stoff übertragen worden, gerne anzufassen als haptisches Erlebnis. Was ist noch interessant, was stößt ab? Wünsche ich mir, dass du mich mit deiner Körperlichkeit bedrängst, oder stößt du mich ab?
Ebenfalls als Triptychon ist die originellste Arbeit dieser jedoch in jedem Fall sehenswerten Ausstellung von Thomas Michel konzipiert. Die "Sehnsucht nach Toleranz und Frieden" möchte er visualisieren, auch auf das Plattencover des Pink-Floyd-Albums zurückgreifend, das auf die vier Elemente verweist. Sein "American Dream" zeigt ein Kind hinter Gittern, der "Darkroom" surreale Elemente, "Ecce homo" als uraltes künstlerisches Motiv entpuppt sich erst nach dem Betrachten durchs Smartphone als Abbild der gequälten Kreatur. Denn Michel verwendete invertierte Farben, um den Betrachter zunächst zu schonen und zu irritieren.
Ähnlich beängstigend wirken die großformatigen Bilder Gudrun Schülers im Schacht und an der Wand des Kellerhauses. In einer Zeile des Songs "Wish You Were Here" wird gefragt, ob man wahre Gefühle von Maskerade unterscheiden könne. Totenmasken könnten Schülers düstere Gesichter auch sein. Scheinwelten seien auch die Social-Media-Universen, die über 40 Jahre nach der Veröffentlichung der Platte omnipotent geworden seien. Man denkt an die Pathologie, die einst neben dem Kesselhaus platziert war. Eine leicht gruslige Assoziation beim Betrachten der sinistren Bilder in Mischtechnik von oben.