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Wohin mit Flüchtlingen in Bamberg? Von diesen drei Standorten rät die Stadt ab


Autor: Ralf Welz

Bamberg, Dienstag, 19. November 2024

Sollte das Ankerzentrum wie vorgesehen schließen, sind in Bamberg laut Stadt rund 800 Geflüchtete unterzubringen. Doch wohin mit den Menschen? Aus Sicht der Stadtspitze kommen gleich drei Gebiete hierfür nicht infrage.
Blick vom Bamberger Michelsberg auf die Stadt. OB Andreas Starke fordert bei der künftigen Unterbringung von Geflüchteten "Verteilungsgerechtigkeit".


Das Thema Ankerzentrum birgt in Bamberg großes Konfliktpotenzial. Vor allem die Anwohner im Umfeld leiden oftmals. Die Unterkunft stelle eine "gewaltige Belastungsprobe für die Menschen im Umfeld und die gesamte Stadtgesellschaft" dar, betonte die Stadtspitze unlängst. Wie inFranken.de wiederholt berichtete, pochen die politischen Entscheidungsträger in Bamberg darauf, dass das Ankerzentrum - wie vorgesehen - spätestens zum 31. Dezember 2025 schließen soll. Die Stadt nimmt diesbezüglich die Söder-Regierung in die Pflicht.

Doch was passiert mit Asylbewerbern, wenn es tatsächlich kein Ankerzentrum mehr vor Ort gibt? Aus dem Rathaus kommt nun ein erster Vorschlag für eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten im gesamten Stadtgebiet. Drei bestimmte Standorte in Bamberg sind aus Sicht von Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grüne) für die Zuteilung gleichwohl nicht ratsam. 

Stadtspitze macht Vorschlag für dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in ganz Bamberg

Seit 2018 dient die "ANKER-Einrichtung Oberfranken" (AEO) - so die offizielle Bezeichnung - als erste Anlaufstelle für Asylsuchende in Oberfranken. Ins Leben gerufen wurde die Einrichtung bereits drei Jahre früher - ursprünglich fungierte das Areal auf dem früheren US-Gelände als sogenannte Aufnahme- und Rückführungseinrichtung. Das für spätestens Ende 2025 vereinbarte Ankerzentrum-Aus wird von der Staatsregierung derweil immer wieder infrage gestellt. So erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) etwa schon vor mehr als drei Jahren, dass die Auflösung zum genannten Zeitpunkt für ihn nicht in Stein gemeißelt sei.

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Dieser sich wiederholende Umstand wurde in der vergangenen Woche sogar in einem TV-Beitrag des BR-Magazins "quer" aufgegriffen. "Womöglich war das Versprechen der Landesregierung nichts wert", hielt Moderator Christoph Süß dort mit Blick auf die unsichere Schließung des Quartiers fest. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) fordert indessen abermals eine gerechte Verteilung von Asylbewerbern in der Domstadt. Die Stadtspitze unterbreitete jetzt einen ersten Vorschlag für eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten im gesamten Stadtgebiet. 

"Wenn der Freistaat zu seinem Wort steht und das Ankerzentrum Ende 2025 schließt, hat die Stadt Bamberg genügend Kapazitäten, um die nach den Vorgaben des Königsteiner Schlüssels dann zugewiesenen Flüchtlinge zu versorgen", schildert die Stadt in einer aktuellen Pressemeldung. "Wir schlagen 26 eigene und stiftische Flächen im ganzen Stadtgebiet vor, um eine dezentrale Unterbringung zu ermöglichen", erklärte OB Starke demnach am vergangenen Freitagnachmittag (15. November 2024) im Spiegelsaal der Harmonie. Die jeweiligen Standorte seien den Vertretern der Bürgervereine und der Stadtratsfraktionen von der Stadtspitze vorgestellt worden, berichtet die Stadt.

Stadt rät von Flüchtlingsunterbringung in Volkspark, Bamberg-Ost und Gereuth/Bamberg-Süd ab

In diesem Zuge habe der Oberbürgermeister erneut deutlich gemacht, dass auch nach der Auflösung des Ankerzentrums rund 1000 geflüchtete Personen in Bamberg untergebracht werden müssten. Bei diesem Vorschlag der Flächen habe die Verteilungsgerechtigkeit eine entscheidende Rolle gespielt. "Das Ankerzentrum hat in den vergangenen neun Jahren Bamberg-Ost außergewöhnlich belastet", wird Starke in der Verlautbarung zitiert. "Wenn wir anstelle einer zentralen Erstaufnahme in Zukunft eine dezentrale Unterbringungsstruktur haben wollen, dann müssen alle die Herausforderungen schultern", so der SPD-Politiker.

Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp verweist derweil auf mehrere Standorte, die aus Sicht der Stadt für eine entsprechende Bewerbung von Flüchtlingen nicht zweckdienlich sind. "Aus sozialplanerischer Sicht empfehlen wir, die Sozialräume Volkspark, Bamberg-Ost und Gereuth/Bamberg-Süd nicht zu berücksichtigen", wird der Grünen-Politiker in der Mitteilung zitiert. Im von der Stadt herausgegebenem Sozialstrukturatlas 2024 ist Bamberg in 20 Sozialräume unterteilt. Die Sozialplanung helfe mittels regelmäßiger Bestands- und Bedarfsermittlungen, künftige Bedarfe und Probleme der Bürger frühzeitig zu erkennen, heißt es in der Publikation.

Im Atlas finden sich demnach aktualisierte Daten zu den Themenbereichen Arbeitsmarkt/Soziale Intervention, Bildung, Betreuung und Erziehung, Demographie und Haushalte, Gesundheit und Pflege sowie Wohnen. Gleich drei Standorte scheiden bei der künftigen Verteilung von Flüchtlingen der Stadt zufolge aus: Der Sozialraum “Volkspark“ werde aufgrund des jetzigen Standorts des Ankerzentrums nicht in Betracht gezogen. Der Bereich "Bamberg-Ost/Lagarde" finde wiederum wegen des dortigen "Sozialstatus" keine Berücksichtigung. Aus demselben Grund werde auch der Sozialraum "Gereuth/Südflur" nicht bei der Beherbergung von Asylbewerbern herangezogen. 

Diese Bamberger Standorte kommen als neuer Wohnraum für Asylbewerber grundsätzlich infrage

Alle anderen Bereiche der Stadt seien aber "beplanbar". Dadurch sei eine größtmögliche Dezentralisierung zu erreichen, heißt es in der aktuellen Meldung der Stadt. Als sogenannte "Potenzialflächen" nennt die Stadtverwaltung namentlich folgende Bamberger Standorte:

  1. Am Pinzighof (öffentliche Grünfläche gegenüber Bruckertshof)
  2. Unterer Leinritt (öffentliche Grünfläche)
  3. Frankenwaldstraße (Schulsportplatz Mittelschule Gaustadt)
  4. Lichtenhaidestraße (Parkplatz Schlachthofgelände)
  5. Gundelsheimer Straße (derzeit gärtnerisch genutzt)
  6. Ludwigstraße (Bestandsgebäude)
  7. Stauffenbergstraße (Grünfläche unter der Hochspannungsleitung, südlich ehem. Gärtnerei Ochs)
  8. Badstraße (Parkplatz am Freibad Gaustadt)
  9. Mußstraße (öffentliche Grünfläche über der Tiefgarage an der Konzert- und Kongreßhalle)
  10. Weidendamm (öffentliche Grünfläche, ehem. Busparkplatz Landesgartenschau)
  11. Untere Sandstraße (öffentliche Grünfläche neben Stadtarchiv, ehem. Containerstandort Clavius-Gymnasium)
  12. Ottoplatz (geplante Quartiersparkierung im Sanierungsgebiet „Sand“)
  13. Moosstraße (unbebauter Teil des „Metalluk-Geländes“)
  14. Karolinenstraße (öffentliche Grünfläche gegenüber Erzbischöflichem Palais)
  15. Lorbersgasse (derzeit als Garten genutzt)
  16. Jacobus-von-Hauck-Platz (öffentliche Grünfläche)
  17. Heinrichsdamm (derzeit Abstellfläche für Wohnmobile am P&R-Platz)
  18. Schneisenweg (öffentliche Grünfläche, Bolzplatz)
  19. Köhlerstraße (derzeit landwirtschaftlich genutzt)
  20. Altenburger Straße (derzeit landwirtschaftlich genutzt oberhalb Trinkwasserhochbehälter)
  21. Hainstraße (öffentlicher Parkplatz)
  22. Artur-Landgraf-Straße (öffentliche Grünfläche)
  23. Paradiesweg (öffentlicher Spielplatz und Grünfläche)
  24. Würzburger Straße (öffentlicher Parkplatz, ehem. P&R-Parkplatz)
  25. Höfener Weg (derzeit landwirtschaftlich genutzt)
  26. Hans-Schmitt-Straße (derzeit als Parkplatz genutzt)

Die Stadt Bamberg verweist darauf, dass sie nach der Auflösung des Ankerzentrums wie alle anderen Kommunen ihrer gesetzlichen Unterbringungspflicht nachkommen müsse. "Gemäß der Asyldurchführungsverordnung (DV Asyl) werden Bamberg dann 6,8 Prozent der Geflüchteten in Oberfranken zugewiesen", heißt es in der Pressemitteilung. Derzeit würde dies rund 1000 Flüchtlinge bedeuten. "Da aktuell neben dem Ankerzentrum bereits circa 200 Geflüchtete, hauptsächlich afghanische Ortskräfte, an zwei Standorten in Bamberg versorgt werden, sind voraussichtlich rund 800 zusätzliche Menschen in Bamberg unterzubringen."

Wohin mit rund 800 zusätzlichen Geflüchteten? Bamberger Bürger können Stellungnahmen abgeben

Neben ausreichendem und zusätzlichem Wohnraum müsse aber auch eine soziale Infrastruktur bereitgestellt werden: So seien etwa Schulen, Kita-Plätze oder Plätze für Migrations- und Integrationsberatung zu schaffen. Außerdem gelte es, Leistungen wie Sprachkurse, Gesundheitsversorgung, Mobilität oder ehrenamtliche Unterstützungsangebote zu organisieren. Der Mitteilung zufolge gab der Oberbürgermeister den Vertretern der Bamberger Bürgervereine eine Hausaufgabe mit. "Schauen Sie sich bitte die Vorschläge in Ruhe an und diskutieren Sie mit ihren Mitgliedern ausführlich darüber", wird Andreas Starke zitiert.

Eine entsprechende Rückmeldung soll demnach bis zum 8. Januar in Form einer schriftlichen Stellungnahme zu den Standorten in den jeweiligen Gebieten der Bürgervereine folgen. Gleichzeitig werde auf der Webseite der Stadt Bamberg eine zentrale Seite mit allen relevanten Informationen zu diesem Thema bereitgestellt. "Dort und auf dem Postweg können alle Bürgerinnen und Bürger ihre Stellungnahmen unter Angabe ihrer Adresse abgeben, die dann in die Entscheidungen einfließen werden", kündigt die Stadt an. Der Stadtrat wird sich in seiner Vollsitzung am Mittwoch, 27. November, ein weiteres Mal mit dem Sachstand zur Auflösung des Ankerzentrums befassen.

Die Bamberger SPD fordert unterdessen einen anderen Kanzlerkandidaten als Olaf Scholz. Dieser habe es nicht geschafft, Führungsstärke zu zeigen. Die Partei müsse nun die Bremse ziehen, heißt es. Weitere Nachrichten aus Bamberg und Umgebung gibt es in unserem Lokalressort.