Wie die Corona-Krise die Bamberger Kleinunternehmer beutelt

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Die Corona-Krise beutelt die Bamberger Kleinunternehmer. Die müssen sich fast täglich auf neue Wendungen und Maßnahmen einstellen - und wissen heute nicht, wie groß morgen das Loch in ihrer Bilanz sein wird.

Am Montagmorgen war sich die Friseurin Tanja Arnold-Petter fast sicher, ihren Salon wegen des Katastrophenfalles schließen zu müssen. Am Mittag hieß es, sie dürfe weiterhin ihren Kunden die Haare schneiden. Am Nachmittag klang das ganze schon nicht mehr so sicher, weil auch Missverständnisse und Fehlmeldungen kursierten. Und am Abend fragte sich die Chefin von sechs Mitarbeiterinnen, welche Auswirkungen die Corona-Krise wohl am nächsten Morgen auf sie haben wird. Am Dienstag erklärte die Staatsregierung, Friseure dürfen weiterarbeiten, müssen aber Sicherheitsabstände zwischen Kunden einhalten. So ist der derzeitige Stand. Wird es so bleiben?

"Die Unsicherheit ist das größte Problem", erklärt die Bamberger Innungsobermeisterin. Es sei einfach nicht möglich, über den nächsten Tag hinaus zu planen. "Im Moment sind alle ratlos."

Rund 30 Prozent Einbußen spürt die Friseurin in ihrem Memmelsdorfer Salon bereits jetzt. Zwar klingelt häufig das Telefon, doch meist nur, weil Kunden ihre Termine stornieren. "Viele haben aus Vernunftgründen abgesagt, weil sie uns nicht Bakterien und Viren hereintragen wollen", erzählt Arnold-Petter, die dafür volles Verständnis hat. Ebenso für die Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, die den Katastrophenfall ausgerufen hat.

Verständnis ist nicht das Problem, sondern mangelnde Absehbarkeit: Wie groß wird das Loch ausfallen, das die Corona-Krise in die Bilanz reißen wird? Werden Friseure doch noch schließen müssen? Wie massiv werden die Einbußen sein?

"Ich hänge in der Luft", sagt Tanja Arnold-Petter. Manche Kollegin würde lieber zusperren, als sich der Gefahr durch das Virus auszusetzen, besonders wenn Risikopatienten im familiären Umfeld leben.

Vielleicht wäre ein sauberer Schnitt besser? Diese Frage stellen sich die Friseure derzeit im wahrsten Sinne des Wortes. Paradox: Eine Schließung des Ladens könnte Verluste eventuell sogar in Grenzen halten. Denn würden alle Friseursalons geschlossen, müsste das Bundesseuchengesetz Entschädigungen regeln, etwa für Personalkosten, erklärt die Innungsobermeisterin. Doch da momentan alles in der Schwebe ist, bleibt auch diese Frage vorerst ungeklärt. "Jeder muss das im Moment für sich selbst klären. Wer Angst hat, soll zusperren und Urlaub machen", sagt Arnold-Petter. Der Obermeisterin und ihren Kollegen bleibt nichts anderes übrig, als von Tag zu Tag zu planen und Hygienevorschriften penibel einzuhalten: Alle Werkzeuge und Arbeitsplätze vor jedem neuen Kunden intensiv reinigen und desinfizieren. 1,5 Meter Abstand zwischen Kunden schaffen. Und warten, was der nächste Morgen wohl bringen mag.

So ergeht es derzeit auch Reisevermittler Pius Schiele. Er und seine 15 Mitarbeiter stecken zwar bis über beide Ohren in Arbeit, doch es ist eine Sisyphosarbeit - sie wirft keinen Gewinn ab: "Im Moment stornieren wir ja nur!", bringt es der Kleinunternehmer auf den Punkt. Kann ich meinen Osterurlaub auf Herbst verschieben? Greift meine Reise-Rücktrittsversicherung? Kann ich aktuell überhaupt noch verreisen? Das sind Fragen, mit denen sich Kunden an die Profis im Reisebüro wenden. Vor allem aber: Wie kann ich meine Buchung stornieren?

Krisenzentrum Reisebüro

"Jede Reise ist verschieden", erklärt Schiele die Problematik. Seine Mitarbeiter stehen auch mit Bambergern in Kontakt, die quer über den Globus verteilt versuchen, schnell wieder heimzukommen. "Wir brauchen dafür auf jeden Fall einen Notdienst bei uns", sagt der Chef im Hinblick auf mögliche Corona-Schließungen in seiner Branche . Das Reisebüro als Krisenzentrum.

Wie die finanzielle Krise bewältigt werden soll? "Wir müssen sehen, was wir in Anspruch nehmen können", sagt Schiele zu den unterschiedlichen staatlichen Hilfsangeboten (siehe Infokasten).

Genau prüfen, ob und welche staatliche Hilfe in Frage kommt, muss auch Nadja Löffler in ihrer Kosmetik-Lounge in der Langen Straße. "Zinsfreie Darlehen sind schön, um Zeit zu überbrücken, aber es verschiebt das Problem nur. Die Kosten muss man ja wieder reinholen", sagt die Einzelkämpferin. Zwei Wochen ohne Kunden könne man packen. "Bei einem Monat wird es schon schwierig." Für ihren Schönheitssalon hat Löffler schon zu Beginn der Krise entschieden, nur noch medizinische Fußpflege in Einzelfällen anzubieten und auf weitere Behandlungen zu verzichten. Die Nachfrage war freilich ohnehin schon eingebrochen.

Zwangspause für Sportler

Keinen spürbaren Einbruch hatte dagegen Max Mlodyschewski bemerkt: Im Point-Fitness-Studio seien die Sportler bis zuletzt gekommen, um die Trainingsgeräte, die Sauna und den Wellnessbereich zu nutzen. Mit der Bestimmung des Freistaates ist nun vorerst Schluss damit. Trainingspause. "Wir hatten vermehrt auf Hygiene wie Handdesinfektion geachtet", berichtet der Studioleiter von den vergangenen Tagen. Nun sind die Türen des Studios in der Geisfelder Straße geschlossen, und Mlodyschewski und seine Chefs müssen über Betriebsausfallversicherung und Rückzahlungen von Mitgliedsbeiträgen nachdenken.

Info:

Pakete Im Zuge der aktuellen Corona-Krise hat der Staat auf unterschiedlichen politischen Ebenen verschiedene Hilfsangebote für die heimische Wirtschaft angeregt. Daneben gibt es auch Programme, die bereits länger bestehen und abgerufen werden können.

Überblick Eine Aufschlüsselung verschiedener Angebote sowie nützliche Tipps und Detailerklärungen zu Formalien und Voraussetzungen für Hilfen hat die Industrie- und Handelskammer speziell für Unternehmer aufgelistet. Unter der Internet-Adresse www.bayreuth.ihk.de/corona sind die Zusammenhänge erklärt.

Bürgschaften Die LfA-Förderbank Bayern als Landesförderinstitut des Freistaats erhält einen zusätzlichen Bürgschaftsrahmen von 500 Millionen Euro. Die Ausfallbürgschaften werden auf bis zu 80 bis 90 Prozent erhöht.

Bayernfonds Im absoluten Notfall kann sich der Freistaat an Unternehmen beteiligen, um Betriebe am Laufen zu erhalten.

Soforthilfe Unternehmen, die unmittelbar in Not geraten sind wie Betriebe der Gastronomie oder auch Kulturschaffende, sollen vom Freistaat unbürokratisch Soforthilfe erhalten. Der Betrag liegt laut IHK zwischen 5000 und 30 000 Euro und muss nicht zurückgezahlt werden.

Rettungsschirme Überbrückungsgeld soll es auf lokaler Ebene geben, hier wollen Stadt und Landkreis Bamberg für Unternehmer "unbürokratische Hilfen" anbieten. 20 000 Euro an zinsfreien Darlehen sollen dafür jeweils fließen. Die Maßnahme wird derzeit auf verschiedenen Ebenen abgestimmt. szs